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Sonderabgabe für Wind und Solar in Brandenburg: Branche warnt vor ruinöser Mehrbelastung

Sonderzahlungen der Betreiber von Wind- und Solarparks an Nachbarkommunen sollen in Brandenburg nach dem Willen vieler dortiger Landtagspolitiker drastisch steigen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit diskutiert. Was für Gemeinden zunächst nach einem gewinnbringenden Geschäft klingt, könnte für die Windbranche jedoch zum wirtschaftlichen Wendepunkt werden. Die Branche warnt: Der Gesetzgeber droht, der Energiewende in Brandenburg die Beine wegzuschlagen.

Wirtschaftlichkeit in Gefahr – droht eine „Zwangspause“ im Ausbau? Die geplante Neuregelung sieht für Windkraftanlagen ab 2026 eine Sonderabgabe von 5.000 Euro pro Megawatt und Jahr vor. Da moderne Windräder mittlerweile über sechs Megawatt leisten, summieren sich die Zahlungen pro Anlage schnell auf weit über 30.000 Euro jährlich. Zum Vergleich: Das Dreifache des bisherigen „Windeuros“.

Diese zusätzliche Abgabe trifft auf eine Branche, deren Kosten ohnehin aus dem Ruder laufen. Zementpreise, ein zentraler Faktor für die Fundamentbauten, sind in den vergangenen Jahren um 42 Prozent gestiegen. Planungs- und Genehmigungsverfahren sind inzwischen über 30 Prozent teurer. Die Kosten für Netzanbindungen haben sich gar verdreifacht. Parallel lasten steigende Zinsen auf den Projektfinanzierungen. „Mit der geplanten Verdreifachung der Sonderabgabe für Windenergieanlagen ist die Belastungsgrenze überschritten“, warnt Jan Hinrich Glahr, Vorsitzender des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE) Brandenburg. Schon jetzt stünden viele Solar-Freiflächenprojekte vor dem Aus – bei der Windenergie drohe dieselbe Entwicklung.

Fachleute gehen davon aus, dass für die Transformation der Energiewirtschaft bundesweit bis 2030 rund 721 Milliarden Euro an Investitionen notwendig sind. Jede künstliche Mehrbelastung könnte die Finanzierungslücke vergrößern.

Wenn Strom unbezahlbar wird – auch Stadtwerke geraten unter Druck

Besonders kritisch sehen kommunale Versorger die Lage. Für sie, so erläutert Julian Büche, Geschäftsführer der VKU-Landesgruppe Berlin-Brandenburg, ist die Abgabe ein doppelter Stolperstein: Zum einen fallen aufgrund steigender Investitionsbedarfe ohnehin hohe Kosten an, zum anderen können Stadtwerke zusätzliche Belastungen nur schwer abfedern. Die Folge: Sie müssten die Ausgaben über die Strom- und Wärmepreise an die Kunden weiterreichen. „Damit steht die Sozialverträglichkeit der Energiepreise auf dem Spiel – eine Zwangsabgabe untergräbt das Ziel, die Gesellschaft breit mitzunehmen“, so Büche. Besonders kritisch: Bürgerenergiegenossenschaften und Direktversorger drohten in eine wirtschaftliche Sackgasse zu geraten, wenn keine Ausnahmen geschaffen werden.

Hier ein Beispiel für eine stimmige Bürgerbeteiligung.

Schon heute profitieren Kommunen – und künftig noch deutliche

Ironischerweise läuft das Argument, die Gemeinden müssten stärker an Wind- und Solarprojekten beteiligt werden, schon jetzt teilweise ins Leere. Denn die Wind- und Solarwirtschaft spült bereits erhebliche Summen in kommunale Haushalte – Tendenz steigend. Mit jedem neu errichteten Park wächst der finanzielle Beitrag für Schulen, Straßen oder lokale Infrastruktur.

Die geplante Abgabe könnte sich so als Bumerang erweisen: Zwar verspricht sie kurzfristig zusätzliche Einnahmen, langfristig aber droht sie die Projektpipeline auszutrocknen. Bleiben Investitionen aus, versiegen auch die künftigen Einnahmen – und die Kommunen sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen.

Gefahr für Energiewende und Industriepolitik

Die Branche sieht zudem gefährliche Nebeneffekte. Ein stockender Zubau erneuerbarer Energien bremst nicht nur die Energiewende, er schwächt auch die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Brandenburg.

Hinweise auf die Wertschöpfung durch die Windenergie in Brandenburg gibt dieser Artikel

Wesentlich wäre es, die direkte Versorgung regionaler Betriebe mit günstigem Grünstrom zu erleichtern. Hier liegt ein bislang weitgehend ungenutztes Potenzial für Wertschöpfung und Akzeptanz. Doch anstatt neue Wege zu ebnen, droht der Gesetzgeber mit immer neuen Auflagen zu blockieren. „Brandenburg hat die Chance, Vorreiter einer nachhaltigen Industriepolitik zu sein. Was es braucht, sind faire Rahmenbedingungen – keine zusätzlichen Stolpersteine“, so Glahr.

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Fest steht: Die verschärfte Sonderabgabe für Wind- und Solaranlagen mag auf den ersten Blick ein lukratives Instrument für klamme Gemeinden sein. Doch die Realität ist komplexer: In einer Zeit massiv steigender Bau- und Finanzierungskosten könnte die geplante Regelung statt Mehreinnahmen vor allem Stillstand bringen – für Projektierer, für die Kommunen und letztlich für die gesamte Energiewende in Brandenburg.