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Speichermarkt

„Unser Geschäftsmodell heißt Unabhängigkeit.“

Im vergangenen Jahr ist der Speichermarkt nahezu linear gewachsen. Können wir in diesem Jahr ein schnelleres Wachstum erwarten – schließlich sind die Themen Klimaschutz und Energiewende stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt?

E3/DC konnte 2019 ein Wachstum von mehr als 60 Prozent verzeichnen. Dabei spielt sicher auch die höhere Aufmerksamkeit für die Themen Energiewende und Klimaschutz eine Rolle. Der wichtigere Punkt ist aus unserer Sicht jedoch der Wunsch der Kunden, sich von steigenden Energiekosten – nicht nur beim Strom – unabhängig zu machen. Wichtige Marktimpulse für die auf Sektorenkopplung ausgelegten Hauskraftwerke von E3/DC entstehen durch den höheren Marktanteil der Wärmepumpe im Neubau und durch die Elektromobilität.

Welches Interesse nehmen Sie seitens des Gewerbes und vor allem der Landwirtschaftsbetriebe inzwischen wahr – steigt da die Nachfrage nach Speichersystemen?

Die Gewerbespeicher sind ein stark wachsender Markt, denn bei den hohen Strompreisen ist auch hier das Interesse groß, Netzbezug immer stärker durch Eigenenergie zu ersetzen. Für die Landwirtschaft gilt das in besonderem Maße. Hier hat einer unserer Fachpartner 2019 sogar ein herausragendes Projekt mit Nulleinspeisung realisiert. Auch die Notstromversorgung ist im Gewerbe ein wichtiges Thema, vor allem bei Betrieben, denen bei Stromausfall schnell größere wirtschaftliche Schäden drohen.

Sie haben in diesem Jahr den neuen Speicher S10E PRO vorgestellt. Das Hauskraftwerk hat mehr Eigenverbrauch im Blick. Wie wirken sich denn solche Innovationen auf die Nachfrage nach Speichern aus?

Beim Hauskraftwerk geht es seit jeher nicht um die Eigenverbrauchsquote, also den selbst verbrauchten Anteil am erzeugten Solarstrom, sondern um die möglichst hohe Autarkie oder Eigenversorgung, also den Deckungsgrad des Bedarfs durch Solarstrom. Nun ist klar, dass mit der Sektorenkopplung der Strombedarf deutlich ansteigt. Photovoltaikanlagen müssen daher größer ausgelegt und Speicher passend dimensioniert werden. Auch die Lade- und Entladeleistung ist entscheidend, und hier haben wir mit dem S10 E PRO einen großen Schritt gemacht: Dieses Hauskraftwerk lädt und entlädt im Dauerbetrieb mit bis zu neun Kilowatt, im Peak mit bis zu zwölf Kilowatt. Die Kapazität beträgt maximal 39 Kilowattstunden. Im Zusammenspiel mit einer großen Photovoltaikanlage ist der Speicher auch effektiv für die Mobilität einsetzbar, das Elektroauto kann abends und in der Nacht geladen werden.. Die Nachfrage ist sehr hoch, allerdings gilt das für alle Hauskraftwerke, die nach dem individuellen Bedarf des Kunden konfiguriert werden.

Mit welchen Geschäftsmodellen jenseits des Eigenverbrauchs können Sie im Vertrieb von Systemen punkten?

Das Geschäftsmodell von E3/DC heißt Unabhängigkeit. Unsere Kunden erreichen je nach Anlagenkonfiguration Autarkiewerte von bis zu 85 Prozent über das gesamte Jahr. Ein wichtiger Aspekt der Unabhängigkeit ist aber auch die echte dreiphasige Ersatzstromversorgung durch das Hauskraftwerk, die vielen Kunden sehr wichtig ist.

Die Kritik an eigenverbrauchsgetriebenen Märkten vor allem, dass dadurch die Solaranlagen kleiner ausgelegt werden als es die Dachflächen hergeben, wir aber für die Energiewende alle möglichen Dachflächen brauchen. Wie gehen Sie im Vertrieb mit solchen Hinweisen um?

Wir machen deutlich, dass das Ziel einer hohen Autarkie eine große Erzeugungsleistung verlangt, auch wenn es dabei in den Sommermonaten Überschüsse gibt. Eine auf möglichst hohen Eigenverbrauch ausgelegte Anlage ist hingegen kontraproduktiv, denn in den weniger sonnenreichen Monaten wird sie nur marginale Beiträge zur Eigenversorgung liefern können. An wirksame Sektorenkopplung ist mit einer auf maximalen Eigenverbrauch ausgelegten Anlage gar nicht zu denken.

Mit welchen Rahmenbedingungen gelingt der schnellere Ausbau von Speicherkapazitäten, um die Energiewende voran zu bringen?

