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Carl Zöllner von Intilion: „Die größte Hürde ist die Dauer der Genehmigungs- und Anschlussverfahren“

Die Regelungen für den Betrieb von Speichern, primär in Deutschland, haben sich in den vergangenen Monaten verbessert. So ist es inzwischen möglich, auch Graustrom in den Speicher zu laden und ihn wieder ins Netz einzuspeisen. Wie hat sich diese Regelung auf die Nachfrage nach Speichern ausgewirkt?

Die Möglichkeit, auch Graustrom in Batteriespeicher zu laden und wieder ins Netz einzuspeisen, hat die Nachfrage nach Speichern spürbar belebt. Diese regulatorische Öffnung hat einen wichtigen Beitrag zur kurzfristigen Netzstabilisierung geleistet und gleichzeitig neue Geschäftsmodelle ermöglicht. Wir haben bereits mehrere Projekte umgesetzt, bei denen Batteriespeicher direkt an Umspannwerken errichtet wurden und zur Bereitstellung von Primär- und Sekundärregelleistung beitragen. Solche Anlagen leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes, sondern haben sich auch zu attraktiven Investitionsobjekten entwickelt. Durch ihre Fähigkeit, flexibel auf Preis- und Netzsignale zu reagieren, kombinieren sie technische Systemrelevanz mit wirtschaftlicher Rentabilität und sind damit ein zunehmend gefragtes Element im Energiemarkt.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit dem Speicher Netzentgelte zu reduzieren. Welche Möglichkeiten für gewerbliche Speicherbetreiber ergeben sich aus den Regelungen in Paragraph 14a EnWG?

Wir sehen hier durchaus Vorteile für kleinere Speicherlösungen, beispielsweise im gewerblichen Umfeld oder im Zusammenspiel mit Ladeinfrastruktur, da sie von reduzierten Netzentgelten profitieren können. Für größere Speicherprojekte und Industrieunternehmen mit hohem Stromverbrauch bietet Paragraph 14a EnWG hingegen aktuell keine nennenswerte Entlastung, da diese Anlagen in der Regel im Mittel- oder Hochspannungsnetz angeschlossen sind und nicht unter die geltenden Definitionen des Paragraphen fallen.

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Welche zusätzlichen regulatorischen Bremsen müssen noch gelöst werden, damit der Ausbau von Speichern schneller geht?

Die größte Hürde ist aktuell die Dauer der Genehmigungs- und Anschlussverfahren. Sowohl bei Netzanschlüssen als auch bei Baugenehmigungen sind die Verfahren zu langsam und zu bürokratisch. Wenn wir die Energiewende beschleunigen wollen, müssen hier klare Standardprozesse und kürzere Fristen eingeführt werden. Schnelligkeit ist der entscheidende Faktor für Investitionsentscheidungen und Projektumsetzungen.

Eine Hürde sind immer noch die Baukostenzuschüsse. Wie bedeutend sind diese für die Wirtschaftlichkeit eines Speicherprojekts?

Baukostenzuschüsse können die Wirtschaftlichkeit eines Speicherprojekts spürbar beeinträchtigen, insbesondere wenn sie auf Basis der Anschlussleistung erhoben werden. Gerade bei Großspeichern, die am Umspannwerk angeschlossen sind, entstehen dadurch hohe Zusatzkosten, die Investitionen bremsen können. Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, hier klare und faire Berechnungsgrundlagen zu schaffen oder Speicher als netzstabilisierende Infrastruktur zu bewerten, die von solchen Zuschüssen ausgenommen werden sollte.

Netzengpässe lösen

Für welche Art von Speichern gelten diese Baukostenzuschüsse?

In der Praxis betreffen Baukostenzuschüsse vor allem Speicher, die Strom aus dem Netz beziehen und damit als Verbraucher gelten. Das trifft typischerweise auf Stand-alone-Speicher zu, die Marktarbitrage betreiben. Mindestens Co-Location-Projekte mit Erneuerbaren, die überwiegend grünen Strom vor Ort speichern, sollten von solchen Zuschüssen befreit oder begünstigt werden, da sie Netzengpässe reduzieren und lokale Stabilität erhöhen.

Apropos Netz: Welche Hürden stehen beim Netzanschluss von Speichern im Wege und wie könnten diese überwunden werden?

In der Praxis sind die größten Herausforderungen beim Netzanschluss von Speichern die langen Bearbeitungszeiten, die begrenzten Netzkapazitäten und die komplexen Abstimmungsprozesse mit Netzbetreibern. Gerade im Bereich der Mittel- und Hochspannung sind technische Prüfungen und Genehmigungen zeitintensiv. Aus unserer Sicht muss eine enge Zusammenarbeit mit Netzbetreibern und der Einsatz standardisierter Anschluss- und Schutzkonzepte erfolgen. Um die Energiewende zu beschleunigen, braucht es aber auch vereinheitlichte Anschlussrichtlinien und digitale Genehmigungsprozesse.

Wie können die Netzstabilität und die Wirtschaftlichkeit von Speichern in Einklang gebracht werden?

Durch flexible Betriebsstrategien und den Ansatz des Revenue-Stackings (Erlöse aus verschiedenen Geschäftsmodellen, Anm. d. Red.) lassen sich sowohl Systemdienstleistungen wie Frequenzhaltung oder Redispatch als auch marktorientierte Erlöse realisieren. In Kombination mit Erneuerbare-Energien-Anlagen ermöglichen Speicher eine intelligente Nutzung bestehender Infrastruktur, reduzieren Netzbelastungen und schaffen gleichzeitig stabile Ertragsquellen für Betreiber.

Fast 10.000 Anträge für Netzanschluss von Großspeichern gestellt

Technologisch ist immer noch die Lithium-Ionen-Batterie führend. Wird es zeitnah andere Technologien geben, die mit weniger kritischen Materialien auskommen?

Die aktuell führende Lithium-Ionen-Technologie, vor allem die Lithium-Eisen-Phosphat-Technologie LFP, hat sich in den vergangenen Jahren bereits stark weiterentwickelt – insbesondere durch die Substitution kritischer Rohstoffe wie Nickel oder Kobalt. Derzeit ist LFP die zuverlässigste, leistungsfähigste und wirtschaftlichste Lösung für stationäre Speicheranwendungen. Gleichzeitig sollte der Markt offen für Zukunftstechnologien bleiben, die sich derzeit in der Entwicklung befinden.

Die Fragen stellte Sven Ullrich.

Im ersten Teil des Interviews mit Carl Zöllner lesen Sie, mit welchen Geschäftsmodellen die Speicher in unterschiedlichen Anwendungsfällen betrieben werden. Einen ausführlichen Bericht zur aktuellen Marktentwicklung im Speicherbereich lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN. Abonnenten finden den Beitrag auch online. Sie haben noch kein Abo? Dann können Sie hier reinschuppern.