Mit Aussagen über die angeblich zu schnelle und zu teure Energiewende hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) in den vergangenen Wochen kräftig für Verunsicherung gesorgt. Doch ging der Ausbau der Erneuerbaren in den vergangenen Jahren zu schnell? Können wir den weiteren Ausbau zeitlich strecken? Ist die Photovoltaik tatsächlich wirtschaftlich unbedeutend? Kommen die kleinen privaten Dachanlagen wirklich ohne Einspeisevergütung aus? Ist der Solarstrom zu teuer – im Vergleich zu Strom aus Gaskraftwerken? Müssen kleine Anlagen in die Direktvermarktung? Muss sich der Ausbau der Solarenergie an den Netzausbau anpassen?
Auf dem Holzweg
Auf diese und weitere Fragen hat die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) die Fakten herausgearbeitet und in einem offenen Brief an die Wirtschaftsministerin geschickt – mit der Bitte um eine Antwort. Daraus geht klar hervor, dass die Ministerin mit ihren Aussagen auf dem Holzweg ist. Die derzeitige Faktenlage spricht eine ganz andere Sprache als Katherina Reiche. So kritisiert der DGS unter anderem, dass die Netzbetreiber seit 2020 die Ausbaupfade der regenerativen Stromerzeugung kennen, aber die Zeit offensichtlich nicht ausreichend gut genutzt haben, um sich darauf einzustellen. „Warum wurden die Netzausbaupläne eigentlich in den vergangenen Jahren nicht mit den geplanten EEG-Ausbauzielen ‚übereinandergelegt‘ und synchronisiert?“, lautet die berechtigte Frage der DGS. „Die Begründung ‚Wir schaffen es nicht, weil wir getrödelt haben‘ lehnen wir als unzureichend ab“, die dazugehörige Ansage.
Auch das Kostenargument lässt die DGS nicht so stehen. So verweisen die Experten darauf, dass Solarstrom inzwischen viel preiswerter ist als der Strom aus fossilen Kraftwerken. Dies gilt umso mehr für neue Gaskraftwerke, die 30 bis 40 Jahre an Subventionen hängen und die fossile Stromerzeugung um diese Zeit künstlich verlängern. In den vergangenen Jahren sind die Großhandelspreise für Strom kontinuierlich gesunken – dank der erneuerbaren Energien.
Auf der anderen Seite sind kleine Dachanlagen bisher nicht ohne Einspeisevergütung so wirtschaftlich, dass private Hauseigentümer in diese investieren würden. Hier ist noch eine feste und garantierte Vergütung notwendig. Der DGS stellt aber auch klar, dass die nicht aufgrund der Anlagenpreise notwendig ist, sondern weil die Anforderungen für die kleinen Anlagen unnötig hoch sind. Die Anlagenbetreiber haben mit steigenden Zählerkosten, steigenden Kosten dank politischer Vorgaben der Steuerbarkeit, wachsender Komplexität bei der Abstimmung mit dem Netzbetreiber und Rechtsunsicherheiten durch die fehlende Freigabe des EEG durch die EU. „All diese Punkte machen Photovoltaikanlagen teuer, nicht günstiger“, schreibt die DGS im offenen Brief.
Viele Netzbetreiber verschlafen Digitalisierung
Dabei stehen einerseits die hohen Anforderungen und andererseits die fehlende Digitalisierung bei den Netzbetreibern. Der DGS verweist hier auf einen Bericht der Bundesnetzagentur, wonach 2022 75 Prozent der befragten 82 Netzbetreiber überhaupt nicht wissen, was in ihren Netzen vor sich geht. (su)