Der norwegische Energiekonzern Statkraft stoppt die Entwicklung neuer Projekte im Bereich grüner Wasserstoff. Grund dafür ist laut Unternehmensangaben die zunehmende Unsicherheit am Markt sowie verzögerte Erwartungen an die Wirtschaftlichkeit. Stattdessen will sich Statkraft auf bestehende Projekte konzentrieren und sucht nun gezielt Investoren für deren Realisierung – unter anderem für ein Großvorhaben in Emden.
„Nachdem wir im vergangenen Jahr die Ambitionen für die Entwicklung von grünem Wasserstoff schon gesenkt haben, erleben wir nun größere Unsicherheit im Markthochlauf und eine sich weiter verzögernde Profitabilitätserwartung. Daher hat Statkraft beschlossen, die Neuentwicklung von grünem Wasserstoff zu stoppen. Wir werden in Zukunft Wachstumschancen in anderen Technologien und Marktaktivitäten priorisieren“, erklärt Statkraft-CEO Birgitte Ringstad Vartdal.
Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen seine Ambitionen in diesem Sektor reduziert. Nun folgt der nächste Schritt: der komplette Stopp neuer Projektentwicklungen. Trotzdem betont Statkraft seine langfristige Überzeugung von der Bedeutung des grünen Wasserstoffs für die Dekarbonisierung industrieller Prozesse.
Was bedeutet das konkret? Ein Überblick über die wichtigsten Punkte:
🔹 Projektstopp
-Keine Neuentwicklung von Projekten im Bereich grüner Wasserstoff
-Bestehende Projekte werden geprüft und – wo sinnvoll – weiterverfolgt
🔹 Fokus auf Investoren
-Projekte mit öffentlichen Förderungen sollen zur Umsetzung vorbereitet werden
-Suche nach Investoren läuft, etwa für die Vorhaben in Emden
🔹 Emder Wasserstoff-Projekte im Fokus
Zwei Projekte am Kraftwerksstandort Emden in der Planung:
-10-MW-Pilotelektrolyseur
-200-MW-Großelektrolyseur mit Wärmepumpe
EU-Förderzusage von 107 Millionen Euro bereits gesichert
🔹 Keine Abkehr vom Wasserstoff
-Großhandelsaktivitäten rund um Wasserstoff bleiben Teil des Portfolios
-Langfristige Bedeutung für emissionsintensive Industrien wird weiter betont
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Statkraft bleibt trotz der Kurskorrektur im Bereich der Energiewende aktiv – künftig aber mit stärkerem Fokus auf alternative Wachstumsfelder. Der Markt wird sich langfristig beweisen müssen, ob und wann sich grüner Wasserstoff wirtschaftlich trägt.
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Die unmittelbare Planung und Entwicklung des Wasserstoffprojekts in Emden geht allerdings weiter, solange die Förderzusage und die Projektentwicklung Bestand haben. Die langfristige Umsetzung und der Betrieb des Projekts hängen jedoch davon ab, ob geeignete Investoren gefunden werden, die das Projekt nach der Entwicklungsphase übernehmen und realisieren.
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Statkraft zieht sich perspektivisch aus der aktiven Umsetzung zurück und fokussiert sich auf die Vorbereitung und Investorenfindung. Das bedeutet Unsicherheit für die Realisierung und die Geschwindigkeit des Projekts, aber keine sofortige Einstellung der Aktivitäten am Standort Emden.
Die Bedeutung des Standorts Emden bleibt dennoch hoch, da das Projekt zu den wenigen fortgeschrittenen Wasserstoffvorhaben mit öffentlicher Förderung in Deutschland zählt und als Leuchtturmprojekt für die regionale Wasserstoffwirtschaft gilt.
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Gestoppt, verschoben, aufgegeben
Mehrere Wasserstoffprojekte sind in jüngerer Zeit aufgrund von Wirtschaftlichkeitsbedenken gestoppt, verschoben oder aufgegeben worden, weil sie nicht wirtschaftlich sind. Dies betrifft vor allem größere Industrieprojekte im Bereich grüner Wasserstoff, bei denen die Produktionskosten, der Strompreis und die fehlende Infrastruktur als zentrale Hemmnisse genannt werden.
Der geplante Groß-Elektrolyseur am Standort Hamburg-Moorburg etwa wurde Anfang 2024 eingestellt, obwohl bereits mehrere Millionen Euro in die Planung geflossen waren. Hauptgründe waren massive Kostensteigerungen beim Bau (von 25 auf über 125 Millionen Euro) und zu hohe Strompreise, die einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich machten.
Im Verkehrssektor hatte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr bereits vor einiger Zeit beschlossen, bis auf Weiteres keine neuen Förderbescheide für Wasserstoffprojekte im Mobilitätsbereich zu bewilligen. Bereits laufende Projekte werden zwar weitergeführt, aber neue Anträge – etwa für Wasserstofftankstellen oder Elektrolyseanlagen – werden abgelehnt, weil keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
Insgesamt wird der Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland durch hohe Produktionskosten, regulatorische Unsicherheiten und fehlende Investitionsanreize gebremst, was dazu führt, dass viele Projekte nicht über die Entwicklungsphase hinauskommen oder ganz eingestellt werden. Die aktuelle Marktsituation führt somit dazu, dass nicht nur einzelne Projekte, sondern ganze Segmente der Wasserstoffwirtschaft ins Stocken geraten.