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Windgipfel

11 Maßnahmen für die Rettung der Windkraft

Nicole Weinhold

Die Grünen haben zum Windgipfel eingeladen. Sie wollten offensichtlich zeigen, dass man es auch besser machen kann als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der der Windkraft-Branche in den vergangenen Monaten zweimal ein bisschen Hoffnung und viel Frust beschert hatte. Hoffnung auf Beschleunigung bei der Genehmigungspraxis und Frust wegen des verbissenen Festhaltens an 1.000 Metern Abstand zur Wohnbebauung bundesweit. Grünen-Chefin Annalena Baerbock erklärte im Vorfeld des Windgipfels, zu dem auch Verbändevertreter gekommen waren: "Wir haben haben zum Windkrisengespräch eingeladen, weil es eine dramatische Situation für die Windbranche in Deutschland gibt." Es habe in diesem Jahr beim Ausbau der Windkraft einen Einbruch um 81 Prozent gegeben. "Das ist nicht nur dramatisch für den Klimaschutz und die Energiewirtschaft, sondern auch für viele Beschäftigte. 40.000 Jobs sind in unserem Land weggefallen. Und da können wir nicht einfachso zusehen", sagte Baerbock.

Maßnahmenpaket für die Windkraft

Wenn sie denn an der Regierung wären - dann würden die Grünen der Windbranche die folgenden elf Maßnahmen verabreichen, um diese in Schwung zu bringen(nun müssen sie den steinigen Weg der Opposition über Öffentlichkeit und Bundesrat gehen):

Maßnahmenkatalog der Grünen für die Windkraft

1. Anwohnerinnen und Anwohner am Erfolg der Windenergie beteiligen

Menschen, die in der Nähe von Windenergieanlagen wohnen, sollen auch von ihr profitieren – und zwar auch finanziell. Das stärkt die Akzeptanz. Dies können wir auf drei Wegen ermöglichen:

•Eine Windprämie einführen:

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung über die Grundsteuer ist ein Schnellschuss, der den Windkraftausbau gefährdet und den Kommunen nicht viel hilft. Mit einer Windprämie wird stattdessen den Kommunalhaushalten über die jetzt schon anfallende Gewerbesteuer hinaus ein Vorteil aus der Errichtung von Windenergieanlagen vor Ort verschafft. Eine vorher festgelegte Umsatzbeteiligung soll von jeder Anlage in jedem Jahr an den Kommunalhaushalt gehen.

•Vergünstigte Stromtarife ermöglichen: AnwohnerInnen vor Ort sollen durch vergünstigten Strom von den Windenergieanlagen in der Region profitieren können.

•Einen Bürgerenergiefonds einrichten: Indem daraus die Anlaufphase von Bürgerenergieprojekten vorfinanziert wird, können durch eine öffentliche Anschubfinanzierung die ersten Planungs- und Projektkosten bezahlt werden. Kommt das Projekt zustande, wird der Kreditregulär abbezahlt. Scheitert das Projekt, wird der Kredit als Zuschuss betrachtet.

2. Kurzfristig Ausbauflächen für blockierte Windanlagen verfügbar machen

Um kurzfristig Flächen im Umfang von etwa 1.500 MW verfügbar zu machen, muss der Windenergieausbau um Drehfunkfeuer (D/VOR) an internationale Standards angepasst werden. Bei Drehfunkfeuern handelt es sich um veraltete Navigationsanlagen, die heute nur noch als Back-Up für moderne Technik genutzt werden. Die Fachagentur Windenergie an Land sieht aktuell zahlreiche Windanlagen durch Drehfunkfeuer verhindert, die oftmals schon sehr weit im Planungsprozess fortgeschritten sind. Deshalb muss dafür gesorgt werden, dass sich die deutsche Flugsicherung endlich an internationale Standards hält und der Mindestabstand von Windenergieanlagen zu D/VOR-Anlagen von 15 auf 10 Kilometer abgesenkt wird.

3. Bürgerwindparks ermöglichen, Ausschreibungen für Bürgerenergieprojekte abschaffen

Das aktuelle Ausschreibungsverfahren erschwert besonders der Bürgerenergie die Teilnahme, da die Unsicherheit über einen Zuschlag und damit das finanzielle Risiko zu groß ist. Deshalb muss das Ausschreibungssystem für Bürgerenergieprojekte zugunsten einer Einspeisevergütung abgeschafft werden.

4. Repowering durch separate Ausschreibungen und verkürzte Planung beschleunigen

In den nächsten Jahren fallen immer mehr alte Anlagen aus der EEG-Vergütung heraus. Bei vielen dieser Anlagen bietet sich ein Ersatz durch eine leistungsstärkere Anlage an. Deshalb müssen separate Ausschreibungsverfahren und zusätzliche Mengen speziell für Repoweringprojekte eingeführt und das Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, wenn die neue Anlage am selben Standort unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben, u. a. der TA Lärm, errichtet werden soll. Aktuell durchlaufen Windenergieanlagen, die bestehende Anlagen ersetzen sollen, das gleiche Verfahren wie jene Anlagen, die an einem bisher nicht genutzten Standort gebaut werden sollen.

