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Windindustrie will Ausbildungsberufe stärken und Talentpool erweitern

Beim Sommerfest des Bundesverbands Erneuerbare Energie verabschiedete sich nicht nur BEE-Präsidentin Simone Peter. Auch Giles Dickson war zugegen, der kurz zuvor seinen Abschied vom CEO-Posten des Europäischen Windverbands Windeurope bekannt gegeben hatte. ERNEUERBARE ENERGIEN sprach mit ihm auf dem Fest am Spreeufer. 

Interview mit Giles Dickson, Geschäftsführer Windeurope, der sich nach zehn Jahren verabschiedet. Warum jetzt der Abschied?

GILES DICKSON: Ich war zehn Jahre lang Geschäftsführer von Windeurope. Und ich wollte schon seit langem Lehrer im englischen Bildungssystem werden. Und jetzt will ich mir diesen Traum erfüllen.

Sollen die Schüler:innen mehr über erneuerbare Energien lernen? Stehen die jungen Menschen hinter der Energiewende? Um Fridays for Future ist es sehr ruhig geworden.

GILES DICKSON: Ja, aber die haben ihre Einstellung nicht verändert. Ihre Meinung ist eher in den Mainstream der Gesellschaft und in die öffentliche Meinung eingegangen. Wenn man die Meinungsumfragen heranzieht, sieht man immer wieder, dass die Mehrheit der jungen Menschen versteht, warum es so wichtig ist, dass wir den Klimawandel bekämpfen. Aber man muss ihnen erklären, dass die Energiewende weniger Geld kostet, als unsere Gegner es gerne erzählen. Was man jetzt tun muss, um diese Energiewende voranzubringen, sind u.a. Investitionen in die Netze, in die Lieferketten.

Welche Rolle spielte die Windenergie bei der europäischen Resilienzfrage?

GILES DICKSON: Europa braucht mehr Energiesicherheit, mehr Resilienz. Das heißt weniger Importe von fossilen Energieträgern. Schon gar nicht aus Russland. Ab 2027 will die EU gar kein Gas mehr aus Russland importieren. Und man muss die Kosten des Energieverbrauchs senken. Und das kann man durch mehr erneuerbare Energien schaffen.

Ein anderes wichtiges Thema sind Arbeitsplätze. Welche Fachkräfte braucht man, um diese Energiewende zu meistern? Heute haben wir einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in unserem Bereich. In Europa arbeiten derzeit 400.000 Menschen in der Windindustrie. Bis 2030 wird sich diese Zahl auf 600.000 erhöhen – aber nur, wenn wir es schaffen diese zusätzlichen Stellen auch zu besetzen.

Da bin ich wieder bei den jungen Leuten, die die Berufe in der Regenerativwirtschaft nicht kennen.

GILES DICKSON: Genau. Viele meinen, wenn man nicht Wissenschaftler oder Techniker ist, dann kann man nichts zur Energiewende beitragen. Das ist falsch. Aus diesem Grund ist Windeurope vor einigen Tagen der European Alliance for Apprenticeships (EAfA) beigetreten. Wir wollen Ausbildungsberufe stärken und den Talentpool aktiv erweitern.  

Welche Gesetze auf EU-Ebene hätten Sie gerne noch gesehen?

GILES DICKSON: In der letzten Amtszeit der EU-Kommission haben wir vielleicht zu viel Wert auf Wasserstoff gelegt. Und nicht genügend auf die direkte Elektrifizierung. Und wir hätten noch stärker für die direkte Elektrifizierung kämpfen sollen.

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Ich wünschte auch, wir hätten uns deutlicher gegen die sogenannten erneuerbaren Beschleunigungsgebiete geäußert. Einige haben in Brüssel gedacht, wie sie es in Deutschland machen, so sollen wir es machen mit diesen Beschleunigungsgebiete. Aber ihr macht es ganz anders, flächendeckend. Und die EU hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, nicht nur die Genehmigungsverfahren überall flächendeckend zu beschleunigen, sondern noch dazu bestimmte Extra-Beschleunigungsgebiete zu identifizieren. Wir haben sie davor gewarnt. Menschen könnten fälschlicherweise denken: „was außerhalb dieser Gebiete liegt, muss dann ja eine No-Go-Area für Windenergieanlagen sein“. Das sieht man jetzt an der Art, wie diese Beschleunigungsgebiete auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Ich bedauere, dass wir uns dagegen nicht lauter gewehrt haben.

Wie soll es weitergehen mit Windeurope?

GILES DICKSON: Alles wird weitergehen, so wie es gewesen ist, mit einem anderem ‚Betriebsleiter‘. Neue Menschen bringen neue Ideen und neue Energie mit sich - und das ist positiv. Aber die grundsätzliche Ausrichtung unserer Strategie ist ganz klar:  Wir müssen die Genehmigungsverfahren weiter beschleunigen durch die Umsetzung der ausgezeichneten EU-REDIII-Richtlinie. Wir müssen weiter Druck machen, damit man den Netzausbau beschleunigt. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere europäische Lieferkette weiter gestärkt wird. Und wir müssen die Elektrifizierung des Energiesystems konsequent beschleunigen.