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Zwei Appelle und Bündnis mit Norwegen: So liefert die See genug Wasserstoff und Windstrom

Mit gleich zwei Appellen hat die deutsche Offshore-Windenergie-Branche am Freitag dazu aufgerufen, die Politik müsse den Ausbau der Windkraft auf See durch eine Förderung der heimischen Wertschöpfungskette gewährleisten. Nur so ließe sich das Ziel von 30 Gigawatt (GW) Erzeugungskapazität im Jahr 2030 erreichen.

Einer der beiden Branchen-Appelle konzentrierte sich auf die Wasserstofferzeugung mit Offshore-Windstrom. Darin forderte das Bündnis zur Offshore-Erzeugung des emissionsfreien Energieträgers Wasserstoff, Aquaventus, „klare Ziele für die Elektrolyse auf hoher See in der Nationalen Wasserstoffstrategie“. Die Bundesregierung solle in der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) ein zusätzliches Leistungsvolumen für die Windstrom-Elektrolyse auf dem Meer von zehn GW für das Jahr 2035 als Ziel verankern. Bisher sieht die NWS die Installation von Elektrolyseuren mit fünf GW in ganz Deutschland bis 2030 vor. Sie definiert nicht näher, wie viel Elektrolysekapazität auf See und wie viel an Land entstehen soll. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bestimmte Anfang dieses Jahres dann ein Areal in der Nordsee namens Sonstiger Energiegewinnungsbereich (SEN-1). In ihm sollen bis 2030 Windparks in Verbindung mit einer Elektrolysekapazität von einem GW entstehen.

Voraussetzung dafür, dass sich eine Offshore-Windenergie-Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und in Europa aufbaue, sei „eine nachhaltige Perspektive durch die NWS“, heißt es im Appell des Aquaventus-Industriebündnisses. Die bisherige NWS stammt von 2020. Die Dimension einer Offshore-Windstrom-Wasserstofferzeugung mit zehn GW wertet das Bündnis als ein Deutschland entsprechender Beitrag für die von den Nordsee-Anrainerstaaten im Mai 2022 und im April 2023 skizzierten Ambitionen einer gemeinsamen Offshore-Windenergie- und -Wasserstoffwirtschaft. Die damals angekündigten Zielsetzungen waren das Ergebnis von Gipfeltreffen auf Regierungsebene, zuerst 2022 im dänischen Esbjerg, dann 2023 im belgischen Ostende. Außerdem müsse die Bundespolitik eine Pipeline-Infrastruktur für die Lieferung des grünen Wasserstoffs aus der See nach Deutschland, aber auch in die Nachbarländer aufbauen sowie einen verbindlichen und stabilen Rechtsrahmen für Produktion, Transport und Abnahme des Wasserstoffs– zum Beispiel durch Klimaschutzverträge oder Quoten für Industriebranchen.

Ebenfalls am Freitag verabschiedeten die Windenergie- und Schiffbau-Organisationen Stiftung Offshore-Windenergie und Verband für Schiffbau und Meerestechnik, die Gewerkschaft IG Metall und das Unternehmen für Offshore-Windturbinen-Gründungspfähle, Steelwind Nordenham, zusammen mit der niedersächsischen Landesregierung einen Appell an die Bundesregierung. Ihre „Nordenhamer Erklärung“ verlangt den staatlich unterstützten Aufbau einer vollständigen Wertschöpfungskette. Dazu brauche es brancheneigene Anstrengungen – aber von Seiten des Bundes auch eine staatliche Qualifizierungsoffensive zur Ausbildung von Fachkräften, gute und laufend fortentwickelte Standards zum Arbeitsschutz mitsamt einer mehr als bisher vom Bund koordinierten Seenotrettung, schnellere Genehmigungsverfahren für Projekte, die Einführung von Qualitätskriterien in Ausschreibungen neuer Offshore-Windparkprojekte – beispielsweise regionale Wertschöpfung, ein Zusammenlegen der Kapazitäten von Schiff- und Windkraftanlagenbau, außerdem neue Kreditförderinstrumente, staatlichen Ausbau der Häfen sowie Förderung von Schiffsbauinnovationen.

