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Urbasolar Frankreich

Paul Keurinck von Urbasolar: „Wir geben der versiegelten Fläche einen zweiten Nutzen“

Welches Montagesystem nehmen Sie für Ihre Projekte.

Paul Keurinck: Das Projekt für Disneyland in Paris realisieren wir mit einem an die Kundenwünsche angepassten System. Denn die Betreiber des Vergnügungsparks wollten, dass die Stahlkonstruktion sich an die Optik der anderen Gebäude und Konstruktionen anlehnt. Es sollte eine Stahlkonstruktion im Retrostil sein.

Ist so etwas die Regel?

Nein. Das ist die Ausnahme. Normalerweise bauen wir keine maßgeschneiderten System. Wir greifen auf zwei bis drei Standarddesigns zurück. Der größte Unterschied liegt im Fundament. Wir müssen dafür natürlich eine spezielle Berechnung für jedes Projekt machen.

Was fließt in eine solche Berechnung ein?

Wir bauen die Unterkonstruktion auf einem Betonfundament. Die Größe des Fundaments hängt von den Windkräften und Schneelasten vor Ort ab. Dazu kommt noch die Höhe und die Breite der Unterkonstruktion. Aber das ist eine Standardkalkulation, wie wir sie auch für andere Projekte wie große Dachanlagen machen.

Ist so eine solare Parkplatzüberdachung vergleichbar mit einer solaren Freiflächenanlage?

Nicht wirklich. Denn die Fundamente sind viel größer. Denn so eine solare Parkplatzüberdachung ist nicht nur höher als ein normaler Solarpark. Wir können auch nicht die Pfosten an jeder beliebigen Stelle positionieren, sondern müssen diese an die Größe der einzelnen Parkflächen anpassen. Außerdem stehen die Pfosten weiter auseinander. Schließlich müssen auch Autos dazwischen parken können.

Dadurch wird es natürlich auch teurer als eine normale Freiflächenanlage?

Das schon. Aber wir geben damit einer schon genutzten Fläche eine zweite Nutzung und damit einen zusätzlichen Mehrwert. Das ist ähnlich anders als bei Solarparks, wo es durchaus passieren kann, dass wir mit anderen Nutzungsformen wie Landwirtschaft konkurrieren müssen. Zudem brauchen wir auch kein Gebäude, auf dessen Dach wir die Anlage installieren können. Denn die Anlage ist das Dach selbst.

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Wie werden die Module installiert?

Das hängt davon ab, ob der Kunde eine Überdachung mit wirklichem Wetterschutz möchte. Dann verlegen wir auf der Unterkonstruktion zunächst ein gewöhnliches Trapezblech. Auf diesem installieren wir dann die Module. Wenn Wasser zwischen den Modulen durchlaufen kann, haben wir auch ein kleingerastertes System, in dem wir auch semitransparente Module integrieren können, die dann die eigentliche Überdachung bilden.

Der Vorteil des Systems mit semitransparenten Modulen ist aber, dass es tagsüber heller unter der Überdachung ist?

Wir haben solche Projekte auch schon gebaut. Aber in der Regel realisieren wir die wettergeschützten Anlagen mit dem Trapezblechdach.

Können auch bifaciale Module integriert werden?

Das geht auch. Doch die bifacialen Module haben nur Vorteile, wenn sie das vom Untergrund reflektierte Licht nutzen können. Dieser sogenannte Albedoeffekt ist aber bei Parkplätzen sehr gering, weil der Asphalt unter der Überdachung schwarz ist und wenig Licht reflektiert. Andererseits sind die Überdachungen höher als herkömmliche Solarparks, so dass auch Sonneneinstahlung unter die Module kommt. Aber das sind nur wenige Prozentpunkte und deshalb ist das nicht lohnenswert.

Gibt es etwas Spezielles hinsichtlich der Verschattung zu beachten?

Das ist ähnlich wie bei einer Freiflächenanlage. Natürlich müssen wir die Abstände der einzelnen Parkreihen entsprechend berechnen anhand des Anstellwinkels, um die Fläche maximal auszunutzen.

