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Kommentar Turbinenentwicklung

Hocheffizienz-Windkraft für Indien, China und USA

Vestas und Senvion haben derzeit etwas gemeinsam: Beide Unternehmen zeigen sich als Vorreiter eines möglichen neuen Trends der Zwei-Megawatt-Windturbinenklasse: Der dänische Weltmarktführer Vestas stellt nun zwei neue Anlagentypen mit einer Erzeugungskapazität von zwei Megawatt (MW) ins Portfolio. Mit 116 und 120 Meter Rotordurchmesser sollen die Modelle zu den Anlagen mit der besten Erzeugungsauslastung ihrer Leistungsklasse gehören.  Vorgesehen sind sie laut Vestas für die Märkte USA, Indien und China. Ganz ähnlich Senvion: Der deutsche Turbinenbauer präsentiert für seinen neuen Hauptzielmarkt neben Deutschland, Indien,  2,3 bis 2,4 MW leistende Turbinentypen mit 110 bis 124 Meter Rotordurchmesser – wobei die Anlagen mit den größten Rotoren mit der ganz leicht reduzierten Leistung ausgelegt sind.

Vestas und Senvion erhöhen mit Spezialanlagen die Effizienz in internationalen Boommärkten

Kommentar Tilman Weber | Kommentar: Tilman Weber
Kommentar Tilman Weber | Kommentar: Tilman Weber

Beide Turbinenbauer haben ganz unterschiedliche Ressourcen für ihre Neuentwicklungen eingesetzt – entsprechend ihren jeweiligen Fähigkeiten als Branchenprimus oder, im Falle Senvions, als einer der eher kleineren Player auf dem Weltmarkt. Doch die Strategie ist dieselbe: In sich stark professionalisierenden und prinzipiell unaufhörlich boomenden Märkten mit neuen Spezialanlagen die Effizienz der einzelnen Anlagen zu erhöhen.

Die Auslastung der Anlagen steigt so auf ein neues Rekordniveau: Gemeint ist der sogenannte Kapazitätsfaktor beziehungsweise das Maß, mit wie vielen Volllaststunden die Anlage zusammengerechnet im ganzen Jahr arbeitet. Je länger die Rotorblätter sind, umso mehr Wind fangen sie auch in Binnenlandregionen mit nur ungleich verteilten Luftbewegungen ein – und umso stetiger fangen ihre Blätter von irgendwo in ihrem großen Radius noch genügend Wind ein.

Vestas hat die Turbinen mit ein paar Änderungen an der Aerodynamik des Rotors sowie der Lastausgleichs-Steuerung aus der bestehenden Zwei-Megawatt-Plattform fortentwickelt. Ab dem ersten Quartal 2018 soll die Turbine mit dem 116-Meter-Rotor und ab dem dritten Quartal nächsten Jahres die Anlage mit 120 Meter Rotordurchmesser erhältlich sein. Senvion hingegen präsentiert die neuen Designs als technologische Fortentwicklung und Verfeinerung der Plattform des im Sommer vergangenen Jahres gekauften indischen Turbinenbauers Kenersys. Die ersten Turbinen will Senvion noch in diesem Jahr installieren. Beide Turbinenbauer wollen die Anlagen allerdings auch in Regionen mit mehr Wind errichten lassen und hier ebenfalls die Auslastung erhöhen – dann jeweils die Varianten mit den etwas kürzeren Rotorblättern.

Aktuell andere Entwicklung in Europa

Die Entwicklung steht aktuell konträr zu jener im führenden europäischen Windenergiemarkt Deutschland. Für den Markt hierzulande haben die Turbinenbauer der Windkraftbranche zuletzt Anlagen mit sehr hoher Leistung von bis zu vier MW neu entwickelt. Auch diese Turbinen bekamen enorm große Rotoren verpasst – mit Rotordurchmessern von 130 bis 142 Meter. Zwar lässt sich mit den großen Rotoren die Auslastung der vorangegangenen Zwei-bis-Drei-MW-Klasse fast halten – und nun eben auf eine Drei-bis-Vier-MW-Klasse übertragen. Doch das Hauptaugenmerk des Verkaufs liegt hierzulande und auch anderswo in Europa darauf, den Investoren so große Erträge wie möglich auf engstem Raum zu versprechen.

Denn es gibt bekanntlich einen zentralen Unterschied zwischen den reihenweise auf Ausschreibungssysteme mit zunehmend begrenzten jährlichen Zubaumengen wechselnden europäischen Ländern – und den Dauer-Boomländern USA, Indien und China: Europa – und hier Deutschland vorneweg – bietet den Windparkprojektierern zunehmend nur noch begrenzt Ausbauflächen an. Denn zum einen sind in manchen Ländern wie besonders in Deutschland verfügbare, weil siedlungsferne großräumige Flächen für eine Ansammlung von sehr vielen Turbinen selten geworden.  Zum anderen lassen kurzfristige und häufige Reformen der Energiemärkte in den Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU) keine allzu langfristigen Planungen mehr zu: Projekte müssen sehr häufig sehr schnell verwirklicht werden, um noch rasch vor der jeweils nächsten politisch eingeleiteten Änderung der Wettbewerbsbedingungen ans Netz zu gehen. Und weil Ausbaudeckel die Zahl der Projekte stark eingrenzen, müssen die in den Tendern zum Zuge kommenden Investoren möglichst viel MW pro Windpark erhalten. Auch rasch wachsende Turmhöhen von inzwischen bis zu 160 Metern sind eine Folge dieser Entwicklung: Die Anlagen sollen sich noch mehr in stetigere Luftströmungen in größerer Höhe strecken.

In den USA, Indien und China gibt es ebenfalls immer wieder Änderungen der politischen Rahmenbedingungen. Doch letztlich bleibt der Ausbau groß. Hier lohnen sich offenbar eher die Anlagen, die vor allem gleichmäßig erzeugen – und wegen des stärkeren Ausbaus rascher die Ressource Wind auf immer größeren Flächen des Landes ausbeuten.

Welches Konzept letztlich erfolgreicher sein wird, muss sich zeigen: wirtschaftlich,technologisch oder gar in Bezug auf den Netzausbau, .

(Tilman Weber)