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Kosten der Energiewende

Grünstrom: ein Schaf im Wolfspelz

Im November legen die Übertragungsnetzbetreiber fest, wie hoch die Mehrkosten der Energiewende ab 2013 für Unternehmen und Verbraucher sein werden: Die EEG-Umlage, mit ihr bezahlen Stromkunden die Differenz zwischen dem Marktwert des Grünstroms und seinen Erzeugungskosten, soll steigen – laut Medienberichten könnte sie fast um die Hälfte auf über fünf Cent pro Kilowattstunde klettern. Für die Energieversorger RWE und Vattenfall liegt der Grund dafür auf der Hand. Es gibt keine Energiewende zum Nulltarif, zitieren sie Bild, Süddeutsche Zeitung und Tagesschau wörtlich oder sinngemäß. Die Kosten sind enorm – Vattenfall redet von 150 Milliarden bis 2020 – und der Verbraucher muss sie tragen.

Auch die Profite steigen

Wahr ist: Seit 2007 sind die Endkundenpreise für Strom in Deutschland um etwa 20 Prozent gestiegen. Jedoch sind laut einer Analyse der Bundesnetzagentur in dieser Zeit auch die Profite der Energiekonzerne gewachsen – die Gewinnmarge stieg von 1,1 auf 8,2 Prozent (ERNEUERBARE ENERGIEN, Ausgabe 09/2012). Das wurde möglich, weil die Einkaufspreise für Strom fielen, aber im Gegensatz zu preissteigernden Faktoren nicht von den Energieversorgern an die Endkunden weitergegeben wurden. Laut Bundesnetzagentur hätte der Nettotarif für Strom seit 2009 tatsächlich fallen können.

2012 sind die Strompreise an der Börse erneut auf Talfahrt. Der hohe Anteil erneuerbarer Energien ist daran maßgeblich beteiligt, weil er für ein Energieüberangebot sorgt, das die Preise drückt. Für die Energieversorger – sie profitieren im Einkauf von den niedrigen Preisen – wäre nun die Chance gekommen, die Verbraucher an den Gewinnen mit dem Grünstrom zu beteiligen.

Flucht in die Grünstromreform

Doch vermutlich kommt es dazu nicht. Stattdessen meldet sich FDP-Chef Philipp Rösler mit seinem Ausweg aus der Kostenfalle erneuerbare Energien. Seine Begründung für die steigenden Preise: "Die erneuerbaren Energien werden mit zweistelligen Milliarden-Beträgen subventioniert, die jeder Kunde mit der Stromrechnung bezahlt", zitieren ihn die Liberalen auf ihrem online-Auftritt. "So kann das nicht weitergehen", heißt es weiter. Eine schnelle Reform des EEG soll Abhilfe verschaffen, sagt Rösler und Bundesumweltminister Peter Altmaier will im Herbst erzählen, wie eine solche Reform aussehen kann.

Immerhin 54 Milliarden Euro Förderung erhielten die erneuerbaren Energien zwischen 1970 und 2012, meldet das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in seiner aktuellen Studie "Was Strom wirklich kostet". Allerdings flossen laut FÖS im gleichen Zeitraum 430 Milliarden Euro Fördermittel in die Braun-, Steinkohle und Kernenergie. Und hier zeigte die FDP in der Vergangenheit wenig Reform-Aktionismus, obwohl sie als Teil der Regierung in immerhin 21 von 42 Jahren Fossilenergie-Subvention durchaus die Möglichkeit dazu gehabt hätte.

Kostenverteilung klafft weiter auf

Heruntergebrochen auf eine Konventionelle-Energien-Umlage würden die 430 Milliarden Euro die Verbraucher mit 10,2 Cent pro Kilowattstunde belasten. Die EEG-Umlage hingegen liegt zurzeit bei 3,59 Cent pro Kilowattstunde. Sie wäre sogar 0,6 Cent günstiger, würden zahlreiche Industrieunternehmen nicht weitgehend von dieser Umlage befreit, ermittelte das Institut für Zukunftsenergiesysteme. Doch statt die Kosten künftig gleichmäßiger zu verteilen, soll die Kluft ab 2013 sogar weiter wachsen. Dann begünstigt Schwarz-Gelb zusätzliche Unternehmen mit Umlage-Rabatten – eine Entwicklung, die auch die Bundesnetzagentur „mit Sorge“ betrachtet.

Laut Philipp Rösler werde man an der Kostenverteilung der EEG-Umlage aber nicht rütteln. Immerhin gehe es um 800.000 Arbeitsplätze, die an den energieintensiven Unternehmen hängen. Die von einer EEG-Reform gefährdeten 350.000 Arbeitsplätze der Erneuerbaren fallen dagegen offenbar nicht sonderlich ins Gewicht.

Denny Gille