Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Franz-Josef Feilmeier von Fenecon: „Speicherbetreiber legen künftig Wert auf zeitvariable Tarife“

Fenecon hat sich bei der technologischen Entwicklung unter anderem auf das Energiemanagement von Speichern konzentriert. Da geht es unter anderem um zeitvariable Stromtarife. Was ist dabei der Vorteil?

Das sehen wir nicht nur als nettes Add-On. Im Gegenteil. Für uns ist das 20-jährige Lleben eines Gewerbe- und Industriespeichers, ohne hier auch zeitvariable Stromtarife sehr aktiv einzubinden, nicht vorstellbar. Es ist damit absolute Notwendigkeit für die überwiegende Einsatzzeit des Speichers. Selbst wenn der Betreiber derzeit noch keine Spotmarkttarife nutzt, muss das einfach aktivierbar und parametrierbar sein. Der Speicher muss auch in Zyklenfestigkeit, Garantiebedingungen und so weiter diese Anwendung ermöglichen. Die Ausprägung ist optimal, wenn man den Speicher zu günstigen Viertelstunden- oder Stundentarifen aus dem Netz beladen kann, was derzeit jedoch nur bei EEG-freien Anlagen möglich ist. Diese gibt es im Gewerbe aber durchaus häufiger als im Privatsegment. Dann lassen sich mittlerweile Amortisationszeiten von unter vier Jahren erreichen. Bei EEG-gekoppelten Anlagen kann dann zumindest der Entladezeitraum über Erzeugungs- und Verbrauchsprognosen gesteuert und auf die teuren Zeiträume gelegt werden. Auch das erzielt in diesen Fällen häufig bereits hohe Einnahmen.

Für wen werden solche Funktionen relevant sein?

Die Fähigkeit eines Speichers, mit seinem Energiemanagement eine Vielzahl von – auch zukünftigen – Erzeugern und Verbrauchern steuernd einzubinden, sich mit anderen Speichern zu einem gemeinsamen Cluster verbinden zu können und die verschiedenen Ausprägungen des Energiemanagementsystems nicht über Programmierung, sondern über ein offenes Betriebssystem mit Apps darzustellen, ist vor allem im Gewerbe- und Industriespeichersegment sehr wichtig. Wie teilweise auch im Heimspeichersegment sehen wir hier bereits Anlagen, die diese Zukunftsfähigkeit nicht mitbringen und daher schon vorzeitig nach wenigen Jahren aussortiert und ersetzt werden.

Wie wichtig werden zeitvariable Stromtarife in Zukunft für den Speicherbetrieb?

Wir denken das immer nicht aus der Gegenwart und einer irgendwie gearteten linearen Weiterentwicklung heraus. Wichtig ist hier, sich in die zukünftige Entscheidungssituation hineinzuversetzen. Und diese wird beispielsweise im Jahr 2030 so aussehen, dass eine Photovoltaikleistung von 215 Gigawatt in Deutschland auf eine Verbrauchskurve von 60 bis 80 Gigawatt trifft. Je nach Energiemarktdesign wird Strom also zu mehreren tausend Stunden pro Jahr praktisch nichts kosten. Ebenso klar wird es sein, dass Strom vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang dann aus anderen, teuren Kraftwerken erzeugt werden muss, die sich über weniger Betriebsstunden im Jahr amortisieren müssen als bisher. Strom wird also in diesen Zeiten sehr teuer sein. Ähnliches gilt für Windstrom mit Winterschwerpunkt. In dieser zukünftigen Entscheidungssituation wird jeder Speicherbetreiber – allen voran diejenigen ohne eigene oder ausreichend große Photovoltaikanlage – einen großen Wert auf die Fähigkeit von Speichern und Energiemanagmentsystemen zur Nutzung zeitvariabler Tarife legen. Wir können uns also keinen Speicher vorstellen, der 2030 – und schon gar nicht 2035 oder 2040 – noch ohne Einbindung eines zeitvariablen Stromtarifs betrieben wird. Ebenso wird kaum ein Speicher dann noch die gleiche Leistung und Kapazität wie zum Installationszeitpunkt haben. Eine Erweiterbarkeit über Batterieerweiterung oder Clusterung ist also ebenso wichtig.

Ein anderes Thema ist die unterbrechungsfreie Stromversorgung oder Ersatzstrom für die Gewerbekunden, die sich für einen Speicher entscheiden. Wieso ist das so wichtig geworden, wo doch unsere Netze sehr stabil sind?

Früher versuchte man, ähnlich wie im Privatkundensegment, Notstromfähigkeit mit den Hauptanwendungen Eigenverbrauch, Lastspitzenkappung oder Ähnlichem zu kombinieren. Diese bringt im Gewerbeumfeld nur als Fähigkeit zur unterbrechungsfreien Stromversorgung – USV- einen wirklichen Mehrwert. Diese muss dann aber auch Schieflasten, Anlaufströme und Blindleistungen beachten. Dann kostet das aber so viel im Wirkungsgrad und Standby-Verlust, dass das heute in Kombination kaum mehr gemacht wird.

