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Industrieländer finanzieren Kohlekraftwerke in Asien

Katharina Wolf

Geld aus Industrieländern hilft, neue Kohlekraftwerke in Asien zu finanzieren. Wie eine jetzt veröffentlichte Studie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) zeigt, fließt viel Geld in Form von Krediten, Kreditgarantien oder Investitionen in Unternehmensanleihen und -anteile in den Aufbau neuer Kohlekraftwerke in Asien.

1.300 neue Kohlekraftwerke beauftragt

Laut der Studie sind seit 2015, dem Jahr des Pariser Klimaabkommens, neue Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1.182 Gigawatt beauftragt worden, das entspricht ungefähr 1.300 durchschnittlichen Kraftwerken. Mehr als 500 Gigawatt davon befinden sich momentan in Bau oder in Planung. Die Standorte der neuen Kohlemeiler und auch die Firmensitze der Projektierungsgesellschaften liegen fast alle in China, Indien, Vietnam, Indonesien und einigen weiteren asiatischen Ländern. Doch die Finanzierung kommt zu 40 Prozent von Unternehmen aus den sogenannten Annex-I-Staaten der UN-Klimarahmenkonvention: im Wesentlichen Industrieländer, allen voran Japan, die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und die Schweiz. Bei Krediten sowie beim Kauf entsprechender Firmenanleihen und -anteile liegt der Anteil sogar bei zwei Dritteln, hingegen wird die Finanzierung über Kreditgarantien von Banken aus China dominiert.

Deutschland kommt auf 1,6 Milliarden Tonnen CO2

Den Kontrast zwischen dem mehr oder weniger entschlossenen Kohleausstieg der Industrienationen im Inland und ihren grenzüberschreitenden Finanzaktivitäten zeigt die Studie in einer brisanten Tabelle zur „finanzbasierten Bilanzierung der Kohle-Emissionen“. In dieser Betrachtung hat zum Beispiel Deutschland Emissionen in Höhe von 1,6 Milliarden Tonnen CO2 aus neuen Kohlekraftwerken in den Büchern, wenn man Projekte ab 2015 und deren gesamte voraussichtliche Betriebsdauer im Blick hat. Das ist achtmal so viel wie das CO2 aus dem einzigen neuen Kohlekraftwerk im Inland, in Datteln im Ruhrgebiet. Japan kommt finanzbasiert sogar auf 18,3 Milliarden Tonnen.

„Die Aktivitäten etwa von Geschäftsbanken und Pensionsfonds bei der Kohle-Finanzierung haben in der Wissenschaft bislang wenig Aufmerksamkeit bekommen“, sagt Niccolò Manych, Doktorand in der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und Leitautor der Studie. „Sie stehen in zum Teil erheblichen Kontrast zur Kohlepolitik in den Heimatländern – und bezeichnenderweise gibt es für diese Finanzströme keine offizielle Statistik.“

Forscher stützen sich auf NGO-Daten

Das Forschungsteam konnte auf „zwei sehr solide Datensätze von Nichtregierungsorganisationen“ zurückgreifen: Zum einen stützte es sich auf die vom US-Infodienst Global Energy Monitor erstellte Übersicht sämtlicher Kohleprojekte. Zum anderen nutzte es die Expertise der deutschen Umweltschutzorganisation Urgewald: Diese hatte bei den Finanzinformationsdienstleistern Bloomberg, Thomson Reuters und IJGlobal die Finanzquellen von 250 im Kohle-Bereich aktiven Projektierungsgesellschaften recherchiert.

„Unsere umfassende Bestandsaufnahme zeigt erstmals klipp und klar, wie bedeutsam beim Thema Kohle die Finanzströme sind. Das eröffnet auch westlichen Ländern Spielraum, hier politisch aktiv zu werden“, sagt Jan Steckel, Arbeitsgruppenleiter am MCC und Mitautor. Die Studie skizziert mögliche Gegenstrategien – von erweiterten Berichtspflichten der Banken und Pensionsfonds oder freiwilligen Selbstverpflichtungen bis hin zu einer Steuer auf Kohle-Investitionen oder staatliche Sicherheiten für Investitionen in erneuerbare Energien.

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