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Neue Studie: Europas Einfamilienhäuser können mit Solarstrom autark werden

Die rasant steigende Nachfrage nach Photovoltaik nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und den dadurch gestiegenen Energiekosten hat gezeigt, dass sich vor allem Eigentümer von Einfamilienhäusern energetische unabhängig machen wollen – zumindest so weit es geht. Das das durchaus sehr weit gehen kann, zeigt eine aktuelle Studie des Karlsruher Instituts für Technologien (KIT). „Durch Investitionen in lokale Energieversorgungssysteme kann ein Großteil des eigenen Stromverbrauchs selbst gedeckt und damit die Abhängigkeit von hohen Strompreisen reduziert werden“, sagt Max Kleinebrahm, Gruppenleiter am Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion (IIP) des KIT und Hauptautor der Studie.

Über die Hälfte der Häuser kann autark werden

Diese hat gezeigt, dass unter heutigen Bedingungen 53 Prozent der 41 Millionen Gebäude in Europa technisch in der Lage sind, sich komplett mit Photovoltaik und Stromspeicher selbst zu versorgen. „Dieser Anteil könnte aufgrund verbesserter Technologien bis 2050 auf 75 Prozent steigen“, prognostiziert Russell McKenna, Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) und Leiter des Labors für Energiesystemanalyse am Paul Scherrer Institut in der Schweiz, das ebenfalls an der Studie beteiligt war.

4.000 repräsentative Einfamilienhäuser untersucht

Um dies herauszufinden, haben die Forscher:innen zunächst eine Datenbank erstellt, in der geografisch hoch aufgelöste Informationen zum europäischen Gebäudebestand und den darin lebenden Haushalten mit lokalen klimatischen und wirtschaftlichen Bedingungen kombiniert wurden. Auf der Basis dieser Daten haben sie zunächst 4.000 repräsentative Einfamilienhäuser so konfiguriert, dass sie kostenoptimiert mit einem energieautarken Versorgungssystem ausgestattet werden können. Im nächsten Schritt haben sie neuronale Netze eingesetzt, um die Ergebnisse auf die 41 Millionen untersuchten Einfamilienhäuser zu übertragen.

Zwei Millionen Häuser können sich abkoppeln

Die errechneten Ergebnisse in die Praxis übertragen würde bedeuten, dass sich bis 2050 bis zu zwei Millionen Einfamilienhäuser komplett vom Stromnetz trennen, wie Russell McKenna erklärt. Voraussetzung ist, dass diese etwa 50 Prozent mehr in die Autarkie investieren, als für ein normales Energiesystem für das Gebäude mit Netzanschluss notwendig wäre. Dabei sind die Forscher:innen optimistisch. „Denn neben der Wirtschaftlichkeit spielen bei der Entscheidung auch nicht-monetäre Aspekte wie ein hoher Anteil erneuerbarer Energien, die Ablehnung der Nutzung nuklearer und fossiler Energien und ein hoher Grad an Autarkie eine immer wichtigere Rolle“, sagt Max Kleinebrahm vom KIT.

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Stabiles Wetter oder hohe Strompreise treiben die Nachfrage

Großes Potenzial für energieautarke Einfamilienhäuser sehen die Forscher:innen vor allem in Regionen mit geringen saisonalen Wetterschwankungen, wie beispielsweise in Spanien. Aber uach hohe Strompreise wie in Deutschland könnten die Hauseigentümer zur Autarkie bewegen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein erfolgreiches, kostenoptimales und autarkes Energieversorgungssystem für Gebäude in Mitteleuropa aus Photovoltaik zur Stromerzeugung sowie einer Kombination von kurzfristiger Batteriespeicherung und einem langfristigen, saisonalen Wasserstoffspeichersystem bestehen wird“, sagt Jann Weinand, Abteilungsleiter am Forschungszentrum Jülich, das auch an der Erstellung der Studie beteiligt war.

Autarke Gebäude stabilisieren Energiesystem

Die Forscher:innen werden sich im nächsten Forschungsschritt anschauen, welche Auswirkungen für das europäische Energiesystem zu erwarten sind, wen jede Menge Einfamilienhäuser energieautark werden. Sie vermuten aber einen positiven Effekt. „Teilautarke Wohnhäuser könnten in Zukunft dazu beitragen, das übergeordnete Energiesystem zu stabilisieren“, sagt Elias Naber vom IIP des KIT. „Ein weniger stark ausgeprägtes Nachfrageprofil der Haushalte könnte etwa die Nachfrage nach Spitzenlastkraftwerken dämpfen. Allerdings müsste dann verhindert werden, dass sich Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer komplett vom Netz abkoppeln – etwa indem sie für netzfreundliches Verhalten mit speziellen Strompreistarifen belohnt werden“, rät er. (su)