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Windforce/Windenergie vom Meer

Offshore-Fortschritt - braucht mehr Verantwortung!

Der Aufbau einer Offshore-Windenergie vor den französischen Küsten ist längst ein Geduldspiel für die beteiligten Unternehmen und politischen Förderer geworden. Nach jetzigem Planungs- und Genehmigungsstand könnten die ersten Windparks beim küstenreichen westlichen Nachbarn Deutschlands 2021 der auch erst 2022 ans Netz gehen. Das wären mindestens acht Jahre nach Bekanntgabe der Ergebnisse einer ersten Ausschreibungsrunde, in der vier Projekte die Zuschläge für 20-jährige Vergütungsrechten erhalten hatten. Nach einem zweiten Tender waren zwei Jahre später zwei weitere Projekte hinzugekommen. Derzeit hemmen noch letzte rechtliche Auseinandersetzungen und die Schlussphasen langwieriger Genehmigungsprozesse der noch nicht eingespielten französischen Offshore-Windpark-Aufsichtsbehörden die Prozesse. Die dritte Ausschreibungsrunde hat derweil vor wenigen Wochen begonnen, in der Frankreich sowohl mit einem Offshore-Windkraftfeld vor Dünkirchen an der Nordsee als auch mit dem Atlantik-Windfeld Oléron neuen Bauraum für 500 und noch einmal 250 bis 750 MW öffnete.

Nun geht aber das Investoren-Konsortium Parkwind-Valeco einen konkreten Schritt voran. Und das ungeachtet der Tatsache, dass die Ausschreibungsergebnisse erst im Herbst zu erwarten sind und außerdem der französische Präsident Emmanuel Macron die Branche zuletzt mit der Forderung einer nachträglichen Reduzierung der mit den ersten Zuschlägen vergebenen hohen Vergütungstarife verunsicherte. Das Konsortium schrieb nun eine lokale Beteiligung innovativer Firmen aus. Falls es den Zuschlag in der dritten Ausschreibungsrunde für sein Projekt einer Windfarm vor Dünkirchen gewinnt, erhalten vier Unternehmen aus Dünkirchen oder der größeren Region Hauts-de-France eine Entwicklungsförderung und Aufträge für Innovationen, die das Design des Windparks, die Installation oder den Betrieb verbessern. Die Gebote müssen bis 11. Juni eingehen.

Parkwind-Valeco ist einer von neun für den Dünkirchen-Tender zugelassenen Bieter. Außerdem bieten Vattenfall, Statoil, Iberdrola mit RES, Elicio, Engie mit EDPR, ein Deme-Tochterunternehmen, EDF EN/Innogy/Enbridge sowie der Projektierer Boralex (Kanada) mit einem Partnerunternehmen mit. Das Konsortium wohl unter planerischer Führung des in Offshore-Windparkprojekten bereits im Nachbarland Belgien engagierten Planungsunternehmens Parkwind sichert den Gewinnern der Innovationsausschreibung sogar eine Förderung zu, wenn es mit Partner Valeco keinen Zuschlag für Dünkirchen erhält. Dann werde es die Entwicklungen der siegreichen regionalen Unternehmen in den in Betrieb befindlichen Parkwind-Offshore-Windparks in Belgien verwirklichen.

In Großbritannien hat sich derweil ein Kalkül der Regierung zerschlagen, mit der diese die Begrenzung des Offshore-Windturbinenzubaus 2017 mit aller Macht unter Kontrolle halten wollte. So sah die Regel der Ausschreibung für Einspeisetarife nach dem britischen Modell des Contract-for-Difference (CFD) vor, Restmengen des 2017-er Tenders an kleine regenerative Verbrennungs-Energieanlagen zu vergeben. Auf jeden Fall wollten die Designer des CFD-Modells verhindern, dass  ein weiteres Offshore-Windprojekt zum Zuge kommen könnte, das den Ausschreibungsrahmen sprengen würde. So vergabe Großbritannien Zuschläge für drei Offshore-Windparks für ein Volumen von zusammen 3,2 Gigawatt – innerhalb des 3,3-Gigawatt-Tenders. Die Zuschläge für die restlichen 100 Megawatt gingen an kleine Bioenergie-Anlagen an Land. Doch die Vergütung dieser Anlagen fiel aufgrund der sonstigen britischen Förderregeln sogar höher aus, als sie beim befürchteten Überschreiten durch die  Vergütung eines vierten Offshore-Projektes ausgefallen wäre. Rund 1,5 Milliarden britische Pfund müssen die Stromverbraucher nun in der 15-jährigen Laufzeit des CFD zusätzlich aufbringen, hat die zuständige britische Behörde jetzt errechnet. Die Folge: In Zukunft wird sie auf die strikte Begrenzung der Ausschreibungsmenge möglicherweise verzichten müssen.

Auch aus Deutschland gibt es ein neues konkretes Projektdatum: Der süddeutsche Energieversorger EnBW hatte im April den Baustart der zwei nebeneinander gelegenen Projekte Hohe See und Albatros gemeldet. Zusammen bringen sie es auf 609 Megawatt und bilden damit das dann größte deutsche Meereswindkraftfeld, bestehend aus Siemens-Gamesa-Windenergieanlagen mit sieben Megawatt. Im April hatte EnBW mitgeteilt, dass ein Schiff die ersten Fundamente für das größere Windfeld Hohe See aufgenommen habe. Nach Installation aller Hohe-See-Fundamente werde es anschließend die Fundamente auch ins Windfeld Albatros fahren, kündigte EnBW damals an. Nun hat EnBW erklärt, dass der Baustart für Albatros jetzt bereits auf September festgelegt sei. Mit in Spitzenzeiten mehr als 500 in den Einsatz geschickten Arbeitern der Errichterteams und 40 Schiffen wird das Bauprojekt zu einer anspruchsvollen Herausforderung: Auch, weil die insgesamt 87 Turbinen in einer besonders großen Küstendistanz zum Einsatz kommen – 95 Kilometer nördlich vor der Insel Borkum und 100 Kilometer nordwestlich der Insel Helgoland.

Auf der Windenergiekonferenz Windforce in Bremerhaven ließ indes der dänische Energiekonzern Oersted mit einem Reformvorschlag aufhorchen, der wieder Bewegung in die bisher eher stockenden politischen Debatten um den weiteren Meereswindkraftausbau bringen soll. Mit Blick auf die durch eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Umsetzung im neuen Koalitionsvertrag versprochener zusätzlicher Ausbauschritte auch für Offshore-Windkraft, warb Oersted-Manager Volker Malmen für eine künftig inhaltlich umfangreichere Ausschreibung. Diese sollte den Windparkprojektierern mehr Verantwortung einräumen und ihnen den Bau des Netzanschlusses bis zum Netz an Land übertragen.

Dann könnten innovative Projektierer in Eigenverantwortung besser Speicher oder sogenannte Power-to-X-Anlagen in ihre Konzepte einbauen, um die Windstromerzeugung zu verstetigen. Auch könnten sie in Eigenverantwortung in ihren Netzen dann die Abregelung der Windkraftanlagen wie bisher bei überfüllten Stromnetzen verringern. Und schließlich ließen sich die Windparks kurzfristiger für größere Turbinen umplanen, falls neue modernere Anlagen nach der Genehmigung des Windparks entwickelt worden seien. Dies sie im strengen Korsett der Vorgaben der Netzbetreiber bisher nicht möglich, so die Aussage des Oerstedt-Chefs für den Offshore-Windkraftausbau in Deutschland.

(Tilman Weber)