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Investment

Ist Offshore-Windenergie in Deutschland für Investoren attraktiv?

Die Deutschen haben Billionen Euro auf den Sparbüchern geparkt. Dort gelten sie als sicher. Doch die Sparkassen- und Giroverbände müssen zum Teil für die Milliardenschulden der öffentlichen Landesbanken gerade stehen und können das nur wegen des geldwerten Vertrauens der Bevölkerung. Die Sparkassen sind nicht selten auch Eigentümer der lokalen Krankenhäuser und anderer kommunaler Einrichtungen, denn sie haben einen öffentlichen Auftrag. Den lassen sie sich allerdings durch ihre teils horrenden Bankgebühren finanzieren.

Es gibt also viele Argumente, wenn man den Sparern an ihr Geld will. Sei es, um neue Firmen privat zu finanzieren oder um mehr Geld in den Umlauf zu bringen. Denn Geld, dass jahrelang in den Tresoren der Sparkassen liegt, kann niemand Anderem Gebühren, Administrationsauslagen und nicht zuletzt Provisionen finanzieren. Im Siegeszug der Erneuerbaren Energien kommen nun wieder ähnliche Glücksritter auf den Plan wie wir sie seinerzeit bei den Bauherrenmodelle erlebten. Sie bieten zahllose Investments an, die diesmal sogar in einer Art und Weise dem Guten und Reinen im Menschen dienen, dass er sich sorglos in seinen Porsche Cayenne setzen kann. Denn die Windenergieanlagen und Solarparks, die er oder sie finanziert, schützen ja die Natur. Ein neues Zauberwort führen diese Ritter gern im Mund: offshore.

Denn beispielsweise die Offshore-Windenergie soll gemäß den Plänen der Bundesregierung eine tragende Säule für die Neuausrichtung der Energieerzeugung auf erneuerbare Energieträger sein. Bis 2020 ist daher ein Anstieg auf 10 GW vorgesehen, eine gigantische Größenordnung, die einer Installation von etwa 2.000 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 5 Megawatt (MW) entspricht. Zur Erinnerung: Deutschland hat noch immer keinen einzigen Hafen, der auch nur ansatzweise die Gegebenheiten bietet, um zumindest einen Windpark von hier aus kostengünstig zu bestücken. In Cuxhaven könnte die Cuxport GmbH eine erste Anlaufstelle werden. Außerdem ist die Küste vor Deutschland extrem befahren von der internationalen Seeschifffahrt. Wir müssen also in fremden Gewässern wildern. Die KPMG-Studie "Offshore-Windparks in Europa – Marktstudie 2010", die in Kooperation mit der Stiftung Offshore-Windenergie erstellt wurde, sieht diese Ausbauziele unter den derzeitigen Rahmenbedingungen in Deutschland gefährdet.

Im Moment entspricht die dort ermittelte Rendite für Offshore-Windparks (nach Steuern) – basierend auf Daten für sieben deutsche Offshore-Projekte – "nur" dem Niveau von Onshore-Windparks. Aber vor dem Hintergrund der deutlich größeren Risiken und den geringen Erfahrungen mit der noch jungen Offshore-Windtechnologie erscheint diese Rendite für Investoren daher eigentlich wenig attraktiv. Getriebeprobleme und andere Ursachen für einen deutlich höheren Wartungszyklen, die zudem auch noch kostenintensiver sind, sowie der deutlich höhere Verschleiß könnten an den Renditen nagen. Die enorme Windpower muss man erst einmal in die Netz bekommen.

Zusätzlich zu diesen extremen Bedingungen besteht auch noch ein erheblicher Druck, wenn man auf die 20 Gigawatt schaut: Die Autoren der Studie sehen in der Europäischen Union bis 2020 einen erheblicher Kapitalbedarf von bis zu 140 Milliarden Euro für den Ausbau der Offshore-Windenergie. Eine Größe, die die finanziellen Möglichkeiten von Energieversorgungsunternehmen und den bisher in der Offshore-Windenergie engagierten Banken übersteigt. In der Folge herrscht in Europa ein erheblicher Wettbewerb zwischen den Offshore-Windmärkten um Kapital. Ein sehr gute Ausgangsposition für besagte Glücksritter. Es sei denn, die Rahmenbedingungen würden auf politischer Ebene klar strukturiert und vor allem priorisiert. Die Diskussion um die Laufzeitverlängerung und die anschließende Duldungsstarre, bis die höchsten Gerichte entschieden haben, kosten dieses Land möglicherweise den Anschluß an das neue Zeitalter. Die kommunalen Energieversorger schlagen schon jetzt Alarm. Und unsere Nachbarn?

In Großbritannien wurde die sich abzeichnende Entwicklung früh erkannt und mit umfangreichen Anpassungen des Fördersystems ein rascher Ausbau der Offshore-Windenergie erreicht. Konsequenterweise ist Großbritannien inzwischen mit 1 GW installierter Leistung bei der Offshore-Windenergie zum Weltmarktführer aufgestiegen. Da unter den britischen Rahmenbedingungen höhere Renditen erzielt werden können als in Deutschland, könnte die weitere Projektpipeline von 48 GW auf lange Zeit das verfügbare Kapital in Europa binden, so die Studie. Deutschland riskiert damit die ökonomischen und ökologischen Potenziale der Offshore-Windenergie zu verpassen.

Sollten es die Glücksritter tatsächlich gut meinen, müssten sie jetzt den Himmel und die Hölle der Lobbyarbeit in Bewegung setzen, um politischen Einfluß zu dokumentieren. Dann könnte genau das Vertrauen entstehen, dass sie brauchen, um an die Billionen der Sparer zu kommen. Und dann können auch die vielen Sparfüchse guten Gewissens sagen, dass sie einen Teil zur nachhaltigen Zukunft unseres Landes beigetragen haben. Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend sein. Ob das 5-Milliarden-Sonderprogramm der KfW für die ersten 10 Offshore-Windparks Entscheidendes zu einer Vereinfachung bzw. Optimierung der Projektierung beitragen können, ist aus Sicht der Beteiligten nicht in jedem Fall zu bejahen, denn neben dem Geld müssen noch andere Probleme bei der Realisierung gelöst werden: bisher sind schon 1.300 Anlagen genehmigt, Installation und technische Schwierigkeiten und nicht zuletzt das kaum gelöste Problem des unzureichenden Netzausbaus in Norddeutschland. „Neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürfen aber auch die operativen Rahmenbedingungen nicht unterschätzt werden. Neue technisch und ökologisch induzierte Genehmigungsauflagen können die Projekte zeitlich und wirtschaftlich stark belasten und damit deren Umsetzung gefährden. Hier gilt es alle Belange der Offshore-Windindustrie mit Augenmaß zu berücksichtigen“, so Dr. Jörg Buddenberg, Leiter Energie- und Umwelttechnik bei der EWE Energie AG und designierter Sprecher der Offshore-Windparkbetreiber innerhalb der Stiftung. Es gibt viel zu tun, packen wir es? Die Alternative wären Millionen kleiner, zum Beispiel vertikaler Windenergieanlagen auf jedem Einfamilienhaus, BHKWs und eine "Durchseuchung" von Kollektoren und Photovoltaik. Aber die haben wohl keine Lobby. Vor allem macht eine dezentrale Versorgung niemanden gigantisch reich. Daher entwickelt sich in diese Richtung auch kein politischer Wille, wie auch die vielen rührigen Energieversorger aktuell entnervt festellen. (jw/pi)