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Kommentar

Wir müssen die Weichen in der Energiepolitik neu stellen

Nicole Weinhold

Ist der Politik die Überzeugung abhanden gekommen, die Energiewende umzusetzen? Die AG Akzeptanz ist gescheitert, der Windgipfel hat nichts gebracht. Einige gute Ansätze enthält das Klimapaket, etwa den CO2-Preis, aber nicht die Höhe. Auch gut ist sicher, dass der 52-Gigawatt-Deckel gefallen ist. Auch die Offshore-Ziele wurden angehoben. Aber insgesamt ist alles viel zu zauderhaft für eine ernste Energiewende.

Spreewindtage in Potsdam

Auf den Spreewindtagen in Potsdam stellte Stefan Thimm, BDEW-Bereichsleiter Erneuerbare Energien, die aktuelle Situation für die Energiewirtschaft vor. Mit 65 Prozent Erneuerbaren komme man rechnerisch zwar hin, "aber die Folgekosten der Flexibilisierung werden ausgeblendet." Verlagerung hin zu PV sei zu beobachten. Wind an Land hat aber deutlich höhere Nutzungsstunden. "Wir müssten also deutlich mehr importieren." Stefan Thimm macht deutlich, dass das Klimaschutzprogramm in Hinblick auf die Akzeptanz eine Mogelpackung ist. "Statt zu überzeugen, dass Windenergie notwendig ist, will man die Abstände erhöhen. Da hat Politik sich selbst angelogen." Akzeptanz werde nur besser, wenn man Rahmenrichtlinien verändert.

PPA kritisch zu sehen

Was kommt als nächstes? Die EEG-Novelle 2020 soll zweistufig umgesetzt werden. In diesem Jahr sollen Ziele angepasst werden. Im nächsten Frühjahr folgen Anpassungen, vor allem beim Fördersystem. Der BDEW warnt, dass nicht alles über PPA finanziert werden kann. "Mit PPA sind sicher nicht die 65 Prozent machbar", so Thimm.

Wie aber soll die Förderung aussehen? Gelingt der Zubau von EE-Anlagen ohne Förderung, also mit PPA, braucht man keine Absicherung der EE-Zielerreichung durch Ausschreibungen und Direktvermarktung. Sonst muss man festlegen, wie viel ausgeschrieben wird. Nur wird die Marktprämie mit Ausschreibung wie bisher nicht lange funktionieren. Der Flexibilisierungsbedarf steigt massiv.

Jede Menge Fehlentwicklungen

Es gibt jede Menge Fehlentwicklungen, die bisher vom Gesetzgeber ignoriert wurden. Das muss sich schnell ändern, weil der deutsche Strommarkt sonst massiv in Schiefläage geräte und die Energiewende in Gefahr kommt. Derzeit ist es so, dass die gleitende Marktprämie auffüllt, wenn der Strompreis unter dem Wert liegt. Wenn man mehr verdient, hat man Mehrerlöse. Das Risiko der Mindererlöse wird abgebremst. Das ist ein Ungleichgewicht, das überdacht werden muss. Auch wenn es im ersten Moment für einige Gruppen positiv erscheint.

Kaputte Preise

Nach Untersuchungen von Aurora Energy Research hat die Anhebung des EE-Ziels von 50 auf 65 Prozent die Auswirkung, dass der Preis fällt. Der Onshore-Marktwert fällt um 30 Prozent, PV um 37 Prozent. Das Klimaschutzprogramm wiederum sorgt dafür, dass Wind an Land bis 2030 nur 67 GW werden (siehe Grafik unten). Dem stehen 98 GW PV auf Dächern gegenüber. Diese machen jedoch die Preise kaputt, weil sie mittags ins Netz speisen.

Elektrolyseure müssen gefördert

Dargebotsabhängige Erzeugung zeigt sich hier deutlich: im Winter gibt es fast keine PV-Erzeugung. 2030 hat man fast immer ein PV-Überangebot im Sommer. Im Winter fehlt dieser Teil. Darum brauchen wir mehr Windenergie für die Versorgung im Winter. Es fehlt massiv an flexibilisiertem Strom für die Versorgungssicherheit. Auch hier verfehlt die Bundesregierung ihr Ziel. "Flexibilisierung ist das neue Gold", so Thimm. Elektrolyseure müssen gefördert werden, damit sie sich auch dann rechnen, wenn sie nur im Winter gebraucht werden.

Symmetrische Marktprämie

Außerdem schlägt der BDEW vor, die Marktprämie symmetrisch zu machen: Steigt der Strompreis, zahlen die EE-Akteure auf ein Konto. Fallen Strompreise, wird ausgeglichen. Es gibt kein Risiko und auch keine maximalen Renditen. Der BDEW-Vorschlag kursiert schon länger, er ist keine Einspeisevergütung. Aber er würde ein Gleichgewicht herstellen, das die BRanche jetzt dringend braucht. Denn ansonsten drohen negative Strompreis, die ab sechs Stunden zu Abschaltungen führen und es droht ein Verfall des Solarstrompreises bei häufiger Überproduktion, was für Investoren ebenfalls verheerend sein kann.

Jetzt muss die Politik handeln. Mit dem EEG 2020 besteht dazu die Gelegenheit. Ein Weiter so wird den Strommarkt und die Erneuerbaren in ein Chaos stürzen.