Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Antidumpingverfahren in Indien

Neu-Delhi erhebt keine Schutzzölle

Das indische Ministerium für neue und erneuerbare Energien (MNRE) hat sich mittelbar gegen Antidumpingzölle auf importierte Solarmodule entschieden. Die Regierung hat den Termin für eine Entscheidung über die Einführung von Handelsschranken ohne Entscheidung verstreichen lassen. Er lief am vergangenen Freitag ab. Wie die Beratungsunternehmen Bridge to India und RESolve Energy Consultants berichten, gab eine Beratung zwischen dem MNRE, dem Finanz- und dem Handelsministerium den Ausschlag, dass Neu-Delhi auf Sanktionen gegen die ausländischen Modulhersteller verzichtet.

Heimische Herstellungskapazitäten reichen nicht aus

Zuvor war eine heftige Diskussion zwischen Projektentwicklern sowie der Industrie- und Handelskammer auf der einen Seite und den indischen Modulherstellern auf der anderen Seite im Gange. Doch trotz einer umfangreichen Stellungnahme des indischen Beratungsunternehmens KPMG im Auftrag der Modulhersteller für die Erhebung von Antidumpingzöllen konnten sich diese letztlich nicht durchsetzen. Damit reagiert Neu-Delhi auf die Tatsache, dass die heimischen Hersteller von Modulen gar nicht genügend Produktionskapazitäten haben, um die ehrgeizigen Ziele beim Ausbau der Solarenergie in Indien zu realisieren. Immerhin will die neue indische Regierung pro Jahr fünf bis sieben Gigawatt Solarstromleistung pro Jahr installiert wissen, wie der Minister für neue und erneuerbare Energien Piyush Goyal mitteilt. „Die Regierung ist nicht willens zu warten, bis die einheimischen Hersteller ihre Kapazitäten so weit ausgebaut haben, damit sie den wachsenden Markt auch bedienen können“, erklärt Bridge to India. „Statt dessen wird sich die Regierung jetzt auf das Wachstum des indischen Marktes konzentrieren und damit kann sie die Verwendung einheimischer Module unterstützen.“ Außerdem hatte First Solar schon eine Klage vorbereitet, sollten die Strafmaßnahmen kommen. Der amerikanische Dünnschichthersteller wäre von den Zöllen direkt betroffen gewesen.

Stromkonzern nimmt einheimische Komponenten

Für die einheimischen Modulhersteller ist die Absage der Regierung, Antidumpingzölle einzuführen, noch längst nicht existenzbedrohlich, betont Bridge to India. Denn um die aktuelle Schwäche des indischen Marktes zu umgehen, will Neu-Delhi sogenannte Renewable Generation Obligations (RNO) nach britischem Vorbild einführen. Dabei handelt es sich um die Verpflichtung der großen Stromerzeuger, einen Teil ihrer Energie, die sie an die Haushalte liefern, auf der Basis von erneuerbaren Energiequellen zu produzieren. Damit will die indische Regierung diese großen Stromkonzerne in den Plan des Ausbaus der Solarenergie mit einbeziehen. Mit der Nationale Thermal Power Corporation (NTPC) sitzt auch schon ein Anbieter mit im Boot. Das halbstaatliche Unternehmen betreibt 14 Kohle- sowie sieben Öl- und Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von gut 25 Gigawatt. Jetzt hat sich NTPC verpflichtet, innerhalb der kommenden Jahre Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von drei Gigawatt aufzubauen. Dabei will der Konzern ausschließlich einheimische Komponenten verwenden. Aufgrund der begrenzten Produktionskapazitäten der indischen Hersteller hat NTPC zunächst ein Projekt mit einer Leistung von 250 Megawatt geplant. Die Einführung von RNOs ist allerdings eine schlechte Nachricht für die kleinen unabhängigen Stromversorger. Diese verlangen ein mehr „demokratisches und organisches“ Wachstum des indischen Solarmarktes, indem die Installation von zu viel Photovoltaikleistung durch nur einen Player am Markt verhindert werden sollte. Die Regierung sieht die Lösung dieses Problems indes in der Vergrößerung des Marktes an sich.

Inselanlagen als Standbein

Ein zweites Standbein für die indischen Hersteller ist der Markt für Off-Grid-Anlagen. Diesen will das MNRE ausweiten. Dazu hat das Ministerium schon einmal die Mittel aus dem National Clean Energy Fund in seinen Haushalt umgeleitet. Dieser Fonds wurde noch von der alten Regierung gegründet und sollte eigentlich der Forschung und Unterstützung von Unternehmen der erneuerbaren Energien dienen. Bisher wurden die Gelder allerdings genutzt, um Löcher im indischen Staatshaushalt zu stopfen. „Wir erwarten allerdings noch Details, wie die indische Regierung die Solarenergie im Off-Grid-Markt voranbringen will, um die Millionen bisher von der Stromversorgung abgeschnittener Haushalte zu elektrifizieren“, erklärt Bridge to India. (Sven Ullrich)