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Offshore-Netzausbau

Eine Hürde weniger

Zumindest Übertragungsnetzbetreiber Tennet, auf dem die Verantwortung aller Windparkanschlüsse in der Nordsee lastet, ist mit dem Beschluss weitgehend zufrieden. Das dürfte auch daran liegen, dass die Bundesregierung Tennet stärker als noch im September geplant von der finanziellen Haftung bei Verzögerungen im Netzausbau entlastet. Die Entschädigungszahlungen werden immer dann fällig, wenn ein betriebsbereiter Windpark wegen fehlenden Netzanschlusses keinen Strom einspeisen kann. Ist dem Netzbetreiber bei solch einem Szenario nur geringe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, haftet er bis zu einer Obergrenze von 17,5 Millionen Euro. Damit unterscheidet der verabschiedete Entwurf erstmals geringe von grober Fahrlässigkeit.

Zehn Euro pro Haushalt

Bei letzterer kommt eine bereits im September entworfene Regelung zum Tragen: Bis 200 Millionen Euro Schaden haftet der Netzbetreiber zu 20 Prozent, bis 400 Millionen zu 15, bis 600 zu 10 und darüber hinaus zu fünf Prozent. Die fehlenden Prozentpunkte der Haftungssumme werden jeweils über eine Umlage auf die Stromverbraucher abgewälzt. Sie sollen die Kosten mit bis zu 0,25 Cent pro Kilowattstunde tragen – bei einem Vier-Personen-Haushalt würde dieser Extremfall etwa zehn Euro im Jahr kosten. In der Regel werden die Entschädigungszahlungen ab dem elften Tag fehlender Einspeisemöglichkeit an den Windparkbetreiber gezahlt – die Höhe beträgt 90 Prozent der Einspeisevergütung abhängig von der durchschnittlichen Energieproduktion einer Vergleichsturbine für den Ausfallzeitraum.

Mehr Planungssicherheit soll den Windparkbetreibern zudem ein Offshore-Netzentwicklungsplan verschaffen. Die beiden Netzbetreiber – Tennet für die Nordsee und 50 Hertz für die Ostsee – erstellen ihn jährlich und legen ihn jeweils im März der Regulierungsbehörde vor. Damit erhalten die Windparkbetreiber einen verbindlichen Zeitplan für den Netzanschluss ihrer Offshore-Anlagen, was auch eine Bedingung für die Baugenehmigung der Windkraftwerke ist.

Zusätzliche staatliche Unterstützung denkbar

Diese Regularien sollen Investitionen in neue Netzanbindungen und in Windparks sicherer machen. Daher begrüßt auch der Bremerhavener Verband WAB als Vertreter der Offshore-Industrie die neuen Regelungen – allerdings mit einigen Einschränkungen: „Die Branche ist skeptisch, ob mit der Haftungsumlage grundsätzlich das Problem des Netzanschlusses gelöst wurde“, sagt WAB-Geschäftsführer Ronny Meyer. Die WAB fordert deswegen eine zusätzliche finanzielle Unterstützung: „Wir haben der Bundesregierung Vorschläge unterbreitet, die eine stärkere Beteiligung des Staates am Netzausbau vorsehen.“ Diese Beteiligung könne in Form einer zeitlich befristeten Komplettfinanzierung der Netzanbindungen realisiert werden oder aber über eine Teilfinanzierung durch Kredite der staatlichen Förderbank KfW.

Das lehnte die Regierungs-Koalition aus CDU/CSU und FDP bislang ab – die Bundes-SPD hingegen hat sich wie auch die CDU-Landesverbände und Niedersachsens FDP zumindest für eine Prüfung solcher Beteiligungsmodelle ausgesprochen. Denn dadurch würden sämtliche Unsicherheiten zumindest für den Offshore-Netzausbau beseitigt werden. Dafür plädiert auch die Stiftung Offshore-Windenergie, ein Organ des Bundesumweltministeriums.

Regierung setzt auf Privatkapital

Die aktuell verabschiedete Regelung setzt weniger auf belastbare Kalkulationen als auf privatwirtschaftliche Hoffnungen: Demnach soll eine klar geregelte Haftung die Bereitschaft privater Investoren erhöhen, Eigenkapital in den Netzausbau zu investieren. Erste Zeichen immerhin gibt es dafür bereits, belegt etwa ein Vertrag zwischen Tennet und Mitsubishi: Die Japaner wollen sich am Nordsee-Netzausbau beteiligen, wenn denn Klarheit bei der Haftung herrscht. „Allerdings ist die Branche skeptisch, ob das in ausreichendem Umfang passiert“, sagt WAB-Chef Meyer.

Um Änderungen der politischen Rahmenbedingungen für die Nord- und Ostsee-Regionen künftig noch besser beobachten zu können, baute die WAB gleichberechtigt mit zwei Partnern im Oktober eine Repräsentanz in Berlin auf. Die Offshore-Wind-Industrie-Allianz (OWIA) bündelt die politische Arbeit der Branchennetzwerke WAB, Erneuerbare Energien Hamburg Clusteragentur GmbH und Wind Energy Network e.V. „OWIA wird die überregionalen Interessen der Branche vertreten. Neben der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes werden wir 2013 die geplante Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes genau beobachten“, sagt Meyer.

(Denny Gille)