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Meinung von Detlef Neuhaus

Energiewende - nein, danke?

Auf dem „Energy Transition Dialogue 2018“ Mitte April in Berlin sagte Peter Altmaier selbstbewusst, die Energiewende sei mittlerweile dabei, ein tragfähiges Business Model zu werden. Und man kann dem neuen Wirtschafts- und Energieminister auch durchaus zustimmen: Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung insgesamt lag im vergangenen Jahr bei rund 36 Prozent. Der Atomausstieg ist beschlossen und größtenteils vollzogen. Und die Preise für Strom aus Sonne, Wind, Wasserkraft sowie Biogas sind drastisch gesunken und liegen heute unter den Kosten für Erdgas oder Kohle.

Dieser Erfolg sei auch daraus entstanden, dass Deutschland als eines der ersten Länder bereit war, ein Risiko einzugehen. Man kann über den „Erfolg“ der Bundesregierung aber auch geteilter Meinung sein. Denn Deutschland müsste heute in Bezug auf die Energiewende viel weiter sein! Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren die Ausbaugeschwindigkeit der regenerativen Energiequellen zugunsten der fossilen Rohstoffe künstlich gebremst. Mittlerweile sind wichtige Klimaziele bereits in weite Ferne gerückt. Und die Politik will das auch noch als Erfolg verkaufen?

Die Regierungsarbeit der neuen großen Koalition soll sich deutlich von der Arbeit der bisherigen Regierungen unter Merkel unterscheiden – das behaupten zumindest die Beteiligten. Bei einem Blick in den Koalitionsvertrag wird allerdings schnell klar, dass die Energiepolitik auch in den kommenden Jahren nur eine Nebenrolle spielen wird. Also alles beim Alten?! Auf gerade einmal vier Seiten wird das Thema mit vagen Aussagen abgefrühstückt. Das sollen ernsthaft die Ziele zur Lösung eines der drängendsten Probleme unserer Zeit sein? Nach der jüngsten Studie der Weltbank wird der Klimawandel weltweit über 100 Millionen Menschen heimatlos machen und humanitäre Krisen auslösen, von dessen Ausmaß wir heute noch keine Vorstellung haben.

Deutschland tut in der Energiepolitik momentan genau das Gegenteil von dem, was wir tun müssten, um die Energiewende zu erreichen und die Umwelt zu retten. Wir treten auf der Stelle und unsere Regierung flüchtet sich in wolkige Versprechungen, um nicht Farbe bekennen zu müssen. Dabei wird eines ignoriert: Die Menschen wollen die Energiewende. Drei Viertel der Deutschen ist für einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung. Das Votum der Wähler macht es der Politik einfacher denn je. Warum also passiert nichts? Was die Bundesregierung vermissen lässt, ist ein klares Bekenntnis zur regenerativen Energieerzeugung. Dass sie die Menschen mitnimmt und unmissverständlich klar macht, dass nur die Stromerzeugung per Sonne, Wasser und Wind zukunftsfähig ist, da sie die „richtigen“ Lösungen für uns und unseren Planeten sind.

Mittlerweile nehmen die Bürger die Sache selbst in die Hand und gestalten durch eigene Photovoltaikanlagen und Speicher ihre eigene Energiewende. Während die Politik seit Jahren nicht in die Puschen kommt, vollzieht sich die Energiewende bereits vielfach im Kleinen auf den Dächern deutscher Privathäuser und Gewerbegebäude. Unter dem Strich ist diese Entwicklung ein Armutszeugnis für Deutschland, das den Ruf als Vorreiter der Energiewende so leider nicht mehr verdient. Bürokratiemonster wie das Mieterstromgesetz führen uns deutlich vor Augen, warum die „Energiewende von oben“ bisher nicht funktioniert hat. Wenn es schon so weit kommen musste, sollten den Menschen in Zukunft zumindest keine Steine mehr in den Weg gelegt werden. Es gilt den Ausbau der richtigen Technologien zu fördern. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch der Wirtschaftsstandort Deutschland.