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Kommentar Gipfeltreffen EEG 2016

Abnicken versagt - Gipfel vertagt - Länderchefs gefragt

War das nun ein gutes Zeichen? Die Ministerpräsidenten haben der Bundeskanzlerin auf dem Gipfeltreffen zur EEG-Reform zunächst einmal den glatten Konsens verweigert. Berlin kann den Referentenentwurf offensichtlich keineswegs so durchwinken, wie wohl gewünscht. Auch ein einfacher und im politischen Berlin nicht ganz unbekannter Kuhhandel scheint nicht in Sicht, wonach die Länder die Energiepolitik-Pläne der großen Koalition absegnen würden und dafür in anderen Fragen – beispielsweise der Flüchtlingshilfe – finanzielle Zugeständnisse bekämen.

Dabei drängt für die Energiepolitiker im Kabinett und in den Fraktionen die Zeit. Laut dem ursprünglich sehr engen Novellierungszeitplan haben sie sich stark verspätet. Schon die Anhörung der Länder und Verbände zur EEG-Novelle war ursprünglich für den Januar geplant, konnte aber wegen der Verspätung des Referentenentwurfs erst Ende April offiziell stattfinden. Im März hätte die Europäische Kommission schon mal drauf gucken sollen. Nun soll die Einigung mit den Ländern also erst am 31. Mai oder vielleicht auch erst am 1. Juni verkündet werden, teilte Merkel nach dem Gipfel vergangene Woche mit. Und tatsächlich ist der Zeitdruck sehr groß, denn würde das Kabinett das EEG 2016 nicht wie geplant vor der Sommerpause von der Regierungsmehrheit m Bundestag verabschieden lassen können, geriete die Rechtssicherheit für eine ganze Branche in Gefahr. „Dann stehen wir 2017 ohne gültiges EEG da“, sagte Kanzlerin Merkel nach dem Gipfel sinngemäß.

Bundesländer können eigene Ausbaupläne nicht ignorieren

Dass unter all diesem Druck die Bundesländer immer noch auf die Bremse treten, ist ein gutes Zeichen. Das gilt – deshalb: Die flächendeckend eigenen Energiewende-Zeitplänen verpflichteten Länderchefs können sich offenbar nicht so einfach aus dieser Verpflichtung lösen. Selbst wenn sie es wollten.

Doch die Aussagen der vorgeschickten Länderchefs von Bremen und Sachsen-Anhalt sowie der Kanzlerin über die Ergebnisse des Gipfeltreffens sind so nebulös, dass man die positiven Elemente letztlich auf diesen Kern reduzieren muss: Die Akteure der Energiewende einschließlich ihrer Verbände sollten den Hoffnungsschimmer wahrnehmen. Und diese Hoffnung sollten sie als Ansatzpunkt nehmen, um mit ihren Forderungen nach einer verlässlichen demokratischen Energiewende den Druck auf die Energiepolitiker sofort zu erhöhen.

Gabriel außen vor

Auch dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als Kabinetts-Zuständiger sich weder am Donnerstag noch danach zum Fortkommen der Reform geäußert hat, mag ein gutes Zeichen sein. Der SPD-Vorsitzende und Energiewende-Beauftragte im Kabinett Merkels ließ zuletzt noch so viel von sich zum Reformprozess hören, wie seine Vorgänger in dieser Zuständigkeit, Altmaier und Röttgen, in ihren letzten Amtsphasen. Dass Gabriel so auffällig still ist, liegt eben nicht nur daran, dass Merkel die EEG-Novelle kurz vor dem Abschluss wohl wieder zur Chefsache macht. Die Ursache ist eher darin zu suchen, dass die von Gabriel seit vergangenen Herbst vorgegebenen Ziele plötzlich nicht mehr im Mittelpunkt stehen: Weder von Gabriels Weltformel war nach dem Gipfel noch die Rede – einer im EEG-Entwurf niedergeschriebenen Formel zur Berechnung der Anteile der verschiedenen Erneuerbaren-Technologien am weiteren Ausbau, noch von einem Ausbau der Erneuerbaren bis 2025 auf die Höchstgrenze des Ausbaukorridors von 45 Prozent an der Stromversorgung, von der Beteiligung vieler Akteure am weiteren Ausbau, von einer klaren wirtschaftlichen Perspektive für die Branche insgesamt mit einem verlässlichen jährlichen Ausbau bei 2,5 Gigawatt (GW). Nicht einmal die zuletzt diskutierte Untergrenze für jährliche Windparkinstallationen von nur 2,0 GW brutto war nach dem Gipfel noch Thema.

7,5-Prozent-Strafe für die Windkraft: Länderchefs brauchen Druck!

Aber die nebulöse Gipfel-Berichterstattung der beiden Länderchefs mit Merkel lässt auch erkennen, dass Druck aus der Erneuerbarenbranche insbesondere auf die Ministerpräsidenten jetzt aufrecht erhalten oder erhöht werden muss: Auf keinen Fall dürfen die Ministerpräsidenten hinter den Kulissen eine bloße Verteilung des restlichen Kuchens anstreben, den Ihnen die EEG-Reform übrig lässt. Nicht nur die Äußerungen der Kanzlerin waren reines Wischiwaschi. Auch den Botschaften von Bremens Bürgermeister Sieling und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff fehlte jede Festigkeit, die ein Vertrauen in sie und die anderen Länderfürsten rechtfertigen ließe. Denn eine klare Forderung hätte von ihnen an die Bundesregierung kommen müssen: Die zuletzt an einige Medien in Berlin lancierten Überlegungen einer einmaligen Kürzung der EEG-Vergütung für die Windkraft um 7,5 Prozent Anfang 2017 zu widerrufen.

Diese Absenkung soll die widerspenstige, weil weiter florierende Windkraft, bestrafen und schneller abbremsen. Doch sie bedeutete einen neuerlichen Tabubruch gegen die Planbarkeit für Investoren und Unternehmen.

(Tilman Weber)