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CO2-Preis gefordert

Expertenkommission schlägt Alarm: kein Fortschritt beim Klimaschutz

Nicole Weinhold

Gerade wurde der zweite Fortschrittsbericht zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ von der Bundesregierung veröffentlicht. Anhand von Indikatoren werden ein faktenbasierter Überblick über den Stand der Umsetzung der Energiewende gegeben und die Entwicklungen der kommenden Jahre beschrieben. Der Bericht wurde vom Bundeswirtschaftsministerium unter Beteiligung der anderen Ressorts und nachgeordneter Behörden erarbeitet. Zur Begleitung des Monitoring-Prozesses hat die Bundesregierung im Jahr 2011 eine Kommission aus vier unabhängigen Energieexperten berufen. Deren Mitglieder sind Andreas Löschel (Vorsitzender), Universität Münster, Georg Erdmann, TU Berlin, und Frithjof Staiß, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

Expertenkommission mahnt stärkeren Zubau erneuerbarer Energien an

Die Expertenkommission identifiziert in ihrer Stellungnahme erhebliche Defizite beim Klimaschutz, im Bereich der Energieeffizienz sowie bei erneuerbaren Energien im Verkehrs- und Wärmesektor. Nur der Ausbau erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung sei auf gutem Weg, heißt es vonseiten der Kommission. Mit Blick auf das 65-Prozent-Ziel für 2030 seien die aktuellen Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien aber nicht ausreichend. Die Expertenkommission mahnt einen stärkeren Zubau der erneuerbaren Energien an. Für die Windenergie an Land wird dabei ein jährlicher Zubau von 4.000 Megawatt gefordert. Bei Offshore soll der Ausbau um 5.000 Megawatt angehoben werden.

Verdreifachung der Schrittgeschwindigkeit bei der CO2-Reduktion

Statt einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von zuletzt im Schnitt etwa 1,2 Prozent pro Jahr ist laut Kommission zur Erreichung des Klimaziels 2030 eine jährliche Minderung von 3,6 Prozent notwendig, also eine Verdreifachung der Schrittgeschwindigkeit.

Bei der Energieeffizienz wird die angestrebte Steigerung der Endenergieproduktivität um jahresdurchschnittlich 2,1 Prozent deutlich verfehlt. Bisher ist nur bei den privaten Haushalten eine leicht rückläufige Entwicklung festzustellen.

Um der Energiewende neue Dynamik zu verleihen, schlägt die Kommission vor, zeitnah die Umlagen auf Elektrizität durch einen CO2-bezogenen Zuschlag auf fossile Energieträger aufkommensneutral zu ersetzen. Diese Energiepreisreform schaffe Anreize für klimafreundliche Innovationen, so die Kommission. Der aufkommensneutrale Ersatz sei ein realisierbares Konzept für die nächste Stufe der Energiewende.

Denkbar sei ein Wegfall der EEG- und KWKG-Umlage bei Refinanzierung durch einen CO2-bezogenen Zuschlag auf fossile Energien, um Anreize zu schaffen für Investitionen in die Sektorkopplung sowie in die Verbesserung der Energieeffizienz in den Bereichen Verkehr und Wärme. Die mit der Energiepreisreform verbundenen Verteilungswirkungen bei den privaten Haushalten sind zumeist überschaubar und stehen einer Reform nicht entgegen.

Im geplanten Klimaschutzgesetz brauche es stärkere Anstrengungen

Umweltverbände und Politiker beurteilten die Ergebnisse des Fortschrittsberichts ebenfalls kritisch. „Der Fortschrittsbericht zur Energiewende macht deutlich, dass Deutschland zur Erreichung der selbstgesteckten Ziele große Herausforderungen zu meistern hat. Die Bundesregierung muss nun zügig konkrete Maßnahmen auf den Tisch legen, um aufzuzeigen, wie die Energiewende in allen Sektoren gelingen soll“, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) anlässlich des heute veröffentlichten zweiten Fortschrittsberichts zur Energiewende. Im geplanten Klimaschutzgesetz brauche es deutlich stärkere und verbindlichere Anstrengungen zur Reduktion des Energieverbrauchs und des CO2-Ausstoßes in beiden Sektoren. "Eine CO2-Bepreisung würde schnell Dynamik in die Emissionseinsparung bringen, da es den klimaschädigenden CO2-Ausstoß mit Kosten belegt und stattdessen saubere Energieträger sowie Energiesparen belohnt", so Peter.

Auch Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik bei den Grünen, fordert einen CO2-Preis: "Einmal mehr zeigt sich in den vorgelegten Zahlen der fehlende Wille der großen Koalition, eine innovative und klimaschonende Energiepolitik zu gestalten. Dabei liegen die wesentlichen Maßnahmen längst auf dem Tisch: der Kohleausstieg, eine Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, ein klimagerechtes Gebäudeenergiegesetz, massive Investitionen in Bus, Bahn und Rad sowie ein angemessener CO2-Preis."

Festgefahrenen Diskussion in der AG Akzeptanz beenden

"Wir brauchen endlich ein verbindliches Zeit- und Mengengerüst für den Ausbau aller Erneuerbarer Energien und einen tatkräftigen Aufschlag zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im Bereich der Windenergie an Land“, so Hermann Albers, Präsident Bundesverband Windenergie, in diesem Zusammenhang. „Es ist gut, dass sich die Expertenkommission noch einmal sehr deutlich hinter die planungsrechtliche Privilegierung der Windenergie stellt, einfordert, dass die Konzentrationszonenplanung rechtssicherer gestaltet werden muss und klar gegen pauschale Regelungen bei Abständen stellt. Diese wichtigen Hinweise sollte helfen, die festgefahrenen Diskussion in der AG Akzeptanz der Regierungsfraktionen zu beenden und zu einer ernsthaft nach vorne gerichteten Debatte zurückzukehren. Es braucht noch vor der parlamentarischen Sommerpause ein Signal wie der Ausbau der Windenergie wieder an Fahrt gewinnen kann“, so Hermann Albers.