Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

CSP wieder im Gespräch

Heiko Schwarzburger

Zehn Jahre liegt sie zurück, die erste Hochphase der konzentrierenden Solarkraft (Concentrated Solar Power: CSP). Im Frühjahr 2010 waren viel versprechende Bilder um die Welt gegangen: Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger und US-Innenminister Ken Salazar besuchten gemeinsam das Next Era Solarfeld am Harper See in Kalifornien. Dort entstand ein gewaltiges Sonnenkraftwerk mit verspiegelten Parabolrinnen, die Sonnenenergie auf ölführende Röhren bündeln und die Hitze von fast 400 Grad Celsius nutzen, um Dampfturbinen anzutreiben.

Ein halbes Jahr später genehmigte die kalifornische Energiebehörde CEC den Bau des bis dato größten Solarkraftwerks der Welt: Noch 2011 begannen die ersten beiden Bauabschnitte eines neuen Solarfeldes in Blythe, auf halber Strecke zwischen Los Angeles und Phoenix.

Insgesamt vier Blöcke mit einem Gigawatt elektrischer Leistung wurden geplant. Jeder Block kostete eine Milliarde US-Dollar. Finanziert wurde das Projekt von der Firma Solar Millennium aus Erlangen. Eine Anleihe für Privatanleger wurde aufgelegt, Kreditgarantien und Zuschüsse des amerikanisches Staates sollten die Investition absichern. Alles sah prächtig aus, sonnige Goldgräberstimmung im Golden State.

Das böse Erwachen

Dann kam das böse Erwachen: Solar Millennium ging in die Knie, verschwand aus dem Solargeschäft, mehr oder weniger über Nacht. Die Pleite zog breite Kreise, ruinierte etliche Anleger. Der Crash am Kapitalmarkt verteuerte fortan die Finanzierung von solarthermischen Kraftwerken – die mit vier Euro je Watt elektrischer Leistung ohnehin sehr teuer waren.

Von diesen hohen Kosten herunter zu kommen, fällt der Technologie schwer. Es gibt drei Bauweisen, um die Kraft der Sonne zu bündeln:

  • mit Parabolspiegeln und Ölrinnen zur ­Sammlung des erhitzten Wärmeträgers,
  • mit Solartürmen, an deren oberen Ende sich das Wärmesalz befindet, das durch Spiegel erhitzt und aufgeschmolzen wird,
  • flache Systeme mit Fresnelspiegeln
  • Drei Technologien im Feld

    Bei den Kraftwerken mit Solartürmen lenken die Spiegel, die zweiachsig dem Sonnenlauf folgen, das Licht auf einen Receiver oben am Turm. Dort wird ein Wärmeträger auf 400 bis 600 Grad Celsius erhitzt und aufgeschmolzen, üblicherweise ein Flüssigsalz. Denkbar sind auch Luft, Wasser und spezielle Thermoöle.

    Die Präzisionsspiegel, Heliostate genannt, sind bis zu 200 Quadratmeter groß. In kommerziellen Kraftwerken richten sich mehrere tausend Spiegel im Halbkreis oder kreisförmig auf den Solarturm aus.

    Bei den Kraftwerken mit Parabolspiegeln läuft ein Rohr im Brennpunkt der verspiegelten Kollektoren, in dem ein Thermoöl zirkuliert. Die Kollektoren sind bis zu sieben Meter breit und bis zu 200 Meter lang. Die Thermoöle sammeln bis zu 430 Grad Celsius. Zurzeit wird erforscht, ob Flüssigsalze auch bei dieser Bauart bis 600 Grad Celsius erlauben.

    Die Fresnel-Kollektoren funktionieren ähnlich wie die Parabolrinnen. Der konzentrierende Spiegel ist jedoch in langgestreckte, einzelne Facetten zerlegt, die sich ebenfalls nach dem Stand der Sonne richten. Sie befinden sich horizontal angeordnet über dem Boden. Das Absorberrohr ist oberhalb der Spiegel angebracht. Die Gestelle, von denen sie gehalten werden, sind ortsfest installiert.

    Bei allen drei Typen wird die Solarwärme in thermischen Salzspeichern mit bis zu 40 Metern Durchmesser und 15 Metern Höhe gesammelt. Sie sind mit einem Gemisch aus Kaliumnitrat und Natriumnitrat befüllt, das sich ab 250 Grad Celsius verflüssigt.

    Eine einfache Regel der Ingenieure besagt: Je mehr bewegte Teile in einem technischen System laufen und je höher die Temperaturen im System, desto teurer wird es. Und: Je mehr Wandlungsstufen der Energie in einem technischen System arbeiten, desto größer sind die Verluste, desto geringer der Wirkungsgrad.

    Bei CSP-Kraftwerken wird die Sonnenenergie zunächst in Hitze umgewandelt. Danach folgt ein Dampfprozess, wie bei einem Kohlekraftwerk oder in einem Atommeiler. Der Dampfprozess selbst wandelt die Sonnenhitze in druckbeaufschlagten Turbinendampf. Der Dampf wiederum setzt große Schwungmassen (Turbinen mit Generatoren auf einer Welle) in Bewegung, um elektrischen Strom zu erzeugen.

    Mögliche Kostensenkungen

    CSP ist demnach ungleich komplexer und aufwändiger als beispielsweise Photovoltaik oder Windkraft. Deshalb sind die Kosten deutlich höher. In einer im Sommer vorgestellten Studie „CSP: Solare Energie rund um die Uhr“ stellte der Deutsche CSP-Verband zwar eine Verbesserung in Aussicht. „Es wird erwartet, dass die Preise weiter rasant fallen werden“, schrieben die Autoren. „Das liegt unter anderem daran, dass mit dem Aufwuchs von CSP-Anlagen der übliche Skalierungseffekt eintritt.“

    Eine Berechnung des US-amerikanischen Departments of Energy (DOE) setzte 2017 die Stromgestehungskosten für CSP mit zehn US-Cent je Kilowattstunde an. Eine aktuelle Roadmap des DOE schätzt die mögliche Kostensenkung bis 2030 auf fünf Cent je Kilowattstunde.