In welchem Winkel sind die Module angestellt?

Die Parkplatzüberdachungen haben einen Winkel von 15 Grad. Das ist der gleiche Winkel, in dem wir auch die Module in Freiflächenanlagen in Frankreich installieren. In Deutschland ist dieser etwas größer. Doch im Unterschied zum Solarpark haben wir mit den 15 Grad einen großen Höhenunterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Punkt, da die einzelnen Parkplatz-Reihen sehr breit sind. Das müssen wir bei der Planung berücksichtigen. Hier muss man eine optimale Balance zwischen Design, Ertrag und Kosten finden.

Apropos Kosten: Mit welchen Geschäftsmodellen errichten Sie die Anlagen?

In Frankreich gibt es eine spezielle Förderung für solche solaren Parkplatzüberdachungen. Es ist eines der wenigen Länder der Welt, die eine solche Einspeisevergütung haben. Deshalb entwickelt sich der Markt in Frankreich auch sehr gut. Ohne diese Vergütung würde er überhaupt nicht existieren. Doch inzwischen sehen wir auch guten Bedingungen für den Eigenverbrauch des Stroms aus den Solaranlagen über den Parkplätzen. Denn die Preise für Strom aus dem Netz steigen. Zwar sind die Stromproduktionskosten mit den solaren Überdachungen von Parkplätzen höher als mit einem gängigen Solarpark. Doch er ist immer noch niedriger als der Strompreis beim Versorger. Dadurch wird es profitabel.

Ist es die Regel, dass die solaren Parkplatzüberdachungen über den Eigenverbrauch refinanziert werden?

Das ist unterschiedlich. Wir haben einen Teil der Parkplatzüberdachungen als Einspeiseanlagen ans Netz angeschlossen. Immer mehr bauen wir sie aber auch für den Eigenverbrauch, wie beispielsweise die solar Überdachung des Parkplatzes des Zentralkrankenhauses in Carcassonne. Dieses kann dadurch klimaneutral betrieben werden.

Nutzt Disneyland Paris den Strom ebenfalls vor Ort – das würde sich angesichts des immensen Stromverbrauchs anbieten?

Im ersten Schritt speist die Anlage den Strom ins Mittelspannungsnetz ein. Wahrscheinlich werden wie die Eigenverbrauchsmöglichkeit aber noch nachträglich einrichten. Doch grundsätzlich verbrauchen wir den Strom ja physikalisch gesehen ohnehin möglichst nahe der Produktion. So verbraucht Disneyland den von den bisher installierten solaren Parkplatzüberdachungen ohnehin zum größten Teil selbst.

Einen ausführlichen Bericht, welche Lösungen es für solare Parkplatzüberdachungen gibt und worauf man achten sollte, lesen Abonnenten in der aktuellen Ausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN. Falls Sie noch kein Abo haben, können Sie hier reinschnuppern.

Eine spezielle Förderung gibt es nicht überall. Wie rechnen sich die solaren Parkplätze in anderen Ländern?

In anderen Ländern sehen wir ebenfalls den Eigenverbrauch, aber auch die Solarpflicht als Markttreiber. Es gibt inzwischen in einigen Regionen regulatorische Vorgaben, dass Parkplätze ab einer bestimmten Größe solar zu überdachen sind. Eine solche Solarpflicht haben wir seit neustem auch in Frankreich. Hier muss mindestens zehn Prozent der Fläche von neu gebauten Parkplätzen mit Solarmodulen überdacht werden. Das hängt vom Typ und der Größe des Parkplatzes ab und kann auch bis zu 75 Prozent gehen. Außerdem müssen Ladepunkte für Elektroautos installiert werden. Dadurch steigt die Nachfrage und wir gehen davon aus, dass der Markt weiter wächst.

Installieren Sie die Ladepunkte standardmäßig in die solaren Parkplatzüberdachungen?

Nein, das ist ein zusätzliches Feature, das aber in der Regel von den Kunden oft nachgefragt wird.

Die Fragen stellte Sven Ullrich

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