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Windreich – Willi Balz

Gefängnis für Geschäft mit verfrühter Hoffnung

Tilman Weber

Der Gründer und frühere Geschäftsführer des 2013 insolvent gemeldeten Windpark-Entwicklungsunternehmens Windreich muss gemäß Gerichtsurteil womöglich viereinhalb Jahre lang ins Gefängnis. Das Landgericht Stuttgart sprach den an fehlender Liquidität seines Unternehmens gescheiterten Willi Balz schuldig wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, Betrugs in zwei Fällen, Untreue in vier Fällen, veruntreuender Unterschlagung und Insiderhandels. Das vom Richter verhängte Strafmaß lag mit viereinhalb Jahren nur knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von fünf Jahren und drei Monaten. Die Verteidigung kündigte bereits an, beim Bundesgerichtshof noch Revision einlegen zu wollen. Daher ist das Hafturteil vorerst noch nicht rechtskräftig.

Windreich hatte bis zur Insolvenz 2013 die drei Offshore-Windparkprojekte Global Tech 1, MEG 1 und Deutsche Bucht vorangetrieben. Im Zuge der sich abzeichnenden Zahlungsschwierigkeiten und danach noch nach der Insolvenz hatte Windreich die drei Projekte nach und nach verkauft. Während Global Tech 1 schon 2015 als einer der früheren Nordseewindparks in einer Kapazitäts-Größenordnung von 400 Megawatt (MW) und einer damals noch unüblichen Küstenentfernung von deutlich über 100 Kilometern ans Netz ging, folgten die beiden anderen Windparks etwas später: MEG 1 ging 2018 mit ersten Anlagen und 2019 als Windpark Merkur mit ebenfalls knapp 400 MW vollständig in Betrieb. Deutsche Bucht benötigte als gut 250 MW leistender Windpark bis Ende 2019, um weitgehend vollständig in Betrieb zu gehen. Alle Windparks hatte Windreich zunächst mit Turbinen des inzwischen ebenfalls insolventen Windturbinenherstellers Multibrid geplant, der später Areva hieß. Während Global Tech 1 tatsächlich aus Areva-Anlagen der Multibrid-Technologie besteht und überwiegend im Besitz von Stadtwerken ist, bestehen Merkur und Deutsche Bucht nun aus Anlagen von GE und MHI Vestas. Merkur ist heute im überwiegenden Besitz zweier Vermögensverwaltungsunternehmen, während Deutsche Bucht dem kanadischen Windparkbetreiber Northland Power gehört.

Außer Balz waren sieben weitere Angeklagte in dem Prozess angeklagt. Gegen diese stellte das Gericht im Verlauf des Prozesses aber nach und nach das Verfahren ein – teils gegen die Bezahlung von bis zu hohen fünfstelligen Euro-Summen. Dem heute 60-Jährigen Offshore-Windkraft-Pionier unterstellte der Richter nach dem Befragen und Anhören vieler Zeugen, schon im April 2012 zahlungsunfähig gewesen zu sein und mit mehreren Finten immer wieder neu Liquidität nur vorgetäuscht zu haben. Balz reklamiert für sich, erst die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft im März 2013 hätten die Zahlungsunfähigkeit ausgelöst.

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