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Nordrhein-Westfalen

Wind aus dem Wald

Erst im Juli des vergangenen Jahres hatte die rot-grüne Regierung in Düsseldorf einen neuen Windenergieerlass verabschiedet. Dieser soll künftig als Grundlage dienen, den Anteil der Windenergie an der Stromversorgung auszubauen – von heute vier auf insgesamt 15 Prozent bis 2020. Derzeit gibt es knapp 2900 Windturbinen in NRW, die rund 40 Prozent des erneuerbaren Stroms erzeugen.

Der neue Leitfaden „Wind im Wald – Analyse über die Nutzung von Staatswald für Windenergieanlagen“ ist eine Ergänzung zum Windenergieerlass und konkretisiert ihn in Bezug auf Waldflächen. Laut Remmel definiert der Leitfaden Voraussetzungen für Zufahrtswege, Wegbreiten oder etwa Umweltbedingungen vor Ort, die zur Ausweisung neuer Konzentrationsflächen führen können.

Die Windturbinen sollen vor allem in ökologisch weniger kritischen Nadelwäldern installiert werden – Laubwälder bleiben ebenso wie Natur- und Vogelschutzgebiete von der Nutzung verschont. Die Gesamtwaldfläche in NRW bemisst rund 916.000 Hektar; mehr als ein Drittel davon sind Nadelwälder. Allein in den Staatswaldflächen von rund 120.000 Hektar sei eine Anlagenleistung zwischen 770 und 1150 MW möglich, verspricht Remmels Analyse. Damit könnten 250 bis 400 Turbinen bei einer Leistung von durchschnittlich drei MW aufgestellt werden.

Der Grundstein für eine intensivere Nutzung sei bereits gelegt, heißt es in der Mitteilung des Umweltministeriums: Die technische Entwicklung habe neue Anlagentypen hervorgebracht, die mit Nabenhöhen von mehr als 100 Metern auch die turbulenzarmen Zonen über den Baumkronen der Wälder nutzen könnten. „Eine Beschränkung der Anlagenhöhe nach oben gibt es dabei nicht“, sagt Nora Gerstenberg, Pressereferentin im Umweltministerium in Düsseldorf. Zudem will man in NRW künftig verstärkt auf Repowering setzen.

Die Vertreter vom nordrhein-westfälischen Landesverband des Bundesverbandes Windenergie (BWE) und vom Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) in Düsseldorf begrüßen den Leitfaden ausdrücklich, weil er eine wichtige Grundlage für die Ausbaupläne der Windenergie sei, sagt Friedbert Agethen, der Vorsitzende des BWE-Landesverbands NRW. Zusammen mit Jan Dobertin, dem Geschäftsführer des LEE, warnt er jedoch davor, die Zahl realisierbarer Projekte zu überschätzen – allein mit der Erschließung von Waldgebieten könnten die Versorgungsziele von 15 Prozent bis 2020 nicht erreicht werden. „Gerade in Waldgebieten sind wir aufgrund der tendenziell ungünstigeren Wind- und Baubedingungen auf die Nutzung besonders exponierte Standorte angewiesen.“ Deswegen müssten in NRW auch künftig andere Flächen genutzt werden, um einen Zuwachs von weiteren 5.500 MW, der für die Landesziele nötig ist, zu gewährleisten, sagt Dobertin auf Anfrage von Erneuerbare Energien. Im Umweltministerium geht man jedoch nur von 4.000 MW aus.

„Vor allem im Arnsberger Raum, dem waldreichsten Regierungsbezirk in NRW, sind die Erwartungen an die Windenergie hoch: Es gibt viele Anfragen von Betreibern, und viele Waldbauern und Flächenbesitzer wollen endlich loslegen. Kyrill [der Orkan sorgte 2007 in Deutschland für einen Milliardenschaden, Anm. der Redaktion] hat große Waldflächen verwüstet, die nun für die Installation von Windanlagen genutzt werden können“, erklärt der LEE-Geschäftsführer. „Für viele Waldbesitzer kann sich die Windenergie zu einer neuen Geschäftsgrundlage entwickeln.“

Ein gesteigertes Interesse an Waldfläche hat man im Umweltministerium bereits wahrgenommen. Grundsätzlich könne es jetzt mit dem Bau von Turbinen in den Wäldern losgehen, sagte Gerstenberg. Allerdings müssten Betreiber dabei den regulären Weg einhalten: „Vor einem Bau muss selbstverständlich aus planungsrechtlichen Gründen die Kommune und zum Beispiel die Immissionsschutzbehörde konsultiert werden“, erklärt die Referentin.

Dobertin und Agethen sehen zudem Probleme in der derzeitigen Fassung des Landesentwicklungsplanes für die künftige Waldnutzung. Darin ist für Kommunen eine Ausweisung von Waldflächen nur dann möglich, wenn im Gemeindegebiet keine anderen Offenlandflächen zur Verfügung stehen. Hier sei eine umgehende Änderung vonnöten, sagten die beiden Verbandsvertreter. Eigentlich sollte ein erster Entwurf des Landesentwicklungsplan bereits Ende März dem Kabinett vorgelegt werden, doch nach dem Bruch der Koalition in Nordrhein-Westfalen und den Neuwahlen Anfang Mai wird es jetzt wohl frühestens im Herbst  zur Vorlage einer geänderten Fassung kommen, vermutet Dobertin. 

(Regine Krüger)