5. Projektierern und Herstellern in der Krise mit KfW-Bürgschaften helfen

Aufgrund der unsicheren Bedingungen für den weiteren Ausbau der Windenergie in Deutschland fällt es Projektierern und Herstellern zunehmend schwer, gute Konditionen oder überhaupt Kredite bei Banken zu erhalten, um Windenergieprojekte umsetzen zu können. Um weiterhin Projekte realisieren zu können, könnten KfW-Bürgschaften eine kurzfristige Übergangslösung sein. Besonders für Bürgerenergieprojekte sollte solch eine Finanzierung gewährleistet werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass zeitnah Bestellungen von Anlagen bei den Firmen eingehen und sich eine Kontinuität bei den hereinkommenden Aufträgen einstellt. Dafür brauchen die Projektierer die Perspektive, dass Genehmigungshürden entfallen, Bürokratie abgebaut wird und gerichtliche Verfahren gestrafft werden. Wenn sich diese positive Stimmung in der Branche einstellt, müssen die Projektierer bei der zeitnahen Bestellung von Anlagen unterstützt werden, um weitere Umsetzungsrisiken zu vermindern. KfW-Kredite mit niedrigen Zinsen und KfW-Ausfallbürgschaften bei nicht realisierten Projekten sehen wir als eine geeignete Möglichkeit.

6. Die Beschäftigten im Blick haben – Qualifizierungs-Kurzarbeit für ArbeiterInnen

Für die Beschäftigten kriselnder Unternehmen muss daher die Kurzarbeit auf 24 Monate ausgeweitet und mit Qualifizierung verbunden werden. Denn auch und gerade in der Windbranche müssen sich die Beschäftigten auf neueste technische Entwicklungen einstellen. Eine solche „Qualifizierungs-Kurzarbeit“ trägt dazu bei, dass Fachkräfte gehalten und weiterqualifiziert werden können und verschafft Unternehmen Luft, sich auf neue Anforderungen einzustellen.

MITTEL- UND LANGFRISTIGE MAßNAHMEN:

7. Ausschreibemengen erhöhen und Ausbauziele gesetzlich festlegen

Der Ausbaupfad für Wind an Land muss auf 5.000 - 6.000 Megawatt netto angehoben und die Aus-schreibungen für Wind müssen dementsprechend angepasst werden. Die bisher in den zurückliegenden Ausschreibungen unterzeichneten Mengen und die absehbar in den kommenden Jahren durch Stilllegungen verloren gehenden Kapazitäten müssen in kommenden Ausschreibungen ausgeglichen werden.

8. Ausbau auch in den Südländern ermöglichen

Windenergieanlagen stehen heute ganz überwiegend im windreichen Norden Deutschlands. Inzwischen sind jedoch auch Anlagen verfügbar, die speziell für windschwächere Regionen konzipiert wurden. Um den Ausbau der Windenergie in den windschwächeren südlichen Bundesländern zu unterstützen, muss das Referenzertragsmodell erweitert und im Rahmen des EEG die Marktprämie für 60%-Standorte eingeführt werden. Denn ohne einen gleichmäßigeren deutschlandweiten Ausbau der Windenergie wird sich mit der Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken der Netzausbaubedarf weiter erhöhen.

9. Flächenziel festlegen, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen

Gemeinsam mit den Ländern muss der Bund ein Flächenziel festlegen und mindestens zwei Prozent der Fläche in Deutschland für Windenergie vorsehen. Ziel sollten verbindliche Flächenziele der Länder sein. Statt pauschale Bauverbote für Windenergie zu schaffen, soll die Bundesregierung die laufenden Regional- und Windplanaufstellungen zur Bereitstellung von Windenergieflächen der Länder – wo dies möglich ist – unterstützen und nicht torpedieren. Es sind Regelungen nötig, um die Heilbarkeit von Regionalplänen bei formalen Fehlern zu verbessern und die Digitalisierung der Genehmigungsverfahren voranzutreiben.

10. Natur- und Artenschutz standardisieren

Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung schon 2018 ins Stammbuch geschrieben, dass sie für einen einheitlichen Bewertungsmaßstab von Naturschutzfragen bei der Genehmigung von Windenergie sorgen muss. Bisher bleibt sie bei Ankündigungen. Es muss endlich für bundesweit einheitliche Standards für die Koexistenz von Windenergie und Naturschutz gesorgt werden, um damit den Genehmigungsbehörden vor Ort Bewertungsmaßstäbe, Klarheit und Rechtssicherheit zu verschaffen. Die Nutzung der Ausnahmegenehmigung bei gutem Zustand von Populationen, wie sie bereits jetzt im Naturschutzgesetz vorgesehen ist, soll nutzbar gemacht werden.

11. Gute Arbeit für saubere Energie gewährleisten

Unternehmen können langfristig nur gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgreich sein kann. Wir appellieren an Hersteller und Projektierer, die Bildung von Betriebsräten zu unterstützen. Hier muss der Gesetzgeber die Rechte der Betriebsräte stärken – etwa durch besondere Schutzbestimmungen zur Bildung von Betriebsräten und eine stärkere Einbindung der Betriebsräte in die Personalplanung.