Sondern?

Die meistverkaufen Gewerbespeicher aus der Serienproduktion sind auf Effizienz optimiert und bestehen daher auch aus mehreren unabhängigen und hocheffizienten Wechselrichter-Batterie-Einheiten, die nur im Bedarfsfall zur Be- und Entladung zugeschaltet werden. Teillasten werden also nicht ineffizient über eine große oder mehrere gleichzeitig laufende kleine Anlagen gefahren, sondern das Energiemanagement verteilt diese auf wenige Anlagen mit dann hoher Last. Das ist die sogenannte Rotating-Node-Operation.

Wollen Sie über die Energiewende auf dem Laufenden bleiben? Dann abonnieren Sie einfach den kostenlosen Newsletter von ERNEUERBARE ENERGIEN – dem größten verbandsunabhängigen Magazin für erneuerbare Energien in Deutschland!

Wie muss ich mir das vorstellen?

Vielleicht an einem Beispiel. Ein Notstrom- und USV-fähiges System für einen Industriebetrieb müsste wegen Anlaufströmen beispielsweise eine Leistung von einem Megawatt haben. Diese muss dann ein Zentralwechselrichter erbringen. Meistens werden aber nur Be- und Entladeleistungen von beispielsweise 50 bis 200 Kilowatt gefahren. Das wäre extrem schlechte Teillast. Dennoch würde das System immer laufen, viel Strom verbrauchen, schlechte Wirkungsgrade erreichen und sehr viele Betriebsstunden sammeln.

Was ist also die Alternative?

In einem dezentralen Ansatz wie unserem würde gegebenenfalls schon eine geringere Leistung reichen. In jedem Fall würde aber für beispielsweise 50 oder 200 Kilowatt nur ein Teil der jeweils 92 Kilowatt leistenden Wechselrichter laufen, diese dafür aber im optimalen Wirkungsgradbereich. Die anderen Wechselrichter-Batterie-Einheiten werden bei dieser Teillast nicht betrieben und verbrauchen keinen Strom und sammeln keine Betriebsstunden. Nur wenn die volle Leistung wirklich gebraucht wird, werden Notstrom- oder USV-Lösungen dann entweder unter Einbindung von Anlagenteilen oder komplett separat vom Hauptspeicher und nur auf einzelne Verbraucher, Steuergeräte oder Unterverteilungen ausgerichtet.

Fenecon hat auch sogenannte Second-Use-Speicher im Portfolio. Wie entwickelt sich hier die Nachfrage und die Akzeptanz durch die Kunden?

Derzeit bietet uns der Markt an Elektrofahrzeugbatterien eine große Auswahl und Menge an Batterien, von denen wir aktuell nur komplett neue Überschussmengen oder sehr junge gebrauchte Batterien einsetzen. Dafür geben wir entsprechend ein Garantiesetting, das anderen Neubatterien entspricht. Insofern haben die Anwender dadurch keinen Nachteil und keine Akzeptanzprobleme. Mit unseren Preisen können wir den Wettbewerb dennoch deutlich unterbieten und Großspeicher in der Anwendung attraktiv machen. Wichtig ist hier auch unser Plattformansatz, in dem die Batterie als austauschbares Gut einfließt. Sollte also später, bei tatsächlichen Second-Life-Speichern die Batterie ihr Lebensende erreichen, würde nur diese ausgetauscht. Alle anderen Anlagenkomponenten werden weiter genutzt.

Die Sicherheit ist bei der Nutzung von gebrauchten Speichern immer eine relevante Frage. Wie stellen Sie sicher, dass die Speicherpacks aus den Autobatterien tatsächlich noch funktionieren – werden diese vorher analysiert?

Diese Frage wäre dann eher auch bei wirklich gealterten und gebrauchten – eigentlich auch wiederum nur bei verunfallten – Batterien relevant. Bei den Neubatterien wäre das eigentlich nicht notwendig. Dennoch führen wir hier – auch, um die Prozesse zu etablieren – entsprechende Kapazitäts- und Sicherheitstests durch. Durch die integrierten Kühl-, Batteriemanagementsystem- und Sicherheitsarchitekturen in den Elektrofahrzeugbatteriepacks übertreffen diese den Standard für stationäre Batterien natürlich deutlich und können so zusätzliche Sicherheit für die Betreiber bieten. Die vielfältigen Zertifikate und Sicherheitsstandards der Fahrzeugbatterien erleichtern auch Genehmigungen deutlich.

Die Fragen stellte Sven Ullrich