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Grüne Wärme aus dem Wasser gewinnen

 Wärmewende heißt auch Elektrifizierung. Für die klimafreundliche Beheizung von Gebäuden ist die Wärmepumpe eine der zentralen Technologien. Wird als Wärmequelle für die Wärmepumpe das Gewässer genutzt, spricht man von Aquathermie oder Hydrothermie. Oberflächengewässer und wasserführende Infrastrukturen sind eine gute Ergänzung zu weiteren Wärme­quellen wie Umgebungsluft, Geothermie und Abwärme.

Auch in Deutschland haben wir ein großes Potential für Aquathermie – und das Interesse daran steigt stetig. Die Technologie ist am Markt verfügbar, langjährig erprobt und Versorger können Aquathermie gut in bestehende Fernwärmesysteme integrieren.

Weniger Investition, mehr Effizienz

So wie am Nordufer des Hainer Sees bei Leipzig, ein ehemaliger Tagebau: Hier entsteht momentan eine Siedlung mit Ferienwohnungen, Cafés und einer zentralen Hafenanlage. Das Quartier umfasst 4.400 Quadratmeter beheizter Nutzfläche – als Wärmequelle für die zentrale Wärmepumpen-Anlage wird die Umgebungswärme aus dem angrenzenden Hainer See verwendet. Teilweise wird auch die sommerliche Kühlung der Gebäude über das Seewasser realisiert. Einen Teil des Strombedarfs stellt eine Photo­voltaikanlage vor Ort bereit.

Der Einsatz von Aquathermie hat – nicht nur am Hainer See – viele Vorteile gegenüber anderen Versorgungskonzepten: Gegenüber einer Lösung mit oberflächennaher Geothermie mit Bohrsonden stehen die vergleichsweise geringen Investitionskosten. Gegenüber einer klassischen Luft-Wärmepumpen-Lösung stehen die erheblich geringere Geräuschbelästigung und die bessere Energie­effizienz. Generell ermöglicht Aquathermie eine relativ hohe Leistungsdichte bei geringem Flächenbedarf. Das macht die Technologie auch für große Wärmeleistungen interessant.

Ökologische Auswirkungen einbeziehen

Doch gerade bei oberflächennahen Gewässern gilt: Aquathermie ist immer ein Eingriff in die ökologischen Zusammenhänge. Verantwortliche müssen vorab entscheidende Fragen klären. Eine der wichtigsten: Führt der Einsatz über die Temperaturveränderungen zu negativen Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt? Eine unter Mitwirkung der Leipziger Energiedienstleister Tilia GmbH erarbeitete Studie im Auftrag der Innovationsregion Mitteldeutschland hat die öko­logischen Effekte der Aquathermie anhand eines konkreten Beispiels untersucht – und gezeigt, dass bei ausreichender Größe des Gewässers die entzogene Wärmeleistung praktisch keine negativen Auswirkungen auf die Lebensbedingungen im Gewässer hat.

Die Chancen erkennen

Bis kommendes Jahr soll der Ausbau des Feriendorfs am Hainer See beendet sein. Auch überall sonst ­werden die Rahmenbedingungen für Aquathermieprojekte immer besser. Die Technologie ist verfügbar und erprobt: Es gibt ein breites Angebot geeigneter Wärmepumpen und die Auswahl an Wärmeüber­trägern wächst ebenfalls stetig.

Zudem machen massiv steigende Preise für fossile Ressourcen und CO2-Abgaben Aquathermie zusehends attraktiv. Auch ist der Primärenergiebedarf der erzeugten Wärme sehr gut, weil der Betrieb der Wärmepumpen nur Strom als Primärenergie nutzt. Eine anteilige Eigenversorgung mit Photovoltaikstrom ist ebenfalls möglich und verbessert den Primärenergiefaktor und die Wirtschaftlichkeit.

Aber: Die Entwicklung von Aquathermieprojekten ist komplex. Neben den technischen und wirtschaftlichen Planungsaspekten müssen die mit­unter langwierigen Genehmigungsverfahren beachtet werden – den Behörden fehlen noch Erfahrungswerte und die regulatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigen die Aquathermie bisher nicht. Dafür ist ein Partner nötig, der die Projekte von der ersten Idee bis zur Realisierung kontinuierlich und in allem Belangen begleitet, denn die Technik, die Wirtschaftlichkeit und die Ökologie müssen gleichzeitig in den Blick genommen werden, um langfristig tragfähige Lösungen umzusetzen. Dabei ist in der Regel auch ein intensiver Dialog mit Installateuren, Lieferanten, Behörden und Banken zu führen.

Das Interesse bei Projektentwicklern, Kommunen und den Behörden wächst stetig. Zusammen mit unseren regionalen Partnern bieten wir hier unsere Erfahrungen und vielfältige Unterstützung an. Gleichzeitig arbeiten wir gerade an der Bildung eines Aquathermie-Netzwerks mit. Es soll Ingenieure, Geologen, Biologen, Hydrologen und Technologielieferanten mit Behörden, Versorgern, Banken und Nutzern zusammenbringen, um die Aquathermie deutschlandweit bekannter zu machen und in der Breite nutzbar zu machen.

Martin-Joseph Hloucal
Projektmanager, Tilia GmbH

Foto: Tilia GmbH

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