Im Bereich der Heim- und Gewerbespeicher ist die Aufhebung des 52-Gigawatt-Deckels sicher positiv, denn die Einspeisevergütung kann weiter zur Wirtschaftlichkeit der Projekte beitragen. Der Verzicht auf die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch würde den Ausbau von Photovoltaik und Speichern sicher vereinfachen. Grundsätzlich würden wir auch eine Diskussion über ein Betriebsmodell bei privaten Anlagen begrüßen, bei dem auf den Unternehmerstatus und finanzielle Erlöse verzichtet werden kann. Man stelle sich vor, private Solarstromerzeuger könnten ein Meteringmodell nutzen und über den örtlichen Netzbetreiber ihre Überschüsse zeitversetzt gegen Strombezug tauschen, vielleicht zunächst im Verhältnis von drei zu eins. Das wäre unbürokratisch, einfach und klar – und würde dem Photovoltaik- und Speichermarkt noch mehr Auftrieb geben.

Der Fachkräftemangel droht zum Flaschenhals beim Zubau von Solaranlagen und Speichern zu werden. Welche Möglichkeiten sehen Sie als Unternehmen, diesen Engpass zu beseitigen und welche Weiterbildungsangebote machen Sie?

Der Fachkräftemangel im Handwerk bleibt unverändert ein Hemmnis, denn die wachsende Nachfrage kann von den Betrieben kaum befriedigt werden. Den Mangel an Elektrofachkräften können wir nicht direkt beeinflussen, aber wir bieten regelmäßig Vertriebs- und Installationsschulungen für bestehende und neue Vertriebspartner an, um unser Netzwerk auszubauen.

Mit welcher Entwicklung der Preise für die Batteriezellen rechnen Sie in den nächsten Monaten?

Die Batterien werden zwar kontinuierlich besser – aber aktuell nicht spürbar preiswerter. Nachfragebedingt sind alle Batteriefabriken komplett ausgelastet. Die Preise können fallen, wenn Elektroautos wirklich in großen Stückzahlen auf die Straße kommen und die Automobilhersteller mit dem Thema Second Life sowie der Zweitverwertung beginnen. Das wird aber nicht vor 2025 der Fall sein.

Tesla wird eine Gigafactory vor den Toren Berlins bauen. Wie wird sich das auf den europäischen Speichermarkt und auf Ihre Geschäftsmodelle auswirken?

Wenn das Werk realisiert ist, wird es zur Verbreitung der Elektromobilität beitragen, vielleicht durch die Signalwirkung dieser Investition auch schon vorher. Und mit der Elektromobilität steigt die Nachfrage nach durchdachten Systemlösungen für Wohngebäude, also nach großen Photovoltaikanlagen mit intelligenten Leistungsspeichern und kommunikationsfähigen Wallboxen. Das ist für E3/DC die Situation, auf die wir technologisch konsequent hingearbeitet haben.

Tesla ist nicht das einzige Unternehmen, das eine Gigafactory aufbauen will, um Skalierungseffekte zu nutzen und die Preise zu senken. Die Pläne der Bundesregierung gehen dahin, eine Batteriezellenfertigung in Deutschland zu etablieren. Wie sinnvoll ist es, aus Ihrer Sicht, eine solche Fertigung hier aufzubauen?

Wenn das Ziel ist, den Vorsprung asiatischer Hersteller in der etablierten Technologie aufzuholen, dann gibt es wohl wenig Aussicht auf Erfolg. Wenn es durch die Initiative gelingen würde, neuartige Zellkonzepte mit alternativen, preisgünstigeren oder besser verfügbaren Materialien zu entwickeln und zu industrialisieren, dann sähe es anders aus.

Welche technologischen Weiterentwicklungen haben Sie derzeit im Blick?

Die Entwicklung der Batteriemodule zielt auf eine weitere Verbesserung der Energiedichte und der C-Rate, also der möglichen Lade- und Entladeströme. Batterien sollen kompakter und leistungsfähiger werden, auch hier gibt die Automobiltechnik die Richtung vor. Wichtige Entwicklungen bei E3/DC betreffen Speichersysteme mit Hochvoltbatterien und das bidirektionale Laden, mit dem der Energieaustausch zwischen Speichersystem und Elektrofahrzeug möglich wird.

Derzeit ist die Lithiumionen-Batterie die vorherrschende Technologie. Wird sie das auch in den nächsten Jahren bleiben?

Die Lithium-Ionen-Batterie ist im Automobil ohne Alternative, denn keine anwendungsreife Technologie bietet eine vergleichbare Energiedichte und Leistungsfähigkeit in einer Bauform, die zum Elektroauto passt. Zugleich findet in diesem Bereich eine weitere Industrialisierung im großen Maßstab statt. Daher wird die Lithium-Ionen-Batterie auch für den stationären Bereich die erste Wahl bleiben. Alternativen wie Redox-Flow- oder Salzwasserbatterien spielen im Markt keine nennenswerte Rolle.

Die Fragen stellte Sven Ullrich