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Reform des Stromfördersystems unabdingbar

Das deutsche Marktprämienmodell ist mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar. Die Einführung von Differenzverträgen (Contracts-for-Difference, CfD) ist demnach nicht zwingend. Zu diesem Ergebnis kommt ein vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) in Auftrag gegebenes Gutachten der Kanzlei Raue. „CfD halten wir insgesamt für ein untaugliches Instrument, um eine vollständig erneuerbare Energiewirtschaft zu erreichen. Die verpflichtende Einführung von CfD auf EU-Ebene sehen wir daher äußerst kritisch. Sie würde den Spielraum der Bundesregierung bei der Ausgestaltung eines nationalen Förderrahmens ebenso beschneiden wie die Vielfalt der erneuerbaren Marktprodukte“, so BEE-Präsidentin Simone Peter. 

„Die erneuerbaren Energien werden immer günstiger, brauchen aber weiterhin eine stabile Marktgrundlage, die ihren Hochlauf absichert. Mit fortschreitendem Ausbau ist das im derzeitigen System nicht mehr der Fall, weil der preissenkende Effekt der Erneuerbaren immer häufiger zu Zeitfenstern mit Strompreisen unter null Euro führt, in denen die Wirtschaftlichkeit der Erneuerbaren nicht gegeben ist“, so die Präsidentin. Eine Reform des Strommarktsystems sei auch daher unabdingbar. Die Einführung eines verpflichtenden CfD-Förderrahmens, wie er derzeit auf EU-Ebene diskutiert wird, würde zwar einzelne alte Probleme lösen, aber zugleich zahlreiche neue schaffen. 

Besser sei die Weiterentwicklung des Marktprämienmodells von einer Zeit- zu einer Mengenförderung. „Anstatt erneuerbare Anlagen für einen fixen Zeitraum von 20 Jahren zu fördern, sollte eine bestimmte Energiemenge über die Förderung abgesichert werden“, so Peter. „Das ermöglicht Betreiber*innen die Stromeinspeisung zur Stabilisierung der Strompreise temporär zu reduzieren und anschließend kostenneutral nachzuholen. Negative Strompreise werden so verhindert, das System ist damit effizienter und insgesamt kostengünstiger.“

„Deutschland hat sich in einem gemeinsamen Brief mit anderen Mitgliedsstaaten vom 13.02.23 deutlich und klar gegen eine verpflichtende Einführung von CfD ausgesprochen. An dieser Position muss die Bundesregierung festhalten, damit die Diskussionen um die Reform des nationalen Förderrahmens in der Plattform Klimaneutrales Stromsystem zielgerichtet bleibt und Erneuerbare keine künstlichen Beschränkungen auferlegt bekommen“, so Peter abschließend.

Hintergrund: Eine von der Europäischen Union (EU) durch die EU-Kommission Ende Januar eingeleitete Befragung der Interessenvertreter soll die Gesetzesinitiative der Kommission für neue europaweite Strommarktregeln einleiten und bis März zu einem Gesetzentwurf führen. Der Befragung oder Konsultation liegt das Reformkonzept zugrunde, wonach die Erneuerbaren mit einer dauerhaften Erlösobergrenze belegt bleiben sollen und sich ihre Vergütung unabhängig von Preiskapriolen an den Energiemärkten an ihren Erzeugungskosten orientieren sollen. Die EU-Kommission hat hierfür sogenannten Power Purchase Agreements (PPA) im Blick, langfristige Stromlieferverträge zwischen Stromabnehmern und Betreibern der Erneuerbare-Energien-Anlagen mit Preisen bestenfalls knapp über den langfristig zu erwartenden Stromhandelspreisen. Durch sogenannte Differenzverträge (international: CFD) würden Erneuerbare-Energien-Anlagenbetreiber außerdem ihre Erzeugung in Ausschreibungen zu einem Fixpreis für die Einspeisung ins öffentliche Netz anbieten. Würden die Betreiber ihre Stromvolumen weiter am freien Strommarkt handeln, erhielten sie bei Erlösen unterhalb des CFD-Fixpreises die Differenz ausgeglichen. Und bei Erlösen über dem CFD-Niveau müssten sie die Überschüsse abgeben.

CFD gelten als Instrument zur Vergütungsermittlung, um die echten Stromgestehungskosten preislich vollständig abzusichern, weil Anbieter mit den CFD-Geboten anders als bei sonst üblichen reinen Mindestgebots-Ausschreibungen nicht auf hohe Strompreise am freien Markt setzen können. Die Windpark- oder Photovoltaik-Projektanbieter treten bei CFD deshalb in keinen Unterbietungswettbewerb ein mit sogar Null-Cent-Einspeisegeboten. Insbesondere Projektierungsunternehmen von Offshore-Windparks, die sich inzwischen regelmäßig zu Null-Cent-Geboten gezwungen sehen, fordern daher CFD-Systeme ein und loben sie als Garant gegen nachträgliche Strompreissteigerungen, weil die Betreiberunternehmen dann mit PPA oder im Stromhandel höhere Risiken durch höhere Preise absichern müssen.

Die EU zielt mit dem CFD andererseits darauf, die Erneuerbaren aus dem Merit-Order-Effekt herauszunehmen. Diese bisherige Wettbewerbsregel im Strommarkt für alle Strom anbietenden Unternehmen bewirkt, dass in jeder Viertelstunde der jeweils höchste gezahlte Preis pro Kilowattstunde für alle einspeisenden Anlagen gilt. Daher bestimmten in der Vergangenheit die hohen Gaspreise die Vergütung – Gaspreise, die infolge des Ukrainekriegs beziehungsweise der beendeten Gasimporte aus dem Krieg führenden Russland mittlerweile chronisch sind. Die Mehrgewinne durch diesen Merit-Order-Effekt holen die EU-Länder derzeit durch Erlösobergrenzen insbesondere von den Erneuerbare-Energien-Betreibern zurück.

(nw)