Konferenz Windforce in Bremerhaven vom 12. bis 14. Juni

Die Appelle erfolgten zwei Wochen vor dem Start der Offshore-Windenergie-Konferenz Windforce in Bremerhaven. Sie wird gleichfalls den Aufbau einer Wertschöpfungskette und die Sicherung der Produktions- und Dienstleistungskapazitäten für das deutsche 30-GW-Ziel in den Blick nehmen. Und sie wird mit Norwegen einen spannenden Partner dafür vorstellen. Der nordskandinavische Staat ist gerade dabei, die erste Ausschreibung des Landes für große Offshore-Windkraft-Gigawattkapazitäten vor seiner West- und vor seiner Südküste zu veranstalten. Spannenderweise ist Norwegen ein reiches Land mit viel freiem Kapital aus dem Erdöl- und Erdgas-Bohrgeschäft in den eigenen Nordseegebieten und zugleich aufgrund geringer Bevölkerung eher geringem eigenen Energiebedarf. Zudem ist es ein großes Land mit viel Flächenpotenzial für Erneuerbare-Energien- und Wasserstoffanlagen. Im Januar hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei einem Besuch in Norwegen daher die Vertiefung einer Energiepartnerschaft angekündigt und seine Unterstützung für Pläne zum Bau von Pipelines zwischen Deutschland und Norwegen. Sie sollen erst dem Import von Erdgas und später dem von grünem Wasserstoff dienen.

Weil Norwegen zudem noch ein wichtiger Standort für den Bau von Stahlfundamentkonstruktionen für die Offshore-Windkraft sowie insbesondere für den Bau von Spezialschiffen ist, soll das gemeinsame wirtschaftliche Interesse beider Länder an einer Erfüllung ihrer 2030-Ziele ein Hauptthema sein. Das verdeutlicht die Geschäftsführerin der WAB, Heike Winkler. Der Verband mit Sitz in Bremerhaven ist Veranstalter der Windforce. Die Tagung wird vom 12. bis 14. Juni stattfinden. Die Windforce werde dieses gemeinsame Interesse beider Länder nicht zuletzt durch ein Panel mit den Themen „Schiffbau und Spezialschiffbau“ darstellen. „Die Windforce wird die industrieübergreifende Zusammenarbeit in Deutschland mit Norwegen als Industriepartner zum Thema machen“, sagt Winkler zu ERNEUERBARE ENERGIEN.

Ein spezielles Schlaglicht soll die gleich für Montagnachmittag angebotene Exkursion zur Lloyd-Werft in Bremerhaven werfen. Die Rönner-Gruppe plant, dort eine Zwei-Gigawatt-Umspannplattform für Windparks in der Nordsee zu bauen. Das Konzept sieht eine modulare Fertigung vor.

Das Thema Wasserstoff zeige sich auf der Konferenz „als weiterhin extrem wachsender Bereich“, betont Winkler. Die Tagung werde die Realisierbarkeit, die denkbaren Geschäftsmodelle als „Business-Case“ sowie die notwendigen infrastrukturellen und womöglich technischen Grundlagen für eine ausreichende Wasserstoffproduktion auf See besprechen. Und zwar, „um sie in dem Maße zu realisieren, wie sie laut Nationaler Wasserstoffstrategie auch heimisch stattfinden soll“, sagt Winkler. Die WAB habe sich schon im vergangenen Jahr für Norwegen entschieden, weil es ein Land sei, das Energie exportieren kann und weit in der Entwicklung und Produktion von Schwimmfundamenten für sogenannte Floating-Offshore-Windparks sei.

Die Veranstalter erhoffen sich für die Windforce ein Interesse aus ihrem Spezialpublikum der Offshore-Windkraft-Branche wie schon im Vorjahr. Damals zählte die WAB rund 270 Teilnehmende.

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