    Die rund um den Globus installierten CSP-Kraftwerke summieren sich bis heute auf sechs Gigawatt. In Dubai entsteht derzeit ein Hybridkraftwerk aus 700 Megawatt CSP und 250 Megawatt Photovoltaik. Es kostet rund 4,2 Milliarden US-Dollar. Der Stromabnahme wurde mit 7,3 US-Cent bepreist, der Vertrag läuft 35 Jahre. Insgesamt sind in der arabischen Wüste bis fünf Gigawatt Solarleistung geplant.

    Solche solaren Hybridkraftwerke bieten eine aussichtsreiche Lösung, um Grundlast und Spitzenlast aus Sonnenenergie zu gewinnen. Denn die Energie in den thermischen Salzspeichern reicht aus, um sechs bis 15 Stunden lang Dampf für die Turbinen zu liefern. Solche Kraftwerke können auch nachts elektrischen Strom liefern.

    Als solitäre Generatortechnik hat die CSP ökonomisch kaum Chancen, interessant sind hybride Anwendungen. Durch die Bereitstellung von Prozesswärme öffnen sich neue Möglichkeiten. Denn die Energieversorger geraten unter Druck, weil ihnen die Regierungen zunehmend Reduktionsziele für CO2 vorschreiben. In Europa gilt seit kurzem ein Preis für die Emissionen, der in den kommenden Jahren steigen wird. Das öffnet der CSP neue Märkte, denn sie kann neben sauberem Strom:

    - solare Nah- und Fernwärme bereitstellen,

    - grünen Prozessdampf für die energieintensive Industrie erzeugen,

    - grünen Wasserstoff produzieren.

    Die hohen Temperaturen in den CSP-Systemen und der Dampfprozess liefern in solaren Heizkraftwerken erhebliche Abwärme für die Versorgung von Ballungsräumen (wassergeführte Fernwärmenetze). Sie liefern auch Prozesswärme für die Industrie. Bisher wurde diese Wärme ausschließlich fossil erzeugt, 2017 rund 161 Terawattstunden allein in Deutschland. Vor allem die Metallurgie, die chemische Industrie, Kalk- und Zementhersteller brauchen hohe Temperaturen oberhalb von 400 Grad Celsius.

    Selbst in unseren Breiten könnte die CSP also eine wichtige Rolle spielen, um fossile Brenner abzulösen. Eine Studie der Stadtwerke Köln (Rhein-
    energie) hat ermittelt, dass Sonnenkollektoren mit Parabolrinnen für das Fernwärmenetz die geringsten Wärmegestehungskosten erlauben – im Vergleich aller bekannten Technologien.

    So gesehen könnte sich CSP als Rettungsanker für Wärmenetze schlechthin erweisen, die nach dem Ausstieg aus Kohle und Heizöl anders nicht mehr rentabel zu betreiben sind.

    Neue Hoffnung: grüner Wasserstoff

    Ein ganz neues Geschäftsfeld bietet die Herstellung von grünem Wasserstoff. Derzeit wird die Hoch-
    temperatur-Elektrolyse (HTEL) erforscht, die Dampf mit 700 bis 1.000 Grad Celsius zur Spaltung des Wassers in Wasserstoff und Sauerstoff nutzt. Diese Technologie macht das teure Platin im Elektrolyseur überflüssig.

    Kombinierte Solarkraftwerke mit CSP und Photovoltaik könnten im Sonnengürtel der Erde bis zu 7.000 Volllaststunden erreichen. Gepaart mit den hohen Systemtemperaturen aus der CSP könnten solche Kraftwerke über die HTEL den grünen Wasserstoff für ungefähr drei Euro je Kilogramm erzeugen. Diese Zahl stammt aus der oben erwähnten Studie des Deutschen CSP-Verbands.

    Für CSP geeignete Brachflächen gibt es in Deutschland genug, etwa frühere Tagebaue, Flächen aus dem Rückbau der Atomkraftwerke, ungenutzte und ertragsarme Äcker oder ehemalige Militärgebiete. Überall dort, wo die öffentliche Hand solche anderweitig kaum verwertbaren Flächen als Kostgänger verwaltet, lassen sich kombinierte Systeme aus CSP und Photovoltaik installieren.

    Und: In Deutschland ist ausreichend Wasser für die CSP-Kraftwerke vorhanden, ebenso für die Produktion von Wasserstoff. In den Wüstenländern des Nahen und Mittleren Ostens oder im Maghreb wird Wasser zunehmend mit Gold aufgewogen. Das dürfte die Herstellung von Wasserstoff verteuern.

    In Deutschland, wo CSP die Feuerungen der Heizkraftwerke mit Kohle, Erdgas oder Öl ersetzen könnte, sind die Stromnetze und die Wasseranschlüsse für den Turbinendampf, die Rückkühlung und die Wasserstoffproduktion in der Regel schon vorhanden.

    Das CSP-Kraftwerk Andasol 1 (50 Megawatt) wurde 2008 von Solar Millennium in Spanien errichtet.

    Foto: Solar Millennium AG

    Das CSP-Kraftwerk Andasol 1 (50 Megawatt) wurde 2008 von Solar Millennium in Spanien errichtet.

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ERE E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Fokus ERE: Sonderhefte (PDF)
    + Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
    + Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
    uvm.

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen