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Kommentar: Von Kohle zu Wind

Negative Strompreise nicht zulassen: Kohle raus

Kommt es an der Strombörse ohne Unterbrechung für sechs Stunden oder länger zu negativen Strompreisen, entfällt die Marktprämie für Windenergieanlagen. Was im EEG 2014 der Paragraph 24 war, ist im EEG 2017 nun der Paragraph 51. Betroffen sind Windturbinen mit drei und mehr Megawatt Leistung. Eine zwischenzeitlich geplante Risikodämpfung durch Verknüpfung mit dem Intra-Day-Markt hat es nicht ins Gesetz geschafft.

Negative Strompreise gab es bereits in der Vergangenheit – aber sie waren minimal. Im vergangenen Jahr waren es rund 1,5 Prozent der Jahresstunden an der Leipziger Strombörse EPEX. Nach Untersuchungen der Beratungsfirma Enervis, die stundenscharfe Einspeiseprofile liefern kann, haben die Austauschkapazitäten mit den Nachbarländern großen Einfluss auf Häufigkeit und Länge negativer Strompreise. Sollte die heute einheitliche deutsch-österreichische Preiszone aufgeteilt werden, wie es der europäische Reguliererverband ACER fordert, ergeben sich deutlich mehr negative Preise im verbleibenden deutschen Strommarkt.

Einfluss der Kohle

Das ist jedoch nur ein Beispiel für Einflussfaktoren. Wesentlich dramatischer könnte der Einfluss der Kohle sein. Schon heute liegt die Marktversorgung bei 130 Prozent. Das heißt, wir müssen jede Menge Kohle- und auch Atomstrom exportieren. Künftig könnte sich das Risiko aber massiv zuspitzen. Experten gehen von bis zu 40 Prozent negativen Strompreisen im Jahr 2040 aus. Damit erhöht sich das Erlösrisiko für Investoren, Finanzierer und Planer sprunghaft. Bisher ist das den Wenigsten klar.

Niemand kann ein ernsthaftes Interesse an Börsenstrompreisen von zwei Prozent haben. Die Bundesregierung muss sich jetzt endlich dafür entscheiden, aus der Kohlewirtschaft auszusteigen. Andernfalls kommt es zur Überflutung der Energiemärkte und Verstopfung der Netze mit fossilen Energien. Nicht nur darum muss endlich ein Kohleausstiegsplan für die nächsten zehn Jahre niedergeschrieben werden. Wer es mit den Klimazielen ernst meint, muss sich von dem Hauptverursacher von CO2 verabschieden. Experten haben berechnet, dass zur Erfüllung der Klimaziele Kohlekraftwerke im Jahr 2040 nur noch 5.000 Megawatt liefern dürfen. Ziel muss es auch sein, die jahrzehntelange Unsicherheit in den Braunkohleregionen zu beenden und den Weg in eine CO2-neutrale Zukunft zu ebnen.

Eine Reihe von Politikern stellt sich aber immer noch schützend vor die Kohlebranche. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel verweist zum Beispiel gern auf die 35.000 Jobs in der Kohleindustrie. In der Windbranche sind aber inzwischen 150.000 Menschen beschäftigt. Zählen die etwa gar nicht? Zudem wurden ihm längst Szenarien vorgestellt für eine sozialverträgliche Umverlagerung der Jobs. Ein Kernpunkt im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung war bis Juni der Kohleausstieg deutlich vor 2050. In einem neuen Entwurf ist dieses Ziel nicht mehr findet. Stattdessen wird nur noch von abnehmender Bedeutung der Kohle gesprochen.

Eine Entlastung der Netze verspricht zwar auch die Sektorkopplung. Aber so oder so müssen fossile und atomare Energien aus den Netzen. Das steht fest. Schließlich hat auch Deutschland sich zu den Pariser Klimazielen bekannt. Bis es so weit ist, können Windparkplaner noch darüber nachdenken, ihre Anlagenleistung auf knapp unter drei Megawatt zu reduzieren, um den Vorgaben von Paragraph 51 zu entgehen. 2,9 Megawatt tun es ja auch. Klar – irgendwann dürfte dieser Schlupfwinkel geschlossen werden. Und ohnehin ist das keine Alternative für Großturbinen. Schließlich sind die ersten Acht-Megawatt-Anlagen bereits installiert.

Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold - © Foto: Nicole Weinhold
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