Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Verteilnetze

Berliner wollen ihr Stromnetz kaufen

Die Genossenschaft Bürger Energie Berlin (BEB) will das Verteilnetz der Hauptstadt kaufen. In der vergangenen Woche hat die BEB offiziell gegenüber dem Senat ihr Interesse an der Konzession bekundet. Damit ist sie mit im Rennen, wenn in den nächsten Monaten der Betrieb des Berliner Stromnetzes neu vergeben wird. Zum Jahr 2014 läuft die Konzession für den bisherigen Netzbetreiber Vattenfall aus.

Jeder hat eine Stimme

In Form von Genossenschaftsanteilen und Treuhandeinlagen sammelt die BEB zur Zeit Gelder ein, die sie für den Kauf des Netzes verwenden wird. „Jeder Bürger ist eingeladen, sich entsprechend seiner finanziellen Möglichkeiten am gemeinschaftlichen Kauf des Stromnetzes zu beteiligen“, teilt die BEB mit. „Mehr als eine Million Euro sind für den Kauf des Stromnetzes bereits zusammen gekommen“, sagt Lukas Beckmann vom Aufsichtsrat der BEB. Die Genossenschaft geht von einer Eigenkapitalquote von 40 Prozent aus. Der Rest soll durch zusätzliche Kredite gestemmt werden. Eingeladen sind dabei aber nicht nur die Bürger der Hauptstadt. Jeder kann sich mit einer Mindesteinlage von 500 Euro beteiligen. Auch Vereine und Unternehmen können Genossenschaftsanteile oder Treuhandeinlagen erwerben. So sind unter anderem der baden-württembergische Ökostromanbieter Elektrizitätswerke Schönau Anteilseigner der BEB. Unabhängig von der Höhe der Einlage hat jedes Genossenschaftsmitglied eine Stimme in der Generalversammlung, was sie davor schützt, von großen Investoren dominiert oder gar übernommen zu werden. Bei der Finanzierung ist die BEB offen für eine kommunalen Partnerschaft mit dem Land Berlin oder eine Kooperation mit einem Netzpartner. Eine Zusammenarbeit mit einem der großen Energiekonzerne schließt man allerdings aus, „da die unsere Ziel für das Energiesystem nicht teilen“, betont die BEB .

Zehn Prozent fließen in erneuerbare Energien

„Wir wollen uns für die Integration erneuerbarer Energien in die Netze, für eine dezentrale Energieerzeugung und für den Ausbau intelligenter Stromnetze einsetzen“, beschreibt Cornelia Ziehm das Ziel der BEB. Sie sitzt nicht nur im Aufsichtsrat der Genossenschaft, sondern ist auch Leiterin Klimaschutz und Energiewende bei der Deutschen Umwelthilfe. „Gerade intelligente Stromnetze sind ein wesentlicher Baustein der Energiewende“, so Ziehm weiter. „Die dafür notwendige Umrüstung der bestehenden Netze ist nur mit Netzbetreibern möglich, die sich der Energiewende konsequent verpflichten.“

Sollte die BEB den Zuschlag für die Konzession zum Betreiben des Berliner Verteilnetzes erhalten, will sie mindestens zehn Prozent der erwirtschafteten Gewinne in Projekte zum Aufbau eines auf erneuerbare Energien ausgerichteten Energiesystems investieren. Die restlichen Gewinne werden an die Genossenschaftsmitglieder ausgeschüttet. Neben dem ungewissen Ausgang des Konzessionsvergabeverfahrens gibt es noch weitere Unwägbarkeiten. So ist bisher nicht klar, wie viel das Berliner Stromnetz überhaupt kosten soll. Ein Kurzgutachten im Auftrag des Berliner Senats veranschlagt für den Wert des Netzes etwa 400 Millionen Euro. Der derzeitige Netzbetreiber Vattenfall taxiert den Wert des Verteilnetzes auf etwa drei Milliarden Euro. Diesen Betrag hält die BEB aber für völlig überzogen, da der schwedische Stromriese das Netz 1997 vom ehemaligen landeseigenen Stromversorger Bewag für einen Preis von 1,17 Milliarden Euro gekauft hat – inklusive Fernwärmenetz und Kraftwerke zur Strom- und Wärmeproduktion. Außerdem hat Vattenfall bisher keine Informationen über den Zustand des Netzes herausgegeben. Die BEB geht aber davon aus, dass das in den nächsten Monaten im Rahmen des Konzessionsvergabeverfahrens passiert. (Sven Ullrich)