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Photovoltaikhersteller in Deutschland

Modulhersteller Inventux ist insolvent

Mit der Inventux Solar Technologies AG muss nach Solon und Soltecture schon der dritte Berliner Solarmodulhersteller Insolvenz anmelden. Wie das Unternehmen gestern mitteilte, hat es schon Ende vergangener Woche den Gang zum zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg angetreten, um die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Das Unternehmen nennt den drastischen Preisverfall bei Solarmodulen als Grund für die Schieflage. Die Geschäfte führt jetzt Rolf Rattunde von der Berliner Kanzlei Leonhardt, der vom Amtsgericht als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde. „In den nächsten Tagen werden wir Investoren ansprechen“, erklärt Rattunde. „Gegenwärtig organisieren wir die Fortführung des Unternehmens. Aufträge werden in gewohnter Qualität bearbeitet.“ Rattunde ist optimistisch, das Unternehmen mit etwa 220 Mitarbeitern retten zu können. „Für langfristig denkende Investoren bietet Inventux gute Chancen“, erklärt er. Welche Chancen das Unternehmen wirklich hat und wer als Investor einsteigen könnte, werde man wohl erst Ende nächster Woche wissen, erklärt die Kanzlei Leonhardt auch Nachfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN.

Mehrfach preisgekrönt und doch insolvent

Das 2007 gegründete Unternehmen ist nicht nur der erste europäische Hersteller von mikromorphen Dünnschichtmodulen, sondern seit Ende 2010 auch Systemanbieter. Seit wenigen Monaten bietet Inventux sogar eigenen trafolose Wechselrichter an. Inventux arbeitet nach dem Motto: Das gesamte System aus einer Hand. Das schien eine ganze Weile auch gut zu funktionieren. So plante das Unternehmen die Erweiterung seiner Produktionskapazitäten. Insgesamt sollte das Personal auf das Fünffache aufgestockt werden. Dieser Plan ist jetzt erst einmal vom Tisch. Außerdem hat Inventux nicht nur Preise für seine Module erhalten, sondern auch ein zusammen mit der Georg Utz GmbH im niedersächsischen Schüttorf entwickeltes Montagesystem für Flachdächer wurde im Dezember 2011 vom Industrieverband Halbzeuge und Konsumprodukte aus Kunststoff zum „Produkt des Jahres 2012“ gekürt.

„Betriebswirtschaftlich sinnvolle Preisgestaltung nicht mehr gegeben“

Dennoch scheint das Unternehmen im Berliner Stadtteil Marzahn im weltweiten Preiswettbewerb mit Innovation nicht bestehen zu können. „Bei Inventux geht es auch um die Frage, ob wir in Deutschland eine zukunftsweisende Technologie wie die Herstellung von siliziumbasierten Dünnschichtmodulen halten können oder ob es asiatischen Herstellern mit Dumpingpreisen unter Herstellungskosten gelingt, einen weltweit führenden Hersteller vom Markt zu verdrängen“, fasst Rolf Rattunde die Lage auf dem Photovoltaikmarkt zusammen. „Die Preise im Solarmarkt sind zurzeit so niedrig, dass eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Preisgestaltung nicht mehr gegeben ist und es eigentlich nur besser werden kann.“

Auch die Chinesen erwirtschaften Verluste

Derweil gibt die Entscheidung des US-Handelsministeriums, Schutzzölle auf Modulimporte aus China zu erheben, auch den europäischen Produzenten Auftrieb, mit einer ähnlichen Maßnahme den freien Fall, in dem sich die Solarbranche in Europa derzeit befindet, aufhalten zu können. Solar World aus Bonn, der auch Klageführer in den USA war, hat schon längst angekündigt, auch bei der Europäischen Union zu beantragen. Doch muss Solar World die Branche hinter sich bringen. Schließlich kann die Europäische Kommission nur tätig werden, wenn die europäische Solarindustrie eine Mehrheit für eine Antidumpingklage organisiert. Immerhin hat schon im März dieses Jahres schon Nedim Cen, Chef von Q-Cells, angekündigt, dass man eine Beteiligung an einer derartigen Klage prüfe. Der Zell- und Modulhersteller aus Bitterfeld-Wolfen war Anfang April in die Insolvenz geschlittert, produziert aber inzwischen wieder. Jetzt will sich auch Sovello – ebenfalls aus Bitterfeld-Wolfen – an einer Antidumpingklage beteiligen, wie der Sovello-Geschäftsführer Reiner Beutel gestern mitteilte. „Selbst chinesische Kostenführer erwirtschafteten bei dem aktuellen Preisniveau signifikante Verluste im dreistelligen Millionenbereich“, begründet Beutel die Entscheidung von Sovello. „Die Kosten der besten chinesischen Wettbewerber liegen bei 90 Cent je Watt, die Verkaufspreise der Module aber lediglich bei 55 bis 75 Cent“, rechnet er vor. „Trotz enormer Verluste wird aber an den ruinösen Kampfpreisen festgehalten. Wegen vielfacher indirekter und direkter staatlicher Unterstützung womöglich noch über einen sehr langen Zeitraum – zu lange für die Solarindustrie in Deutschland", so Beutel. (Sven Ullrich)