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Kommentar: Biosprit gegen Power-to-Gas

Eine technologiefeindliche Bevormundung

Kann ein kompletter Umstieg auf Erneuerbare ohne große Speichertechnologien gelingen? Die Antwort lautet klar: nein. Da sind sich sogar Grünstromskeptiker und Energiewendeverfechter ausnahmsweise einig.

Zum Glück haben Wissenschaft und Industrie in den letzten Jahren eine Technologie entwickelt, die das Speicherproblem auf absehbare Zeit mindern könnte: das Power-to-Gas-Verfahren. Hier wird aus dem Kohlendioxid der Luft und etwas Wasser mit Hilfe überschüssigem Grünstrom Methan synthetisiert. Automobilhersteller Audi betreibt schon eine Versuchsanlage, deren Gas jährlich eine PKW-Flotte 22,5 Millionen Kilometer bewegt. Ganz ohne zusätzliche Emissionen zu verursachen.

Da passt es eigentlich gut, dass die Bundesregierung sich zurzeit mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie befasst: Die sogenannte Kraftstoffqualitätsrichtlinie (Fuel Quality Directive) soll zur Minderung der Treibhausgasemissionen aus Kraftstoffen beitragen. In Deutschland sieht das so aus: Dem Kraftstoffhersteller wird nicht länger vorgeschrieben, wie viel Biosprit er nutzen muss, um seine Emissionen zu verringern. Stattdessen wird eine Klimaschutzquote eingeführt. Der Kraftstoffhersteller muss die Treibhausgasemissionen seiner Produkte zunächst um 3,5 Prozent reduzieren.

Steht Power to Gas im Tank jetzt also nichts mehr im Weg? Weit gefehlt: Seite 2.

Klimaschutzquote mit unfairen Bedingungen

Na dann steht Power to Gas ja nichts mehr im Wege. Nichts wie rein mit der neuen deutschen Supertechnologie in den Kraftstoffmarkt. Oder? Nein? Schade. Denn die Klimaschutzquote wird nur erfüllt, wenn die Emission durch pflanzlichen Biokraftstoff reduziert wird. Mit Hilfe von Grünstrom gewonnener Wasserstoff oder Methan zählen leider nicht dazu. Da werden die Kraftstoffhersteller bevormundet, mit welchen Substanzen sie ihre Emissionen senken dürfen.  

Aber warum? Außer Zugeständnissen an die Agrarwirtschaft und Biokraftstoffindustrie ist da wenig denkbar. Wobei deren Interessen mit einer höheren Klimaschutzquote wohl auch so genüge getan wäre. Am Staatshaushalt kann es auch nicht liegen. Es ist ja nicht so, dass man die Bundesregierung um irgendwelche Fördermittel gebeten hätte. Sie soll es einfach den Unternehmen überlassen, ob sie ihre Emissionen mit Biosprit oder synthetischem Erdgas senken. Um einer marktgetriebenen Weiterentwicklung der Power-to-Gas-Technik wenigstens eine faire Chance zu geben. Das fordert auch die Deutsche Energieagentur.

Noch ist ein Einlenken sogar möglich, denn der Bundestag hat die Beratung des Gesetzesentwurfs noch nicht abgeschlossen. Wie es aber scheint, bahnt sich eine riesige Fehlentscheidung an, die das Gelingen der Energiewende in weite Ferne rücken lässt. Dann können die Skeptiker die heute sagen „Energiewende, das geht technisch gar nicht!“, das auch in Zukunft sagen – und Recht behalten, weil die richtigen Weichen einfach nicht gestellt wurden.  

(Denny Gille)