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Europas Abhängigkeit von russischem Uran muss enden

In den vergangenen Monaten ist den Menschen in Deutschland und ganz Europa so deutlich wie nie vor Augen geführt worden, dass sie bei der Versorgung mit Gas, Öl und Kohle extrem abhängig sind von Importen. Der Urkrainekrieg zeigt uns, wie schnell diese Abhängigkeit zum Problem werden kann. Der Ersatz russischer Gasimporte hat uns Deutsche viel Kraft gekostet. Zudem mussten die Grünen als Ökopartei in Regierungsverantwortung eine bittere Pille nach der anderen schlucken. Kohlekraftwerke länger laufen lassen, Gasimporte aus Qatar und so weiter. Und obendrein polterten Union und AFD als Opposition, aber auch einige FDP-Vertreter, lautstark mit der Forderung, den Atomausstieg zurückzunehmen. Sogar neue Meiler sollten gebaut werden. Aber wäre das tatsächlich das Allheilmittel?

Britta Haßelmann, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, widerspricht auf das Entschiedenste. Bei einem Online-Presse-Event der Grünen fragt sie nach der Herkunft von Uran: „Woher stammt es, wie unabhängig sind wir?“ Ein Neubau von AKWs ist auch ihrer Perspektive kurzsichtig. Denn: Fast 20 Prozent des in der EU genutzten Urans kam 2021 aus Russland, etwa genau so viel aus Kasachstan. „Der Krieg zeigt uns doch seit einem Jahr, dass Russland kein Partner sein kann. Die Abhängigkeit muss abgebaut werden“, so Haßelmann. 

Hinzu komme, dass der Uranabbau mit einem steigendem CO2-Ausstoß verbunden sei, und auch der Transport. Zudem sei der Eingriff in die Natur enorm. In Namibia, einem der größten Förderländer für Uran, falle massenweise radioaktiver Abfall an. „Wenn von vermeintlich billigem Strom gesprochen wird, werden diese Aspekte außer Acht gelassen“, so die Grüne. Der Atomausstieg in Deutschland sei ein Erfolg vieler Umweltorganisationen und der Grünen. Statt Atomkraft müsse der Ausbau der Erneuerbaren schneller vorankommen. Und der Kohleausstieg müsse auch im Osten Deutschlands auf 2030 vorgezogen werden. 

Ihr Parteikollege Bernhard Herrmann, MdB, wohnt in Chemnitz. Er erinnert an die gewaltigen Umweltschäden und Folgekosten durch den Wismut-Uranabbau in der DDR. Die Wismut AG oder ab 1954 SDAG Wismut (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft Wismut) war ein Bergbauunternehmen, das sich zwischen 1946 und 1990 zum weltweit viertgrößten Produzenten von Uran (nach der UdSSR, den USA und Kanada) entwickelt hatte. Wir haben also im eigenen Land erlebt, was der Uranabbau bedeutet. Es gab ein „Wismut-Sanatorium“ in Bad Sulza und Wismut-Kliniken für die zahlreichen Mitarbeiter mit Atemwegserkrankungen.  Der potentielle Eintrag von Schadstoffen in den Luft- oder Wasserpfad ist ein weiteres Problem des Uranbergbaus. Die Hauptschadstoffe sind Uran, Radium, Radon und seine Folgeprodukte und je nach Mineralogie der verschiedenen Lagerstätten Elemente wie Arsen, Eisen oder Mangan. Diese Stoffe können als Staub oder durch Sickerwasser aus den Halden und Absetzanlagen ausgetragen werden oder direkt durch das Grubenwasser in das Grundwasser oder die Vorfluter gelangen. Kurz: Uran ist nicht zum Nulltarif zu haben. 

Hinzu kommt, dass Europa bei der Energieversorgung nicht länger auf Russland setzen will. Entsprechend, so Bernhard Herrmann, müsse man auf andere Alternativen als auf Atomkraft mit Uran aus Russland sorgen. In der EU seien kaum Einstiege in den Atomkraft festzustellen. Zu hohe Kosten fielen dafür an. „Aber gerade in Frankreich ist die Abhängigkeit groß“, so Herrmann. Dabei hat Frankreich 2022 erleben müssen, dass ein Großteil seiner AKWs runtergefahren werden musste, weil nicht genug Kühlwasser in den Sommermonaten zur Verfügung stand. Alexander Wimmers von der TU Berlin fügt an, weltweit seien 53 Reaktoren im Bau, 21 davon in China. 17 entstünden unter chinesischer Führung, vier würden in Russland gebaut, die meisten Projekte würden viel teurer als zunächst veranschlagt und mit jahrelangen Verzögerungen gebaut. 

Unterm Strich bleibt also festzuhalten: Wer eine Abhängigkeit von russischem Gas und Öl nicht will, der kann auch der Abhängigkeit von russischem Uran nur ablehnend gegenüber stehen.