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Erneuerbare Energien / Atomausstieg

Atomausstieg bis 2020 ohne Subventionen möglich

Die Zero Emissions and Initiatives (ZERI Foundation) stellt ein innovatives Szenario vor, mit dem bis 2020 der Atomausstieg allein mit erneuerbaren Energien realisierbar und ohne Subventionen finanzierbar ist. „Denn wir müssen endlich mal realisieren, dass die Regierungen pleite sind. Die haben kein Geld“, begründet Gunter Pauli, Gründer und Vorsitzender der ZERI Foundation sein Konzept. „Wir können nicht wieder um Subventionen bitten, weil die Subventionen eines Tages zurückgezahlt werden müssen. Wenn wir die nicht zahlen, dann zahlen unsere Kinder und Enkelkinder.“

Kernkraft mit bestehenden Technologien ersetzen

„Durch die intelligente Kombination bestehender Technologien kann die Energiewende im gesellschaftlichen Konsens geschafft werden“, so Pauli. Jede Woche stellt die ZERI Foundation auf seiner Website eine Technologie für erneuerbare Energien vor. „Wenn wir nur drei von den 54 Vorschlägen nehmen, die wir schon haben, können wir den Ausstieg aus der Atomkraft ohne Subventionen sicherstellen“, erklärt Pauli.

Das Szenario besteht aus einer Kombination von Biogas, Windkraft und Solarenergie. Die Grundlast stellen Biogasanlagen. Diese werden mit Klärschlamm aus Wasserkläranlagen und landwirtschaftlichen sowie städtischen Abfällen betrieben. In der südkoreanischen Stadt Ulsan sind bereits solche Anlagen im großen Stil im Einsatz. „Wenn wir nur 500 der 9.600 Wasserkläranlagen verwenden, die es in Deutschland gibt, schaffen wir fünf Gigawatt“, rechnet Pauli vor. Die gesamten Investitionskosten für den Umbau der Wasserkläranlagen beziffert er auf zehn Milliarden Euro.

Dieses System wird flankiert von vertikalen Windkraftanlagen, die in bestehende Hochspannungsmasten integriert werden. Dadurch erübrigt sich der Bau zusätzlicher Windparks. „Wenn wir nur ein Drittel der etwas 150.000 Strommasten in Deutschland damit bestücken, haben wir wieder ein Potenzial von fünf Gigawatt“, so Paulis Berechnung. „Außerdem können wir die Windturbinen an die Form der Masten anpassen“, erläutert er. Die Investitionskosten für den Bau der Anlagen belaufen sich auf rund fünf Milliarden Euro.

Der dritte Bestandteil von Paulis Szenario sind doppelseitige Photovoltaikpaneele von Solarus. Die Schweden konzentrieren das einfallende Sonnenlicht mittels Reflektoren um ein 3,5faches. Die in der Paneele anfallende Wärme wird abgepumpt und als Heizenergie und zur Warmwasserbereitung genutzt. Dadurch werden die Solarzellen gleichzeitig auf die optimale Temperatur gekühlt. „Nur acht dieser Paneele decken den gesamten jährlichen Energiebedarf eines Hauses im Norden Schwedens“, erklärt Pauli. „Warum sollte das, was am Polarkreis funktioniert, nicht auch in Deutschland möglich sein“, ergänzt Anne-Kathrin Kuhlemann, Vorstand bei ZERI. Zwar fallen beim Bau dieser Anlagen etwa zehn Milliarden Euro an. Doch bei einer Lebensdauer von zwanzig Jahren liegen die Kosten bei rund einem Cent pro Kilowattstunde. Wenn diese Paneele auf 4.000 Hektar Fläche aufgebaut würden, wäre eine Kapazität von 5,4 Gigawatt möglich. Als Flächen für den Bau der Anlagen bieten sich Flachdächer und Mülldeponien an.

Berechnet auf eine Laufzeit von acht Jahren stellt Pauli den Investitionskosten von insgesamt 25 Milliarden Euro Einsparungen von 37,6 Milliarden Euro gegenüber. Denn er errechnet bei Kombination dieser drei Technologien Stromgestehungskosten von 2,3 Cent pro Kilowattstunde. Das ergibt eine Preisdifferenz zum Atomstrom von 3,6 Cent pro Kilowattstunde, wenn man den Strom aus Kernenergie mit 5,9 Cent pro Kilowattstunde zugrunde legt. Damit wären in Deutschland jährlich Einsparungen von 4,7 Milliarden Euro möglich. Durch diese Einsparungen lässt sich der Kapitalbedarf für die notwendigen Investitionen bis 2020 decken und der Atomausstieg in Deutschland finanzieren.

Die Politik ist gefordert

„Ich bin begeistert von der Methode“, sagt Ernst Ulrich von Weizsäcker, ehemaliger Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie bei der Vorstellung des Szenarios. „Natürlich ist das auf der technischen und auch auf der betriebswirtschaftlichen Seite wunderbar. Ein großes Problem sind aber die Genehmigungsbehörden“, gibt er zu bedenken. Deshalb fordert er die Politik zum Handeln auf, „um das was technisch möglich ist, juristisch so gut abzusichern, dass man damit richtig gut Geschäfte machen kann“. Der nächste Schritt sollte sein, den Politikern „vorzuführen, dass dies alles möglich und dazu sehr viel billiger als die heutigen Angebote ist“. (Sven Ullrich)