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Ausschreibung von Solarparkleistung - ein Kommentar

Erfahrungsbericht der ersten drei Runden veröffentlicht

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel musste sich – ob er wollte oder nicht – in den letzten Tagen mit dem Energiesystem auseinandersetzen. Zum einen liegt jetzt der erste Erfahrungsbericht über die Ausschreibungen von Solarparkleistung auf dem Tisch. Zum anderen konnte er die Handelsblatt-Jahrestagung Energiewirtschaft kaum schwänzen. Schließlich ist er nebenbei auch noch der zuständige Fachminister in Berlin.

Ganz im Sinne des Wirtschaftsministers

Der Erfahrungsbericht über die Ausschreibungen fiel ganz im Sinne des Wirtschaftsministers aus. Gabriel nennt die Ausschreibungen einen vollen Erfolg. Dabei ist aber bei genauerem Hinsehen schon doch etwas Euphemismus dabei, der in der Politik nicht unüblich ist, wenn es darum geht, die eigenen Entscheidungen zu bewerten. Von einen kritischen Blick auf die Dinge ist bei Gabriel nichts zu spüren, wenn er sagt, die Ausschreibungen seien von den Marktteilnehmern, wie er die Projektierer bezeichnet, gut angenommen worden. Welche andere Chance hätten denn die Unternehmen gehabt. Schließlich ist es der Zweck eines solchen Projektierers, Solarparks zu entwickeln. Das kann er inzwischen nur noch über die Ausschreibungen tun, wenn er keine andere Möglichkeit findet, den Strom zu vermarkten. Einen solchen Weg hat ja Sigmar Gabriel ebenfalls versperrt, indem er das Grünstromprivileg abgeschafft hat und die Vermarktung von Strom aus Solarparks an Gewerbebetriebe in der Nähe nahezu unmöglich gemacht hat.

Allein der Preis zählt

Doch für Gabriel ist nicht die Frage, ob die Solarunternehmen in Zukunft überhaupt überleben können. Für ihn ist allein der Preis ausschlaggebend, zu dem der Strom ins Netz eingespeist wird. Da bleibt auf jeden Fall fraglich, ob das wirtschaftspolitisch so clever ist. Auf der einen Seite begrenzt er damit viele Möglichkeiten der kleinen Akteure, Kraftwerke zu bauen. Auf der anderen Seite versperrt er damit den Weg für deutsche Komponenten, die nicht mehr in Solarparks verbaut werden, wenn es allein um den Preis geht. Eine fatale wirtschaftspolitische Fehlentscheidung, die schon viele Existenzen vernichtet hat. Allein in den letzten drei Jahren sind mehr als 40.000 Arbeitsplätze in den erneuerbaren Energien verloren gegangen. Die meisten davon in der Solarbranche. Die Beschäftigung dort hat sich seit 2012 mehr als halbiert. Allein seit Gabriels Amtsantritt im Dezember 2013 wurden 20.000 Arbeitsplätze in der Solarindustrie vernichtet. Zumindest was die Solarbranche angeht, ist seine Bilanz so verheerend wie die seiner unmittelbaren Vorgänger.

Der dritte Denkfehler ist, dass die Anlagen, wenn sie so billig wie möglich sind, auch mit der gleichen Qualität gebaut werden. Zudem darf dann nichts mehr schief gehen mit den Komponenten und auch die Energieversorger dürfen nach Inbetriebnahme keine Änderung der Kommunikationsanforderungen mehr stellen. Denn das kostet viel Geld und macht die Solarparks, die zu diesem Preis schon auf Kante gestrickt sind, wahrscheinlich im Nachhinein unwirtschaftlich.

Markt gilt nur für Erneuerbare

Wenn Gabriel von Markt redet, dann meint er natürlich nur die erneuerbaren Energien. Die Ökostromanlagen haben sich gefälligst in den Markt zu integrieren. Dass das derzeitige Design dieses Marktes auf die volatilen Erzeuger gar nicht zugeschnitten ist, sondern auf die zentrale Stromversorgung aus Großkraftwerken, lässt er dabei geflissentlich unter den Tisch fallen. Zumal die fossile und atomare Stromwirtschaft seit Jahrzehnten mit riesigen Summen unterstützt wird, ohne dass dies auf irgendeiner Rechnung auftaucht. Hier zählt der Markt nicht. Diese Katze hat Gabriel auf der Handelsblatttagung aus dem Sack gelassen. Er spricht davon, dass die fossilen Kraftwerke weiterhin notwendig seien, da die erneuerbaren das Stromnetz nicht stabil halten könnten. Tatsächlich werden mit der Verbesserung der Förderung für die Kraft-Wärme-Kopplung wieder Milliarden Euro in den Umstieg von Kohle- auf Gaskraftwerke gesteckt, statt Nägel mit Köpfen zu machen und dieses Geld in den Bau von Speichern zu investieren. Doch diese sind zu eng mit den erneuerbaren Energien verknüpft, als dass sie die Gunst im Wirtschaftsministerium finden würden.

