Die Verhandlungen für ein lange vorbereitetes Abkommen zur Klimaneutralität der Schifffahrt bis 2050 sind gescheitert. Die Mitgliedstaaten der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) konnten sich in der vergangenen Woche nicht auf globale Klimaschutzregelungen einigen und haben ihre Entscheidung auf das kommende Jahr vertagt. Grund dafür war offenbar massiver Druck aus den USA.
Offiziell soll weiter verhandelt werden
Offiziell verkündete die IMO, dass es lediglich um eine Möglichkeit für weitere Gespräche gehen soll. Doch Kritiker warnen: Wann genau die Verhandlungen fortgesetzt werden sollten, sei unklar, monierte der Verband Deutscher Reeder (VDR). Die Chance auf einheitliche und wirksame weltweite Regeln sei damit in die Ferne gerückt.
Im April hatte die IMO ein Net-Zero-Framework verabschiedet, das eine Reihe internationaler Vorschriften zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Schifffahrt umfasst. Zwei Schlüsselelemente sollten mehr Klimaschutz ermöglichen: ein globaler Kraftstoffstandard und ein globaler Mechanismus zur Bepreisung von Treibhausgasemissionen. Die Regeln sollten ab 2027 greifen und große Schiffe mit mehr als 5.000 Tonnen Ladekapazität betreffen. Diese machen nach Angaben der IMO 85 Prozent der gesamten CO₂-Emissionen der internationalen Schifffahrt aus.
Deutsche Reeder kritisieren die USA- und die EU
„Die Schifffahrtsbranche hat seit Langem eine klare Position“, sagt Martin Kröger, Hauptgeschäftsführer der VDR. „Wir brauchen ein weltweites, einheitliches Regelwerk für den Klimaschutz in der Schifffahrt.“ Doch in der IMO entscheiden die Staaten, und während einige Länder wie die USA lautstark und mit großem Druck Stimmung gegen einen globalen Rahmen machten, sei die EU zu leise geblieben, kritisierte er. „Gerade jetzt hätte die EU mit klaren Worten und der Bereitschaft, ihre regionalen Vorschriften an ein globales System anzupassen, das Ruder herumreißen können. Stattdessen blieb sie stumm und hat die Wechselstimmung einiger Staaten im Plenum komplett unterschätzt“, so Kröger.
Merz und Macron – kein Platz mehr für klimapolitisches Zögern
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch zeigte sich schockiert über das Handeln der US-Delegation. Die USA hätten auf beispiellose Art und Weise Druck auf Regierungen aufgebaut und sogar Verhandler mit massiver Einschüchterung unter Druck gesetzt. Weitere Petrostaaten wie Saudi-Arabien und Russland hätten sie dabei unterstützt, moniert German Watch. Eine knapp ausreichende Anzahl an Regierungen hätte daraufhin in letzter Minute ihre Position geändert, trotz mehrheitlicher Übereinstimmung, dass der Schifffahrtssektor dringend dekarbonisiert werden muss.
Fairer Wettbewerb und wenoiger Bürokratie für Reedereien
Das Abkommen sollte für Reedereien und Klimaschutz Fortschritte bringen. So würden einheitliche Regeln nicht nur den Treibhausgasausstoß reduzieren, sondern den Reedereien Bürokratie und einen fairen Wettbewerb ermöglichen, argumentiert der VDR.
Rostocker „Green Energy Hub“ für Klimaneutralität und Wirtschaftlichkeit
German Watch warnt nun, die USA könnten auch die anstehende Klimaschutzkonferenz COP30 in Brasilien sabotieren. „Die Klimadiplomatie ist im Kreuzfeuer der Staaten, die das fossile Geschäftsmodell verlängern wollen. Regierungen pro Klimaschutz müssen die kurze Zeit jetzt nutzen, um eine starke Allianz zu formen“, forderte David Ryfisch, Leiter des Bereichs zukunftsfähige Finanzflüsse bei Germanwatch. Nicht ohne Grund: Bei der UN-Vollversammlung sagte US-Präsident Donald Trump vor kurzem, der Klimawandel sei „der größte Betrug, der jemals an der Welt begangen wurde“.