Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Von der Großanlage bis zur vernetzten Autarkie

Mehrfamilienhäuser mit der Sonne heizen

In Sachsen hat der Projektierer von solarthermischen Anlagen Fession MeWa Metallwaren- und Elektromaschinenbau aus Oelsnitz im Erzgebirge ein großes Solarwärmesystem auf in ein Mehrfamilienhaus gebaut. Das System besteht aus einer etwa 100 Quadratmeter großen Kollektorfläche auf dem Dach des über 100 Jahre alten Mehrfamilienhauses. Diese ist mit der Drain-Back-Technologie ausgestattet, so dass bei fehlender Wärmeabnahme aus dem Kollektorfeld dieses entleert wird, um die Stagnation des Systems zu verhindern. Außerdem haben die Installateure einen riesigen Wärmespeicher mit einem Fassungsvermögen von 8.500 Liter im Keller des Gebäudes montiert. Dieser sei notwendig, um die Solarwärme saisonal zu speichern. Der Speicher soll dafür sorgen, dass im Gebäude immer genügend Solarwärme für Heizung und Warmwasser zur Verfügung steht. Dabei lag das Ziel nicht bei einer kompletten Versorgung des Gebäudes mit Solarwärme. Vielmehr sollte die Anlage die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs im Gebäude decken. Das sei geschafft worden, betont Fession.

Den Versorger mit einbeziehen

Mehrfamilienhäuser eignen sich besser für die Solarthermie als die Einfamiliengebäude. Denn hier ist eine regelmäßige Wärmeabnahme auch im Sommer möglich, so dass die Drain-Back-Funktion möglichst selten genutzt werden muss. Diese kann sich der Investor sparen, wenn er die Wärme in ein Verbundnetz einspeist. Auf diese Variante setzt Timo Leukefeld, Professor für Solarthermie an der TU Bergakademie in Freiberg, die er auf dem diesjährigen Forum Solarpraxis-Neue Energiewelt vorgestellt hat. Er geht damit noch einen Schritt weiter und erhöht so zum einen den solaren Deckungsgrad und zum anderen schafft er ein neues Geschäftsmodell auch für die Energieversorger.

Die Idee der vernetzten Autarkie erprobt er seit Jahren in mehreren Einfamilienhäusern in Freiberg. Jetzt soll das Modell auf Mehrfamilienhäuser übertragen werden. Grundlage ist die Installation einer solarthermischen Anlage mit einem riesigen Wärmespeicher im Gebäude. Dazu kommt noch eine Photovoltaikanlage, die den Strom für die Wohneinheiten liefert. Auch dieser wird in einem elektrochemischen Stromspeicher gebunkert. Fallen weiterhin Überschüsse an, wenn beispielsweise im Sommer die Solarthermieanlage weiter Wärme produziert, obwohl der Speicher schon voll ist, wird dieser in ein Nahwärmenetz gespeichert. Aber auch die Speicher sollen dem regionalen Energieversorger zur Verfügung gestellt werden. Damit kann dieser auf die gespeicherte Energie zurückgreifen und speist sie wieder ein, wenn er selbst Überschüsse produziert hat. Auf diese Weise bekommt der Versorger ein dezentrales Speichersystem in den Gebäuden.

Vier Jahre Amortisationszeit

Um solche Projekte zu realisieren, sind die zusätzlichen Investitionskosten vertretbar, vor allem wenn das Gebäude ohnehin energetisch saniert und ein neues Heizsystem eingebaut wird. Fession gibt die Investitionskosten für das Projekt in Sachsen mit 18.000 Euro an. Abzüglich einer Innovationsförderung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Höhe von 12.000 Euro amortisiere sich das gesamte System aufgrund der drastisch sinkenden Brennstoffkosten für die Wärmebereitstellung innerhalb von weniger als vier Jahren, betonen die Oelsnitzer. Dabei muss der Vermieter die Sanierung noch nicht einmal auf die Mieter umlegen. Denn das ist der größte Kritikpunkt, wenn es um die energetische Sanierung von Gebäuden geht.

Immerhin dürfen die Vermieter elf Prozent der gesamten Investitionskosten auf die Mieter umlegen, da die Heizkosten drastisch sinken. Im Falle des Gebäudes, das Fession mit der solarthermischen Anlage ausgestattet hat, hat der Projektierer ausgerechnet, dass die Betriebskosten um 50 Prozent fallen würden. Hier würde es reichen, wenn Mieter und Vermieter sich bis zur Amortisierung der Anlage diese Einsparungen teilen, um das Modell für beide Seiten attraktiv zu machen. Zudem hat der Vermieter den Vorteil, dass durch die sinkenden Betriebskosten die Wohnungen in seinem Gebäude attraktiver werden. Das ist vor allem in Städten und Regionen entscheidend, in denen der Wohnungsmarkt entspannt ist.

Energie pauschal mitliefern

Auch hier geht Timo Leukefeld noch weiter, indem er für sein Gebäudekonzept eine Miete inklusive Energielieferungen vorschlägt. Die Idee dahinter ist, dass in der Miete gleich eine pauschale Energielieferung enthalten ist. „Das funktioniert, weil wir hier Grenzkosten gleich Null ansetzen können“, betont Leukefeld. Die restlichen Energielieferungen – sowohl Storm als auch Wärme – kommt dann weiterhin vom Versorger. Er sieht, dass das Konzept bei potenziellen Mietern auf fruchtbaren Boden fällt. Denn die ersten dieser Projekte stehen schon an und schon jetzt kommen auf jede Wohnung etwa 50 Bewerber, wie Leukefeld berichtet. In urbanen Regionen mit knappem Wohnraum wird die Bewerberzahl noch höher liegen. (Sven Ullrich)