Photovoltaik in den Zwinger gesperrt

Das EEG lobt Gabriel mit den Worten, es sei in seiner alten Struktur ein gutes Instrument der Technologieförderung gewesen. „Es hat die Welpen wachsen lassen“, versucht er es bildlich auszudrücken. „Aber aus den Welpen sind ziemlich große Jagdhunde geworden und deshalb gibt es keinen Grund mehr für Welpenschutz. Sondern die Erneuerbaren müssen an den Markt und sich unter marktwirtschaftlichen Bedingungen den Herausforderungen des Marktes stellen.“ Da mag er recht haben, wenn dies für alle Erzeugungsarten – also auch für die fossilen Kraftwerke – gelten würde. Aber da übermannt den Bundesminister offensichtlich die Angst vor den großen Jagdhunden, die er derzeit in einen möglichst kleinen Zwinger stecken will. Denn die Photovoltaik braucht längst keinen Welpenschutz mehr – zumindest was das Segment der Dachanlagen angeht. Hier verfolgt Gabriel aber die Politik, mit möglichst hohen Hürden den Zubau maximal zu behindern. Längst sind große Anlagen für den direkten Eigenverbrauch wirtschaftlich. Doch Gabriel baut die psychologische Hürde Sonnensteuer auf, womit er den Markt und den Wettbewerb, auf den er doch so vehement schwört, wieder verzerrt.

Förderlücke verhindert Zubau

Komplett verrechnet hat sich Sigmar Gabriel mit dem Zubaukorridor. Der wird schon seit Monaten nicht mehr eingehalten. Der Ausbau der Photovoltaik geht sehr schleppend voran. Ein Grund dafür ist die eklatante Lücke bei Bau von Solarparks, die Gabriel mit der Entscheidung für Ausschreibungen provoziert hat. Denn es war doch von vorn herein klar, dass in den ersten beiden Jahren der Ausschreibungen kaum noch Freiflächenanlagen gebaut werden. Der größte Teil der Bieter, die eine Marktprämie gewonnen haben, werden die zwei Jahre ausschöpfen, die sie für die Fertigstellung der Anlagen haben. Das bedeutet, dass der Bau von Solarparks in den kommenden anderthalb Jahren weiterhin einfach nahezu nicht stattfindet, mit entsprechenden Konsequenzen für die Einspeisevergütung der anderen Segmente. Denn diese sinkt derzeit nicht, obwohl auch Dachanlagen weiter billiger werden. Man könnte ja vermuten, im Wirtschaftsministerium hätte das Milchmädchen die finanziellen Auswirkungen von Gabriels Photovoltaik-Verhinderungspolitik ausgerechnet.

Nur die halbe Wahrheit

Sicherlich hat Sigmar Gabriel mit dem Umstieg auf Ausschreibungen den Preis für Solarstrom aus Freiflächenanlagen leicht gesenkt, was aber auch wieder nur die halbe Wahrheit ist. Die durchschnittliche Marktprämie in der ersten Ausschreibung lag sogar höher als wenn diese Anlagen in zwei Jahren ans Netz gegangen wären und die reguläre Einspeisevergütung bekommen hätten. Auf der anderen Seite muss Gabriel aber gegenrechnen, wie hoch die Einsparungen aus dem billigeren Strom aus den Solarparks im Vergleich zur nicht mehr sinkenden Einspeisevergütung für Dachanlagen tatsächlich sind. Wäre es nicht billiger gewesen, dem Zubau freien Lauf zu lassen und die Einspeisevergütung darüber für alle Anlagen weiter zu senken, statt die Degression aussetzen zu müssen, weil zu wenig Solarstromleistung aufgebaut wird.

Bisher nur drei Anlagen förderberechtigt

Dazu kommt noch, dass bisher noch gar nicht klar ist, ob die Anlagen mit dieser Marktprämie tatsächlich gebaut werden. Von den 58 bisher bezuschlagten Geboten der ersten beiden Runden haben bisher erst drei einen Antrag auf Förderberechtigung gestellt. Sollte ein Teil der Solarparks nicht realisiert werden, dann ist die Situation gleich doppelt fatal. Denn dann bekommt Gabriel noch nicht einmal komplett den billigen Strom aus den Freiflächenanlagen, muss aber eine höhere Einspeisevergütung für die Dachanlagen in Kauf nehmen, weil die Degression nicht weitergeht. Hier wäre einmal eine ehrliche Berechnung notwendig, bevor Sigmar Gabriel sich weiter über den grünen Klee lobt. Sven Ullrich

Wie Energiegenossenschaften auch in den Ausschreibungen erfolgreich sein können, lesen Sie in der nächsten Ausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN.