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Klimaschutz

5 Klimasünden der großen Koalition

Katharina Wolf

Nach der Europawahl und dem Höhenflug der Grünen in allen aktuellen Umfragen wirken die Regierungsparteien ein bisschen verwundert, ja fast ein bisschen verschnupft darüber, dass die Wähler ihnen beim Klimaschutz nichts zutrauen. Stellten sie nicht mal die „Klimakanzlerin?“

Wir hätten da ein paar Ideen, warum die Bundesregierung beim Klima so unglaubwürdig wirkt. Die Liste erhebt übrigens keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Zu schleppender Ausbau der Erneuerbaren Energien

65 Prozent der ins Stromnetz eingespeisten Elektrizität soll 2030 aus Erneuerbare-Energien-Anlagen stammen. So steht es im Koalitionsvertrag der großen Koalition und wird von ihren Vertretern auch gebetsmühlenartig bekräftigt, nachdem das Ziel für 2020 wohl nicht mehr erreicht werden kann.

Laut den Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) reicht der aktuell gesetzlich vorgesehene Ökostromausbau aber gerade einmal aus, um den Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix bis 2030 auf 55 Prozent steigen zu lassen, berichtete der Spiegel im März dieses Jahres. Um das 65-Prozent-Ziel zu erreichen, „bedarf es einer Anpassung des jährlichen Bruttozubaus auf 4,4 Gigawatt für Photovoltaik und auf 4,3 Gigawatt für Wind Onshore“, heißt es in der Studie der Wirtschaftsforscher. Von solchen Zahlen kann die Branche derzeit nur träumen.

2. Leerflüge der Flugbereitschaft

Der Flugverkehr zählt zu den Hauptverursachern von Treibhausgasen. Deshalb sollte - wenn unbedingt geflogen werden muss - doch auch jedes Flugzeug zumindest möglichst effektiv genutzt werden.

Die Flugbereitschaft der Bundesregierung ist mit allen Maschinen und allen Crew-Mitgliedern in Köln/Bonn stationiert, auch wenn die Minister mittlerweile fast immer ab Berlin fliegen. Allein im letzten Jahr seien mehr als 800 sogenannte Bereitstellungsflüge durchgeführt worden, berichtete die Tagesschau unter Berufung auf den grünen Abgeordneten Tobias Lindner. Dabei wurde nur die Besatzung aus dem Rheinland nach Berlin geflogen, um dort die eigentliche Reise zu beginnen. Das habe in den letzten drei Jahren CO2-Emissionen von 4.000 Tonnen pro Jahr verursacht, man bräuchte 340.000 Bäume, um diese Menge CO2 einzusparen, so Lindner.

3. Zu große und dreckige Diesel-Dienstwagen

Beim Verkehr tut sich zu wenig in punkto Klimaschutz - auch auf der Erde. Und die Dieselaffäre hat der deutschen Autoindustrie den letzten Funken Glaubwürdigkeit geraubt. Deshalb sollte doch eine ambitionierte Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen, oder?

Ein Blick auf die Dienstwagenliste der Ministerinnen und Minister, die die Deutsche Umwelthilfe im August 2018 veröffentlichte, zeigt jedoch, dass sich lediglich Umweltministerin Svenja Schulze, Verkehrsminister Andreas Scheuer und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit Hybrid-BMWs chauffieren lassen, die trotz allem noch reichlich CO2 ausstoßen. Sieben weitere Kollegen setzen auf schwere Diesel.

Im November berichtete dann die Welt, dass in den Geschäftsbereichen der Ministerien bis zum Stichtag 30. November 2018 insgesamt 8.386 Pkw mit Verbrennungsmotor gekauft oder geleast wurden. Die Zahl der angeschafften Elektroautos, einschließlich der Hybride, lag in den ersten elf Monaten bei nur 253.

4. Lieber 300 Millionen Euro Verschmutzung bezahlen als CO2 sparen

Im kommenden Jahr könnten die verfehlten Klimaschutzziele für Deutschland erstmals teuer werden. Denn wie die Zeitung für kommunale Wirtschaft unter Berufung auf dpa berichtet, sind in den Haushaltsplanungen, die das Parlament im März dieses Jahres beschlossen hat, bereits 100 Millionen Euro für den Erwerb von Verschmutzungsrechten für die Jahre 2010 bis 2022 vorgesehen.

Der Hintergrund: Für Bereiche außerhalb des Emissionshandels, etwa Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft, gibt es für die EU-Staaten verbindliche CO2-Reduktionsziele. Für Deutschland ist bis 2030 eine Minderung von 38 Prozent gegenüber 2005 vorgeschrieben. Wie teuer es tatsächlich wird, ist aber noch nicht klar. Deutschland muss voraussichtlich Verschmutzungsrechte bei anderen Ländern einkaufen, die weniger Treibhausgase ausstoßen als nach den EU-Vorgaben erlaubt.

5. Ein Jahr Ressortabstimmung beim Insektenschutzprogramm

Mittlerweile ist wohl bei allen Bürgern angekommen, dass die Insekten in Deutschland bedroht sind. Nicht nur niedliche Hummeln und nützliche Honigbienen, auch eher nervige Kandidaten sind für das Ökosystem wichtig. Leider scheint in der Bundesregierung dieses Wissen noch nicht durchgedrungen zu sein. Denn wie anders ist es zu erklären, dass sie in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zum Insektenschutzprogramm im Mai 2019 einräumen musste, dass das „Aktionsprogramm Insektenschutz“ sich seit Juni 2018 in der Ressortabstimmung befindet. Da kommt nicht nur für Eintagsfliegen jede Hilfe zu spät.