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Kosten der Energiewende

Studien sind sich uneinig

In den unterschiedlichen energiewirtschaftlichen Studien der letzten Jahre werden die volkswirtschaftlichen Kosten der Energiewende sehr verschieden beurteilt. Das liegt vor allem an den teilweise erheblich unterschiedlichen Annahmen über die Steigerung der Kosten für fossile Brennstoffe. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktueller Vergleich verschiedener Studien aus den letzten drei Jahren, den die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) in Berlin angestellt hat. Danach differieren die Prognosen, wie sich die Kosten für Steinkohle, Erdgas und Erdöl bis 2030 entwickeln werden, um bis zu 150 Prozent. In der Diskussion um die Bezahlbarkeit der Energiewende und der volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Rechung des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien spielen aber die Brennstoffkosten für Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke eine entscheidende Rolle. Schließlich generieren Wind- und Solarstromanlagen fast ausschließlich Kapitalkosten, währen der Preis von Strom aus konventionellen Kraftwerken hauptsächlich von den Brennstoffkosten abhängt. „Nur wer die zukünftigen Preise von Öl, Gas und Kohle nicht unterschätzt, kann den ökonomischen Nutzen der erneuerbaren Energien richtig beurteilen“, sagt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der AEE.

Industrie befürchtet Wettbewerbsnachteile

So schätzen das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendungen der Universität Stuttgart (IER), Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim in ihrer gemeinsamen „Energieprognose 2009“ den Importpreis für Steinkohle im Jahr 2030 auf 76 Euro. Die Leitstudie des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) aus dem Jahr 2010 geht von einem Steinkohlepreis im Jahr 2030 von über 200 Euro pro Tonne aus. Der Importpreis für Steinkohle lag im letzten Jahr bei 104,70 Euro pro Tonne. Ähnliche Abweichungen gibt es auch bei Öl- und Gaspreisen. Die AEE verweist darauf, dass bereits jetzt die Importpreise für Rohöl und Erdgas die Annahmen einiger Studien für die nächsten zehn Jahre übersteigen. Das führt letztlich dazu, dass die Kosten für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien sehr unterschiedlich bewertet werden und vor allem bei der Industrie für Unmut sorgen. Viele Industriezweige sehen sich benachteiligt gegenüber ihren Konkurrenten im Ausland, die diese Kosten nicht mit tragen müssen und deshalb einen Vorteil haben. Jüngstes Beispiel ist die Textilindustrie. Wie der Gesamtverband Textil und Mode mitteilt, wollen die meist mittelständischen Textilunternehmen in Deutschland die EEG-Umlage nicht mehr bezahlen. „Unternehmen, die in Deutschland produzieren, verlieren durch die zusätzlichen Kosten ihre Wettbewerbsfähigkeit", sagte Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes Wolf-Rüdiger Baumann. Auf etwa 70 Millionen Euro pro Jahr beziffert die Branche ihre finanziellen Belastungen aufgrund der erneuerbaren Energien. Das sind 0,5 Prozent des Branchenumsatzes.

Investitionen zahlen sich mittelfristig aus

„Wer die Ausgaben für fossile Energieträger systematisch kleinrechnet, bringt die aktuelle Diskussion über die Kosten der Energiewende in eine gefährliche Schieflage“, warnt Vohrer. Schließlich erscheint die Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien umso teurer, wenn Studien für die Zukunft niedrige fossile Energiepreise sowie geringe CO2-Preise vorgeben. „Solche Prognosen spielen jenen in die Hände, die im Ausbau der erneuerbaren Energien lediglich Belastungen und mögliche Wachstumseinbußen der Volkswirtschaft sehen wollen“, so Vohrer weiter. „Im Gegensatz zu einer rohstoffbasierten Energieversorgung, die von sich verknappenden Ressourcen oder geopolitischen Entwicklungen abhängig ist, ist die Kostenentwicklung der erneuerbaren Energien langfristig kalkulierbar. Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Förderung der Erneuerbaren Energien eine Investition, die sich mittelfristig für die Volkswirtschaft auszahlen wird“, betont Vohrer. Die Förderung sei erforderlich, damit die erneuerbaren Energien in der Lage sind, sich gegenüber bereits eingeführten Techniken auf dem Markt zu behaupten und wettbewerbsfähig zu werden. (Sven Ullrich)