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Kommentar zu Offshore-Windkraft

Adwen: Öffentlichkeitswirksamer Auftritt

Die für acht Megawatt Leistung designte Anlage mit dem Rekordrotordurchmesser von 180 Meter ist der erste Auftrag des neu eröffneten Dynalab vom Fraunhofer-Institut für Windenergie- und Energiesystemtechnik (IWES) in Bremerhaven. Ab Dezember wird das IWES dort erstmals einen kompletten Triebstrang der Acht-MW-Turbine in den Belastungsteststand einbauen. Die Tests werden dabei nicht wie sonst nur die Lasten im Getriebe selbst unter realen Bedingungen nachzustellen versuchen – sondern erstmals auch sämtliche anderen Komponenten des Antriebs inklusive Lager, Wellen, Kupplungen, Generatoren oder Umrichter auf Ermüdungslasten prüfen. Ziel ist, erstmals die bisher tatsächlich nur errechneten Belastungswerte sogar unter realitätsnahen Simulationen der Belastungen durch Wind und Wetter für alle Komponenten im Antriebsstrang zu überprüfen. Das könnte manche bisherigen Sicherheitspuffer in der Auslegung der Komponenten in Zukunft schmelzen lassen, vermutet man beim Iwes bereits. Und weniger Material senkt dann auch die Kosten, lautet die Botschaft.

Adwen und IWES gaben die Unterzeichnung der Dynalab-Tests mit einer feierlich anmutenden Presseerklärung gestern bekannt.  Die Cheftechnologin bei Adwen, Maite Basurto erklärte, der Teststand sei für Adwens Vorzeigeanlage von „unschätzbarem Wert". Adwen habe sich sofort dazu entschlossen, diese Gelegenheit zu nutzen: „Die im Dynalab durchgeführten Prüfverfahren … werden den Zertifizierungsprozess beschleunigen und die Zuverlässigkeit der 2018 in Serienproduktion gehenden Turbinen gewährleisten. Letzteres ist im Rahmen der De-Risking-Strategie vor der Errichtung des Prototyps 2016 von größter Bedeutung“. Adwen ist selbst ein Joint Venture der Turbinenhersteller Areva und Gamesa.

Großinvestoren bestätigen weiteres Engagement

Fast zeitgleich hatten auch die Großinvestoren hinter den Windparks Wikinger in der Ostsee und Trianel Borkum jetzt in Verlautbarungen bekannt gegeben, die nächsten Ausbauphasen voranzutreiben. Während der spanische Projektierer Iberdrola das Projekt Wikinger mit 70 Anlagen der Fünf-MW-Serie von Adwen ausstatten wird, hat sich der Stadtwerkeverbund Trianel auch mit seiner jüngsten Ankündigung nicht näher zur Turbinenauswahl geäußert. Der im Juli komplett ans Netz angeschlossene Trianel Windpark Borkum der ersten Ausbauphase von 200 MW besteht aus Adwen-Turbinen. Die zweite Bauphase könne 2017 beginnen, kündigte Trianel nun an. Ob sich alle Investoren der ersten Bauphase auch an den auf 800 Millionen Euro angesetzten Kapitalkosten der nächsten Ausbaustufe beteiligen, ist indes noch unklar. Der Oldenburger Energiekonzern EWE hatte mit Trianel ein Joint Venture zum Bau des Projekts gegründet, an dem EWE zu 40 Prozent beteiligt ist. Ob sich EWE an Trianel Borkum II beteilige, wolle EWE 2016 entscheiden, erklärte ein Sprecher des Energieversorgers. Wikinger-Investor Iberdrola hatte währenddessen gestern einen „Investorentag“ zur Anwerbung lokaler Zulieferer und Dienstleistungsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern veranstaltet – unter „Schirmherrschaft von Christian Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern“, wie es in der Pressemitteilung verlautete.

Die Entwicklungen der europäischen Offshore-Branche sind beachtlich. Das betrifft das Ausbautempo derzeit in Deutschland genauso wie die Entwicklung von Anlagen mit nur noch knapp unter der Leistung von zehn MW. Die Skaleneffekte großer Turbinen aber auch großer Fertigungsserien treten dadurch bald hoffentlich ein, um die dringend erwarteten Kostensenkungen der noch teuren Offshore-Windkraft einzuleiten. Fast alle derzeitigen Offshore-Windkraft-Hersteller haben sich auch tatsächlich inzwischen mit Gigawatt-schweren Auftragspipelines ausgestattet, ob Siemens, Vestas, Adwen oder der von GE gekaufte Hersteller Alstom.

Iwes glaubt an Zukunft der Offshore-Großtechnologie

Also alles gut? Vorerst ja. Nicht zuletzt auch das Fraunhofer-IWES zeigt ja mit seiner Investition in das Dynalab an, dass es große Erwartungen und Hoffnungen auf die Offshore-Windkraft setzt. Alleine 35 Millionen Euro investierte das IWES in die Planung und den Bau des richtungsweisenden Teststands. Das ist immerhin mehr als das eineinhalbfache des jährlichen Budgets der Windkraftforschungseinrichtung von 23,5 Millionen Euro.

Doch in anderen Zeiten haben besonders erfolgreiche Windturbinenhersteller wie beispielsweise Siemens oder der Windparkprojektierer WPD oder Energiekonzern EnBW auch schon mal schlicht den Vollzug bei einem großen Offshore-Projekt gemeldet. Und die Journalisten durften – bitteschön! – alles weitere gerne nachfragen.

Signal an Politik und Investoren

Dass nun alle Zwischenschritte eines Projekts und angekündigte Eröffnungen wie das Dynalab in Fortsetzungsankündigungen als Telenovela präsentiert werden, zeigt das Risiko an, das die Branche in Hoffnung auf gute Geschäfte bewusst eingeht. Die Investitionen in neue Anlagen, Teststände und Großprojekte sind nun getan. Auch Banken sind offenbar mehr denn je zur Finanzierung  von Offshore-Windkraft bereit. Doch alle wissen: Nur wenn sich ein langer Fluss von Nachfolgeprojekten einstellt, kann die Branche die Kosten senken, die Forschung an der Effizienz verstärken oder für stabile Beschäftigung mit gut abgesicherten Arbeitsverträgen sorgen. Deswegen sind die vielen Bekanntgaben auch an die Politik gerichtet, die die Rahmenbedingungen mit langfristigen Verpflichtungen zum Ausbau der Meereswindkraft schaffen muss. Und sie dürfte auch an die internationalen Kapitalmärkte und den großen globalen Kreis potenzieller weiterer Investoren gerichtet sein. Wenn dort das Interesse in Zeiten schwacher Zinsen wächst, kann der Druck internationaler Kapitalverwalter so groß werden, dass die Politik handeln wird.

Einzige Voraussetzung: Die Branche muss ihre Effizienz und Wirtschaftlichkeit durch die jetzigen Großprojekte auch belegen.

(Tilman Weber)