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Angst vor sinkenden Immobilienpreisen offenbar unbegründet

Eine Windkraftanlage in Sichtweite zu haben, mindert den Wert von Häusern in den USA nur geringfügig und vorübergehend. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie mit Beteiligung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), die in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wird. Der Effekt ist umso geringer, je weiter die neu installierten Windräder entfernt sind, und lässt mit der Zeit nach. Die Ergebnisse der Forschenden beleuchten die Dynamik zwischen Infrastrukturen für erneuerbare Energien und lokalen Immobilienpreisen und liefern wichtige Erkenntnisse für eine nachhaltige und bürgerfreundliche Energieentwicklung.

„Die Auswirkungen von Windrädern auf Hauspreise sind viel geringer als allgemein befürchtet: In den USA betragen sie etwa ein Prozent für ein Haus, in dessen Umkreis von 10 km mindestens eine Windkraftanlage steht“, erklärt Maximilian Auffhammer, Professor am Department of Agricultural and Resource Economics an der University of California (UC), Berkeley und Mitautor der Studie. „Und was mich wirklich überrascht hat, ist, dass der Wert des Hauses im Laufe der Jahre wieder auf das ursprüngliche Niveau zurück klettert.“ Die Studienautoren fanden auch heraus, dass es bei Windkraftanlagen, die nach 2017 gebaut wurden, keinen Effekt mehr gab. Dies könne ihrer Meinung nach daran liegen, dass sich die Menschen mit der Zeit an diese neuen Strukturen in ihrer Umgebung gewöhnt haben.

Daten zu 300 Millionen Hausverkäufen und 60.000 Windkraftanlagen

Windenergie ist eine der am schnellsten wachsenden erneuerbaren Energiequellen weltweit. Dennoch stößt die Errichtung von Windenergieinfrastrukturen oft auf erhebliche Widerstände in den Gemeinden; das ist zum Teil auf das Unbehagen zurückzuführen, Windräder sehen zu müssen, und auf die Annahme, dass sich diese negativ auf die Immobilienpreise auswirken. Um herauszufinden, ob der Bau einer neuen Windkraftanlage in Sichtweite den Immobilienwert von Häusern tatsächlich beeinflusst, untersuchte das Team von Forschenden des PIK, des italienischen Centro Euro-Mediterraneo sui Cambiamenti Climatici (CMCC) und der UC Berkeley die Mehrzahl der Hausverkäufe in den USA in den letzten 23 Jahren. Die Forschenden analysierten dazu statistische Daten von mehr als 300 Millionen Hausverkäufen und 60.000 Windrädern für den Zeitraum von 1997 bis 2020.

„Im Gegensatz zu früheren Studien haben wir nicht nur die Nähe zu, sondern auch die tatsächliche Sichtbarkeit von Windkraftanlagen berücksichtigt“, sagt Wei Guo, Forscherin am CMCC und Erstautorin der Studie. „Wir haben berechnet, ob man ein Windrad sehen kann - oder ob z. B. ein Berg im Weg ist - und wenn ja, wie sich der Wert des Hauses im Vergleich zu Häusern in derselben Gegend verändert, wo die Bewohner kein Windrad sehen."

Fundiertere Entscheidungsfindung für politische Entscheidungstragende und die Öffentlichkeit

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Sichtbarkeit von Windrädern mit zunehmender Entfernung abnehmen: Der Wert eines Hauses kann beim Bau einer Windkraftanlage in unmittelbarer Nähe, d.h. in weniger als zwei Kilometern Entfernung, um bis zu 8 Prozent sinken. Die Forschenden stellen jedoch fest, dass nur ein sehr kleiner Teil der Grundstücke tatsächlich in dieser Entfernung gebaut wird: In den USA sind es landesweit weniger als 250.000 Gebäude im Vergleich zu etwa 8,5 Millionen Immobilien innerhalb von 10 km. Selbst dann nimmt der Effekt im Laufe der Zeit in zweierlei Hinsicht ab. Erstens erreicht die Wertminderung einer Immobilie drei Jahre nach der Windrad-Installation ihren Höhepunktund wird dann mit den Jahren immer kleiner. Zweitens haben kürzlich installierte Windräder einen geringeren negativen Einfluss auf den Immobilienwert. Beide Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Menschen mehr und mehr an die Windkraftanlagen gewöhnen, so das Forschungsteam.

„Unsere Forschung bietet eine Antwort auf einige typische Argumente von Windkraftgegnern, das klassische ‚Erneuerbare Energien ja, aber nicht vor meiner Haustür‘-Problem, das nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und Deutschland ein heißes Thema ist", erklärt Leonie Wenz, PIK-Forscherin und Mitautorin. „Im Großen und Ganzen geht es darum, ein Gleichgewicht zwischen den globalen Vorteilen von erneuerbaren Energien für das Klima und den lokalen Auswirkungen auf Gemeinden in der Nähe zu finden. Unsere Schätzungen darüber, wie sich die Sichtbarkeit von Windrädern auf Immobilienwerte auswirkt, könnte eine Grundlage für Entschädigungen für Hausbesitzende sein. Unsere Studie unterstreicht jedoch auch, dass diese Auswirkungen in den letzten zwei Jahrzehnten gering waren und dass wir davon ausgehen können, dass sie in Zukunft noch weniger relevant sein werden.“ Sobald die Studie online erscheint, ist sie hier zu finden. (nw)