Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Versicherer begleiten Meereswindkraft im Wandel

Offshore-Windparks bedeuten aufgrund ihrer Komplexität immer auch hohe Risiken für Planer und Betreiber. Daher sind spezialisierte Versicherungslösungen und ein umfassendes Risikomanagement erforderlich. Die Versicherung von Offshore-Windparks umfasst mehrere Versicherungsprodukte. So werden im Rahmen der Projektversicherung Schäden an Land und auf See während der Bauphase abgedeckt. Diese Phase beinhaltet Transport, Montage und Installation der Turbinen, inklusive Turm und Gründungsstruktur, der Transformatoren sowie das Verlegen der Seekabel. Versichern lassen sich etwa Schäden durch Konstruktions- oder Montagefehler, externe Einflüsse wie Schiffsanprall oder extreme Wetterbedingungen.

Betriebsunterbrechung versichern

Nach der Inbetriebnahme des Windparks schützt die Betriebsversicherung. Sie deckt Sachschäden an Anlagenkomponenten des Windparks ab, die während des Betriebs zum Beispiel aufgrund von technischen Störungen, Naturkatastrophen oder anderen externen Einflüssen entstehen können. Die Betriebs­unterbrechungsversicherung kann gegen finanzielle Verluste aufgrund von Stillständen infolge von versicherten Sachschäden schützen. Einnahmeverluste, die etwa durch nicht mögliche Stromeinspeisung entstehen, sowie Extrakosten, die anfallen, um eine Unterbrechung zu vermeiden, können kompensiert werden. Zudem deckt die Haftpflichtversicherung Schäden ab, die Dritten durch den Betrieb oder während des Baus entstehen können.

Aspekte der Risikobewertung

In der Bewertung von Risiken im Zusammenhang mit Offshore-Windparks konzentrieren wir uns als Industrieversicherer auf eine Vielzahl von Faktoren, die den Umfang des Risikotransfers und die Preisgestaltung beeinflussen.

Einer der zentralen Aspekte ist die Standortwahl. Die spezifischen Bedingungen des Meeres, wie Wassertiefe und Entfernung zur Küste sowie nächstgelegenen Häfen, sind entscheidend für die Bewertung des Risikos. Denn bei großen Entfernungen zur Küste können im Schadensfall erhebliche Kosten entstehen, da der Einsatz von Errichterschiffen teuer ist und dies sich bei einer längeren Einsatzdauer entsprechend auswirkt.

Insbesondere für die Betriebsphase spielen das vorhandene Wartungs- und Instandhaltungskonzept sowie der effektive Einsatz von Predictive-Maintenance-Systemen eine wichtige Rolle.

Die eingesetzte Technologie ist ebenfalls von großer Bedeutung bei der Risikobewertung. Bewährte Technologien erlauben eine genauere Einschätzung des Risikos, da sie auf Erfahrungswerten basieren. Bei neuen, noch nicht erprobten Technologien einzelner Komponenten, wie beispielsweise einem Turbinentyp, einer spezifischen Gründungsstruktur oder einer innovativen Installationsmethode, sind umfassende technische Daten und Transparenz erforderlich, um das Risiko besser zu verstehen. Des Weiteren halten wir eine intensivere Risikobegleitung durch den Versicherer für sinnvoll. Darüber hinaus sind Informationen über bestehende Service- und Wartungsverträge der Windparkbetreiber von großer Bedeutung.

Bei der Nachfrage nach Betriebsunterbrechungsversicherungen prüfen wir unter anderem mögliche Engpässe, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Schiffen sowie die Lieferzeiten für die verbauten Komponenten. Auch potenzielle Engpässe bei der Stromeinspeisung ins öffentliche Netz sind relevante Faktoren in der Risikoeinschätzung.

Technisches Risikomanagement

Das technische Risikomanagement nimmt für Versicherungsgeber wie Allianz Commercial eine zentrale Rolle ein. Es beinhaltet eine umfassende Beurteilung technischer Risiken sowie bei Bedarf die Implementierung gezielter Maßnahmen zur Risikominderung. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses sind kontinuierliche Desktop-Überprüfungen von veränderten Risikosituationen und regelmäßige Besichtigungen durch die Risikoingenieure des Versicherers, die eine fundierte Einschätzung der technischen Gegebenheiten vor Ort ermöglichen. Eine kritische Rolle beim Bau eines Offshore-Windparks spielt dabei der neutrale Marine Warranty Surveyor (MWS). Seine Aufgaben umfassen die Bewertung und Überprüfung der Eignung von Schiffen, Plattformen und Kränen sowie die Analyse der erwarteten Strömungen, Wellenhöhen, Wind- und Wetterbedingungen. Der MWS ist zudem bei der Sicherung der Ladung für den Seetransport und bei schweren Hebe- und Positionierungsarbeiten involviert, um die Sicherheit und Effizienz dieser Operationen zu gewährleisten.

Von besonderer Bedeutung ist zudem die enge Zusammenarbeit und die effektive Kommunikation zwischen Kunden, MWS und Risikoingenieuren des Versicherers. Diese Kooperation stellt sicher, dass alle relevanten Informationen ausgetauscht werden und die Risikobewertung auf einer soliden Grundlage erfolgt.

Chancen und Herausforderungen

Die Zukunft der Versicherung von Offshore-Windparks bietet sowohl vielversprechende Chancen als auch komplexe Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Dazu gehören etwa technologische Entwicklungen: Fortschritte in der Windenergietechnologie bringen sowohl neue Risiken als auch Verbesserungen in der Effizienz und Sicherheit der Anlagen mit sich. Als Versicherer sind wir gefordert, Modelle kontinuierlich zu aktualisieren, um diesen Veränderungen gerecht zu werden. Besonders relevant sind Versicherungslösungen für schwimmende Windenergieanlagen, die sich für größere Wassertiefen eignen und zunehmend eine Rolle spielen werden. Die Verfügbarkeit von Fachkräften und Errichterschiffen rückt ebenfalls in den Fokus.

Die Auswirkungen des Klimawandels führen zu veränderten Wetterbedingungen, die neue Risiken für Offshore-Windparks bedeuten können. Versicherer müssen ihre Risikomodelle anpassen, um diese dynamischen Faktoren angemessen zu berücksichtigen. Außerdem könnten regulatorische Veränderungen in internationalen und lokalen Vorschriften die Anforderungen an Versicherungen beeinflussen. Dies erfordert eine kontinuierliche Überprüfung der Zeichnungsgrundsätze, um den sich wandelnden rechtlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden.

Die Versicherung von Offshore-Windparks ist ein komplexer und sich ständig weiterentwickelnder Bereich, der spezifische Produkte und eine sorgfältige Risikobewertung erfordert. Durch die Berücksichtigung technologischer, geografischer und regulatorischer Faktoren können Versicherer, wie die Allianz, maßgeschneiderte Lösungen anbieten, die den Bedürfnissen der Betreiber gerecht werden. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Betreibern und Versicherern entscheidend, um die Risiken effektiv zu managen und die Energiewende erfolgreich zu unterstützen.

Harald Dimpflmaier
Regional Head of Underwriting Natural Resources, Allianz Commercial

Foto: Allianz Commercial

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ ERE E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus ERE: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen