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AKW-Sicherheit

Kritik am Stresstest

Die Reaktorsicherheitskommission (RSK), ein Organ des Bundesamtes für Strahlenschutz, hatte kein System physisch auf seine Sicherheit getestet. Dabei räumt auch die RSK selbst ein, dass es innerhalb des sechswöchigen Prüfzeitraums die vorliegenden Unterlagen weder systematisch noch vollständig prüfen konnte, weswegen die Kommission auch keine Empfehlungen zum Abschalten einzelner Meiler ausspricht.

Das Büro für Atomsicherheit bemängelte generell, dass Sicherheitsbewertungen eine Angelegenheit der Atomaufsichtsbehörde sind. Die Bundesregierung habe ihre Verantwortung an eine Kommission aus Sachverständigen und Vertretern der AKW-Betreiber abgegeben, was verfassungsrechtlich nicht zulässig sei.

Stand der Technik mangelhaft definiert

Zudem habe das RSK seinen Maßstab zur technischen Prüfung der Anlagen zum Teil nicht am heutigen Stand der Wissenschaft und Technik ausgerichtet, sondern den Stand der Technik an den technischen Stand der Anlagen angepasst. Das schlage sich in den Mindestsicherheitsanforderungen, der sogenannten Basislevel nieder. Auch wurden weder die Zuverlässigkeit der Sicherheitssysteme untersucht, noch die Auswirkungen der Alterung auf die Sicherheit. Systematische und belastbare Ermüdungsanalysen lägen daher nicht vor.

Immerhin, räumt das Büro für Atomsicherheit ein, bestätige der Bericht, „dass es praktische Grenzen der Sicherheit“ deutscher AKW gibt. So eigne sich die Untersuchung des RSK als Grundlage für eine detaillierte Risikoanalyse durch die Atomaufsichtsbehörden. Jedoch liefert der Bericht auch Ergebnisse, die bereits seit Jahren bekannt seien: In einem der Hauptuntersuchungspunkte, dem Schutz der Kraftwerke gegen Flugzeugabstürze, bestätigte die RSK lediglich die Fakten, die die Gesellschaft für Reaktorsicherheit schon 2003 in einer Studie ermittelte. Demnach waren sechs Kernkraftwerke nicht gegen gezielte Kollisionen mit Verkehrsflugzeugen geschützt.

Für den aktuellen Bericht untersuchte die RSK die Auswirkungen von Abstürzen verschieden großer Flugzeuge auf die Meiler. Dabei wurden die Sicherheitsanforderungen der Reaktoren nach den mechanischen und thermischen Schutzgraden der Stufen eins bis drei unterteilt. „Mechanischer Schutzgrad“ meint den Schutz eines Reaktorblocks gegen eine direkte Kollision mit einem Flugzeug. Der „thermische Schutzgrad“ bezeichnet die Sicherheit gegen die Hitzeentwicklung, wenn in Folge des Absturzes brennendes Kerosin austritt. Die drei verschiedenen Schutzgrade stehen für den Aufprall verschieden großer Flugzeugtypen. So bezieht sich Schutzgrad 1 auf die Sicherheit gegen den Absturz einer kleinen Maschine des Typs Starfighter. Die Schutzgrade 2 und 3 bezeichnen den AKW-Schutz gegen Abstürze mittlerer und großer Verkehrsflugzeuge.

Kaum zuverlässige Daten für die Untersuchung

Zu Biblis A konnte die RSK keine zuverlässigen Daten erheben. Ausschließlich der thermische Schutzgrad 1, der Schutz gegen austretendes Kerosin eines Starfighters, konnte nachgewiesen werden. Gleiches gilt für Biblis B, wobei hier auch der mechanische Schutzgrad 1 gegeben sei, vollständig „belastbare Nachweise“ fehlten der RSK jedoch. Bei den weiteren Schutzgraden fehlten entweder zusätzliche Informationen oder die Schutzkriterien wurden nicht erfüllt.

Ein ähnliches Bild zeichnen die Untersuchungen der weiteren 15 Kernkraftwerke. Greenpeace schreibt dazu in einer Stellungnahme: Die „ältesten Atomkraftwerke Brunsbüttel, Unterweser, Biblis A und B, Phillipsburg 1, Neckarwestheim 1, Isar 1 und [der] Pannenreaktor Krümmel […] sind nach den Ergebnissen des RSK nicht gegen Flugzeugabstürze geschützt“. In der Folge fordert die Umweltorganisation die sofortige Abschaltung der Reaktoren.

Mittlerweile gilt als sicher, dass ein Teil der deutschen Atomkraftwerke nach Ablauf des AKW-Moratoriums keine weitere Betriebserlaubnis erhält. So geht auch Franz Untersteller (Bündis90/Die Grünen), der neue Umweltminister Baden Württembergs, davon aus, dass das Atomkraftwerk Phillipsburg 1 in Folge der RSK-Untersuchung vom Netz muss. Es habe erhebliche Sicherheitsmängel hinsichtlich Flugzeugabstürzen und Gasexplosionen im Reaktorinneren gezeigt. Erst im März kündigte EnBW zudem an, seinen Meiler Neckarwestheim I nicht mehr in Betrieb zu nehmen, da die Atomaufsicht hohe Nachrüstanforderungen für den Block aufgelegt hat. So würde sich die Zahl der Kernkraftwerke in Baden-Württemberg in diesem Jahr von vier auf zwei reduzieren.

Gesetzesbeschluss könnte Stilllegung vereinfachen

Weitere Kernkraftwerke könnten in Folge des Moratoriums vor dem endgültigen Aus stehen. Das einzig bestehende Problem könnten drohende Verfassungsklagen der AKW-Betreiber gegen eine vorgezogene Stilllegung ihrer Kraftwerke darstellen. Um dem vorzubeugen, schlägt Rainer Baake, Präsident der Deutschen Umwelthilfe vor, ein allgemeines Atomausstiegsgesetz zu formulieren. Darin würde eine Laufzeit von maximal 28 Jahren festgelegt, wodurch alle vom Moratorium betroffenen Kraftwerke abgeschaltet blieben. Der als Pannenreaktor verschriene Meiler Krümmel müsste dann 2012 vom Netz. Das letzte AKW, Neckarwestheim II, würde 2017 das Ende des deutschen Atomzeitalters besiegeln.

Zur Studie der Reaktorsicherheitskommission.

Zur Stellungnahme des Büros für Atomsicherheit im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe.

(Denny Gille )