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Kommentar

Kein Zurückrudern bei den Sonderausschreibungen!

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff war stinksauer, als er seinem Publikum bei einer Windkraftveranstaltung verkündete, dass die Unionsfraktion den Koalitionsvertrag brechen wolle und die dort formulierten Sonderausschreibungen von jeweils 4.000 MW für Wind und Photovoltaik in den nächsten zwei Jahren beim anstehenden 100-Tage-Gesetz unter den Tisch hat fallen lassen. Wie geht es nun weiter? Die einzelnen Bundesministerien stimmen sich jetzt zu Korrekturen am EEG-Gesetz ab. Eigentlich soll das Papier am 9. Mai ins Kabinett eingebracht werden - aber dafür müssen die Sonderausschreibungen wieder rein. Sonst wird es vor der Sommerpause nichts mit dem Gesetz.

Weiter abgesenkt werden sollen die Höchstwerte für Förderzuschläge bei Ausschreibungen von Onshore-Windenergie- und Fotovoltaikanlagen. Für Windanlagen an Land wird der Wert im Auktionszeitraum August 2018 bis Februar 2019 von 6,3 auf 5,7 Cent/kWh abgesenkt. Der Höchstwert für Photovoltaik-Anlagen geht von 8,91 auf 6,50 Cent/kWh zurück. Kein Wunder, dass die Windbranche diese Absenkung kritisch sieht. Immerhin sind die Vergütungswerte vor allem gesunken, weil sich die meisten Projekte als Bürgerenergie getarnt haben, um ohne eine Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) erst in vier Jahren mit dann technisch voraussichtlich besseren Voraussetzungen zu bauen. Immerhin: Unstrittig ist innerhalb der Groko, dass bei den Ausschreibungen für Wind Onshore eine BImSchG-Genehmigung auch bei Bürgerenergiegesellschaften vorliegen muss. Aus SPD-Kreisen heißt es, in diesem Punkt sei man sich einig. Er geht nicht ins Kabinett, sondern wird in einem separaten Eilgesetz durchgewunken, um die Ausschreibungen nicht aufzuhalten.

Bezüglich Offshore wartet die Branche auf die Ergebnisse der zweiten Ausschreibungsrunde von der Bundesnetzagentur. Sobald diese vorliegen, kann man sagen, wie viel Restkapazität übrig geblieben ist. Diese soll laut Koalitionsvertrag für eine zusätzliche Ausschreibung genutzt werden.

In dem Gesetzentwurf enthalten ist auch eine Absenkung der KWK-Förderung für Bestandsanlagen. Analysen hätten aufgrund des niedrigen Gaspreises eine Überförderung erkennen lassen. Sie soll also von derzeit 1,5 Cent auf 0,7 Cent/kWh fallen. Die Auswirkungen lassen sich derzeit schlecht abschätzen, sollten aber genau beobachtet werden, damit im Zweifelsfall gegengesteuert werden kann. Thema ist zudem auch die EEG-Umlage für Eigenversorgung, die offenbar bestehen bleiben soll.

Unterm Strich muss gesagt werden, es ist kein gutes Signal von der Unionsfraktion, dass sie bereits im ersten Energiegesetz in dieser Legislaturperiode versucht, die erneuerbaren Energien auszubremsen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es: Was soll man von einem vermeintlichen Energieexperten Joachim Pfeiffer und einem Wirtschaftsstaatssekretär wie Thomas Bareiß erwarten? Sie haben schon so manche Schlacht gegen die Erneuerbaren ausgetragen. Aber allmählich sollte auch bei CDU/CSU ein Umdenken stattfinden. Die Sonderausschreibungen sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu den anvisierten Regenerativzielen der Bundesregierung. Teil des Koalitionsvertrags ist schließlich auch das Ziel von 65 Prozent Regenerativstromerzeugung bis 2030. Dafür wären laut Saathoff 240.000 Megawatt an Leistung aus Wind, Sonne und Co. erforderlich. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Und das ist längst nicht alles. Die Verkehrswende und die Wärmewende werden weitere Regenerativkapazitäten erforderlich machen. Gleichzeitig gehen die ersten Wind- und Solaranlagen aus der Förderung und vom Netz. Wenn die Bundesregierung hier nicht gegenlenkt, tut sich ein großer Spalt zwischen der geplanten Regenerativversorgung und der tatsächlichen auf. Wie viel genau wir an Zubau brauchen, da gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Solarexperte Volker Quaschning sagte in ERNEUERBARE ENERGIEN 1/2018: "Der nötige jährliche Zubau beträgt für die Photovoltaik 15 GW und die Onshore-Windkraft 6 GW." Fest steht jedenfalls, dass weite Teile der Bundesregierung eine falsche Vorstellung von den erforderlichen Ausbauzahlen haben.

Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold - © Foto: Nicole Weinhold
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