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Franz-Josef Feilmeier von Fenecon: „Energieorientierte Anwendungen führen zu höheren Speicherkapazitäten“

Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Gewerbe-, Industrie- und Großspeichern?

Franz-Josef Feilmeier: Derzeit erleben wir in allen Großspeicherklassen einen Boom. Da das von einem bisher geringen Niveau ausgeht und in diesen Segmenten nur vergleichsweise wenige Anbieter aktiv sind, bzw. die System- und Energiemanagementanforderungen der Kunden erfüllen können, zeigt sich das in einer Vervielfachung des Absatzes und Umsatzes der relevanten Marktteilnehmer.

Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Bisher waren es neben Pilot- oder Förderprojekten häufig entweder dezidierte Großspeicher-Geschäftsmodelle wie Primärregelleistung oder dann sehr projektspezifische Anwendungen oder Anwendungskombinationen, die eine ausreichende Rendite für die Investoren ermöglichten. Entsprechend groß war der jeweilige Vertriebs- und Engineeringaufwand für die Projekte und das Marktsegment dadurch klein. Seit der Energiepreisentwicklung in diesem Jahr rechnen sich nunmehr auch Speicher in der Eigenverbrauchsoptimierung oder in Kombination mit Spotmarktpreisen, wie sie viele Industrieunternehmen ab Januar 2023 haben werden. Das hat bisher bereits im Mittelstand zu einer Investitionswelle geführt, die wir in 2023 auch in der Industrie erwarten. Vorübergehend könnte das durch die Strompreisbremse ausgebremst werden – wobei die meisten auch verstehen, dass diese nur vorübergehend greift.

Mit welchen Geschäftsmodellen werden die Speicher im Gewerbe und im Großanlagensegment betrieben?

Tatsächlich waren es bisher häufig die Vermeidung von Netzausbau oder das Kappen von Lastspitzen in bestehenden Konstellationen, also entsprechend eher leistungsorientierte Anwendungen. Mittlerweile stellen Systeme zur Eigenverbrauchsoptimierung und Energiemarktanbindung die Mehrzahl der Systeme dar. Diese energieorientierten Anwendungen führen zu tendenziell höheren Speicherkapazitäten.

Haben sich die Geschäftsmodelle aufgrund der Nachfrageentwicklung geändert?

Wir sehen, dass selbst die Speicher, die im ersten Schritt ‚lediglich‘ zur Eigenverbrauchsoptimierung oder ähnlich einfachen Aufgaben eingesetzt werden, später weitere Aufgaben übernehmen und in eine Anwendungskombination inklusive Lastspitzenkappung oder intelligentem Spotmarktbezug weiterentwickelt werden. Daher scheint das Gewerbespeichersegment jetzt zwar größer und einfacher – de facto steigt aber mit der notwendigen Erweiterungsfähigkeit sogar die Komplexität und die Anforderung an das Energiemanagement an.

Wer sind die Kunden, die Gewerbespeicher nachfragen und wer finanziert hauptsächlich die Großspeicheranlagen?

Landwirte waren immer schon eine relevante Zielgruppe, die in der Entscheidungsfreudigkeit ähnlich dem Privatkundensegment ist. Das Segment ist weiterhin relevant und steigt deutlich an, häufig auch mit Notstromanforderung. Gewerbebetriebe nehmen an Relevanz derzeit massiv zu, wobei hier erfolgreiche Referenzen und die Weiterentwicklungsfähigkeit der Systeme entscheidende Kaufargumente sind. Mieterstromprojekte sind weiterhin die absolute Ausnahme und für den Gewerbespeichermarkt nicht relevant, da nur wenige Projekte umgesetzt werden und die häufig dann auch keine oder nur größere Heimspeichersysteme beinhalten.

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Wie sieht es mit der Finanzierung von Speicherprojekten aus?

Neben den klassischen Fremdkapitalfinanzierungen von PV-Speicher-Kombinationen im Neuanlagenbau spielt speziell in der Speichernachrüstung beziehungsweise dem eigenständigen Einsatz von Speichern auch Leasing eine wachsende Rolle. Häufig hängt das mit einem kürzeren überschaubaren Zeitraum zusammen, in dem der Speicher gebraucht wird. Beispielsweise können Speicher zur Vermeidung von Netzausbau, zur Lastspitzenkappung oder teilweise auch zur Eigenverbrauchssteigerungs vom Betreiber nur für wenige Jahre im Voraus in Leistung, Kapazität und Anwendungen verlässlich geplant werden. Da bieten sich Leasingmodelle mit einer Rückgabeoption oder die Speichermiete an.

Sie haben ja schon ein solches Angebot im Portfolio. Wie entwickelt sich im Bereich der Mietspeicher die Nachfrage?

Da auch hier die Nachfrage insgesamt stark zunimmt, fokussieren wir uns derzeit auf Vermietungen von mehr als einem Jahr und müssen das eigentlich ebenfalls spannende Feld der Kurzfristvermietung weitgehend unbearbeitet lassen. Speziell in den nicht so langfristig planbaren Anwendungen zur Vermeidung von Netzausbau, zur Lastspitzenkappung oder für Ladeparks sind diese sehr gefragt. Aber auch in der Industrie ist das Modell dank der Einfachheit sehr gefragt. Schließlich braucht der Gewerbetreibende keine Investition, keine Finanzierung und er hat keine Abschreibung. Denn für die gewünschte Anwendung werden nur noch monatliche Raten fällig. Alle weiteren Aufgaben liegen beim Vermieter. So hat der Kunde auch keinen Aufwand für Service und Wartung und muss sich nicht ums Recycling kümmern. Auch behält er sich so die Möglichkeit, jederzeit auf eine andere Speicherleistung oder Speicherkapazität zu wechseln.

Wer sind die Nutzer solcher Mietspeicher?

Beispielsweise Industriegebäude oder Ladeparks, die die Wartedauer auf den Netzanschluss beziehungsweise Netzausbau aufgrund langer Trafolieferzeiten überbrücken. Es sind aber auch Industriebetriebe mit saisonaler Lastspitze im Sommer oder im Winter, Industriebetriebe die ausprobieren und Geschäftsmodelle evaluieren wollen bis hin zu Forschungsprojekten.

Die Fragen stellte Sven Ullrich

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