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Unterschriften sind Startsignal für 140-Megawatt-Windpark im Pistenring

Die Chefs der drei mit den Turbinenerrichtungen beauftragten Partnerunternehmen Nordex, Max Bögl und UKA unterzeichneten am Donnerstag in Husum den Vertrag für ihre Zusammenarbeit am Papenburger Großprojekt. Damit gab das Projektierungsunternehmen UKA aus Meißen die Bestellung für 20 Nordex-Windturbinen mit jeweils sieben Megawatt (MW) Nennleistung auf. Anlagentyp ist das Modell N163 mit 163 Meter Rotordurchmesser. Die Windturbinen sollen ab Herbst kommenden Jahres auf bis dann fertig gestellten Max-Bögl-Hybridtürmen mit einer unteren kegelförmigen Betonturmhälfte und einem darauf montierten Stahlzylinderturm auf 164 Meter Nabenhöhe entstehen.

Die Arbeiten hatten bereits kurz vor der Vertragsunterzeichnung mit dem vorbereitenden Anlegen von Zufahrten, Komponentenablegeflächen oder beispielsweise der Baustellenelektrik rings um und auf dem Standort begonnen. Dem Vernehmen nach wird ab Oktober der Bau und Guss des ersten halben Dutzends an Fundamenten folgen. Turmlieferant Max Bögl baut diese selbst und will nach einer Winterpause ab womöglich März mit den Fundamenten fortfahren und zugleich nachrückend auch schon mit den Turmerrichtungen, ehe ab Herbst 2026 Nordex die Windturbinen mit Maschinenhäusern und Rotorblättern anliefert und aufsetzen wird. Bis Mitte 2027 ist die Inbetriebnahme geplant. Der Windpark soll dem veröffentlichten Luftbild zufolge auf einer Hälfte der großen Fläche innerhalb einer äußeren Versorgungsstraße und wohl ganz überwiegend auch innerhalb des  Teststreckenrings selbst entstehen.

Schon allein technisch gilt der Bauauftrag als interessante Herausforderung: Der Boden ist moorig, weshalb eine UKA-eigene Bauträgergesellschaft den Boden vorbereitend für die hohen Windturbinenlasten festigen soll. Die Bauarbeiten finden zudem während eines immer wieder laufenden Betriebs der Testrennstrecke des Autoherstellers statt. Während der Autotests müssen die Bauarbeiten durchaus auch pausieren. In engen Absprachen mit Mercedes Benz müssen die Partner solche Baupausen auf ein Minimum beschränken. Weil die Fläche so groß ist, müssen die Installateure offenbar immer auch Türme oder Fundamente parallel bauen. Der bayerische Turmbauer Max Bögl ist ein Schlüsselzulieferer, weil die modulare Fertigbauweise von dessen Betontürmen eine Anlieferung von Betondrittelschalen für breite Turmfußradien ermöglicht. Ohne diese Modularität ließen sich die Turmfüße bei wachsender Nabenhöhe und Nennleistung nicht mehr im ausreichenden Radius Breite anlieferbar. Als auslandende Ringe würden Sie nicht mehr unter Autobahnbrücken hindurch passen.

Nach vollständiger Inbetriebnahme soll der Windpark rund 20 Prozent des jährlichen Strombedarfs der Mercedes-Benz-Gruppe in Deutschland abdecken. Dafür sorgt ein 25-jähriger und damit außergewöhnlich lange Versorgungszeit abdeckender Stromliefervertrag zwischen UKA und Mercedes Benz. Die Vereinbarung dieses sogenannten Power Purchase Agreements (PPA) ist für Strommärkte wie Deutschland bei gewöhnlich geregelten festen Vergütungen durch die Netzbetreiber für Neuanlagen noch unüblich. Doch Mercedes hatte bereits 2018 mit einem PPA für einen Windpark in Polen damit begonnen, sich Grünstromkapazitäten direkt aus neuen Anlagen früh zu sichern. Der den Autobauer beliefernde polnische Windpark entstammt einer Projektierung des Windparkentwicklungsunternehmens VSB und war gemäß VSB-Aussage der erste PPA-Windpark Polens.

Die Projektierung des Papenburg-Windparks sieht einen Jahresertrag pro Turbine von bis zu 19 oder etwa 20 Millionen Kilowattstunden beziehungsweise 19.000 oder 20.000 Megawattstunden vor. Dies käme einer Auslastung von knapp 3.000 Vollaststunden im Jahr gleich. Das von UKA gewählte Windparkdesign trägt damit der Kalkulation Rechnung, mit der Turbinenzahl und den Nennleistungen eine ausreichende Erzeugungskapazität aufzustellen, um verlässlich Strom zu liefern. Zugleich findet eine Abwägung statt, um die Anlagen nicht zu viel an Auslastung durch eine zu dichte Aufstellung verschenken zu lassen.

Mercedes Benz hatte das Projekt bereits 2022 grob skizziert und war damals noch von 120 MW Gesamterzeugungskapazität des Windparks ausgegangen und Sechs-MW-Windenergieanlagen. UKA hatte nach Einigung auf das PPA-Vorhaben mit Mercedes Benz im Frühjahr 2023 die Planungen aufgenommen und eine Umgenehmigung auf Sieben-MW-Anlagen mit den 140 MW Nennleistung vorgenommen. Mit dieser Gesamtleistung wird Papenburg zu einem der größten deutschen Windparks werden.

UKA-Geschäftsführer Gernot Gauglitz kommentierte zu der Vertragsunterzeichnung: „Dieses Projekt zeigt, dass UKA auch für große Industrieunternehmen ein attraktiver Stromlieferant mit selbst erzeugtem, klimafreundlichem Strom ist. Das Projektteam treibt die Errichtung des Windparks in Rekordzeit voran.“ Der Nordex-Chef José Luis Blanco erklärte: „Das erneute Vertrauen in unsere Technologie und unser Projektmanagement beim Windpark Papenburg schätzen wir insbesondere angesichts der Bedeutung dieses Projekts für alle Beteiligten.“ Max-Bögl-Vorstandsvorsitzender Stefan Bögl betonte, das Projekt verspreche genau dies: „Erfolgreich Energie aus Wind ernten“. Das Vorstandsmitglied der Mercedes-Benz-Gruppe, Jörg Burzer, betonte noch einmal, der Papenburger Windpark sei „ein wichtiger Baustein unserer nachhaltigen Unternehmensstrategie“. Der Autobauer will nicht nur seine komplette Stromversorgung aus regenerativen Quellen absichern. Erklärtermaßen will er auch bis Ende des nächsten Jahrzehnts gemäß früherer Aussagen auch den Gesamtenergieverbrauch einschließlich Wärme- und Prozessenergie-Versorgung mit grüner Energie abdecken – und dies zu langfristig stabilen Preisen.