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Wasserstoff oder E-Mobilität als Fortbewegungsmittel der Zukunft

Oliver Ristau

Für Wasserstoff war 2019 ein gutes Jahr, zumindest was den Erfolg in der Öffentlichkeit betrifft. Eine Reihe von Wasser­stoff-Projekten der Industrie sollen als Reallabore die Energiewende voranbringen. Der Bundeswirtschaftsminister kündigte an, dass Deutschland die Nummer eins beim Wasserstoff werden will. Und auch am Aktienmarkt waren kaum Titel erfolgreicher als solche, die mit Brennstoff­zellen und Wasserstoff hantierten.

Doch für Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbands (DWV), ist das nur eine Seite der Medaille. „Es fehlt nach wie vor ein verlässlicher Rechtsrahmen, damit Wasserstoff wirtschaftlich produziert und eingesetzt werden kann“, sagt er. „Die deutsche Politik muss im nächsten Jahr einen Marktrahmen setzen. Sonst ist Schluss mit der Idee, aus Deutschland einen führenden Wasserstoffstandort zu machen.“

So müssten die Weichen gestellt werden, um in Deutschland Elektrolyse-Kapazitäten in Höhe von mindestens fünf bis zehn Gigawatt (GW) bis 2030 aufzubauen. Nur in großen Anlagen von mehreren hundert Megawatt Leistung kann grüner Wasserstoff wettbewerbsfähig produziert werden, wie das Öko-Institut und die Denkfabrik Agora Energie­wende in Studien zeigen.

Auch weil der grüne Strom aus dem Netz dafür mit allen Abgaben belastet ist, sei die Wirtschaftlichkeit noch weit entfernt. „Das muss in 2020 anders werden“, fordert Diwald. Dabei gehe es um eine sozialverträgliche Lösung zur Befreiung von Abgaben wie der EEG-Umlage auf den Elektrolyseur-Strom. Auch bei den Netzentgelten müsse eine Entlastung kommen, wie sie auch für Stromspeicher gelte.

Die Politik müsse außerdem die Erneuerbare-­Energien-Richtlinie RED II endlich in deutsches Recht umsetzen. Dabei geht es unter anderem um die Festsetzung von Quoten für Kraftstoffe aus regenerativen Energien „Wir brauchen ambitionierte Quoten für Wasserstoff und E-Fuels“, so Diwald. „Das ist für die Industrie elementar.“

Import von grünem Wasserstoff regeln

Die Chancen sind da, auch weil Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Zusammen mit der neuen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen könnte die Bundes­regierung dort auch den künftigen Import von grünem Wasserstoff regeln.

„Wir brauchen neben der heimischen Indus­trie Importe, um uns unabhängig von importierten fossilen Energien machen zu können“, so Werner Diwald. Er sieht im Pipeline-Export von grünem Wasserstoff etwa aus marokkanischem Solarstrom für die Erzeugerländer eine attraktive wirtschaftliche Option.

Brennstoffzellen können nicht nur Wasserstoff in Strom umwandeln. Brennstoffzellen-­Heizungen nutzen Methan. „Die Klimadebatte, das neue Klimaschutzgesetz und das geplante Verbot neuer Ölheizungen ab 2026 werden unserer Einschätzung nach dafür sorgen, dass Modernisierer bereits jetzt verstärkt auf Brennstoffzellenheizungen sowie Wärmepumpen setzen“, sagt Jan Meyer, Leiter Geschäftsentwicklung Wärme bei Eon. Die Düsseldorfer waren Ende 2019 eine Kooperation mit dem US-amerikanischen Brennstoffzellenproduzenten Fuelcell Energy eingegangen.

Durch den Einsatz der Brennstoffzellenheizung könnten Eigenheimbesitzer die CO2-Emissionen um bis zu 50 Prozent und ihre Energiekosten um bis zu 40 Prozent im Vergleich zu konventionellem Strombezug und Wärmeerzeugung reduzieren. Die Förderungen von bis zu 11.100 Euro pro Heizung sollen weitergeführt werden.

In Privathäusern werden außerdem Stromspeicher eine immer stärkere Verbreitung finden. „Wir rechen damit, Anfang 2020 den 200.000 Haushaltsspeicher beglückwünschen zu können“, blickt Urban Windelen, Geschäftsführer des Bundes­verbands Energiespeicher (BVE), voraus. „Das ist mittlerweile ein Massenmarkt. 2019 werden in Deutschland 55.000 bis 60.000 neue Systeme installiert worden sein.“ Das Wachstum verschiebe sich aber immer mehr in Richtung von Industrie- und Gewerbespeicher in der Größenordnung 30 Kilowatt (kW) bis 1,5 Megawatt (MW). „Solche Speicher sind kein Massenprodukt. Sie werden auf die Bedürfnisse der Verbraucher zugeschnitten“, so Windelen. Die Dynamik komme daher, dass sich viele Betriebe und Firmen unabhängiger vom Netzbezug machen wollten. Das werde 2020 ein großes Thema. „Dieser Bereich ist die zentrale treibende Kraft im Batteriegeschäft: Firmen mit eigener PV-Anlage, die Eigenversorgung und Spitzenlastkappung mit einer eigenen Lade­infrastruktur für E-Mobile verbinden.“

Auch für die Elektromobilität ist 2020 ein entscheidendes Jahr. „Der ID3 von Volkswagen wird die Nagelprobe“, schätzt Windelen. Der Autokonzern aus Wolfsburg will im neuen Jahr das erste vollelektrische Fahrzeug in Großserie auf den Markt bringen. Wie Absatz und Produktion tatsächlich verlaufen, sei die spannende Frage. „Oder ob es Probleme und Verzögerungen gibt.“ Die Batterieindustrie jedenfalls bereite sich auf das Wachstum der Elektromobilität vor.

Neue Batteriefabriken weltweit

„Weltweit werden hohe Batteriezellen-Kapazitäten zugebaut“, erläutert der Batterieverbandschef. „Es gibt neue Fabriken in Tschechien, in Polen, in Asien.“ Aber es komme auf die Qualität an. Die Zellchemie sei nicht trivial: Batterien für statio­näre Speicher brauchten andere Parameter als solche für die Mobilität. Das werde immer wieder unterschätzt. „Es gibt noch einiges an technischer Entwicklung. Deshalb werden auch die Preise nicht rapide fallen.“ Es könne sogar zu Engpässen kommen, auch für stationäre Anwendungen. „Ein Autobauer mag wegen der Stückzahlen ein attraktiverer Abnehmer sein als ein regionaler Speicheranbieter“, schätzt Windelen.

Der Markt für Großspeicher zum Ausgleich von Netzschwankungen sei dagegen gesättigt. „Hier kommt nichts mehr hinzu. Der Preise am Strommarkt sind dafür nicht attraktiv“, so Windelen. Ganz anderes in der Mobilität: 2020 könnte Aufschluss darüber geben, wer das Rennen machen wird.

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