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Berlin gibt Gestaltungsmöglichkeiten auf

Gabriel will Speicher nicht mehr fördern

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) schlägt vor, das Förderprogramm für Solarstromspeicher zum Jahresende abzuschaffen. Dies geht aus einem Schreiben Gabriels an den Wirtschaftsausschuss des Bundestages hervor. Den überraschenden Schritt begründet der Wirtschaftsminister damit, dass die Förderung ihren Zweck erfüllt habe und damit nicht weiter notwendig sei. Denn die Förderung sei dafür gedacht gewesen, die Markteinführung von Stromspeichern als Komponente von Photovoltaikanlagen zu unterstützen. Ziel sei es gewesen, dass durch den höheren Absatz die Preise so weit sinken, dass das Segment auf eigenen Füßen stehen könne. Dies sei jetzt geschehen.

Neue Marschrichtung der Bundesregierung

Außerdem stehe die Förderung im Gegensatz zu den Zielen der Stromarktreform, die die Bundesregierung vor wenigen Tagen beschlossen hat. Diese will stärker als bisher den Markt von Preissignalen abhängig machen. „Staatliche Förderprogramme für eine Technologie sind damit nicht zu vereinbaren“, schreibt Gabriel in seinem Brief an den Wirtschaftsausschuss. Welche Preissignale Gabriel im Blick hat, wenn er Betreiber von Braunkohlekraftwerke staatliche Beihilfen zukommen lässt, kann man nur erahnen. Immerhin 1,16 Milliarden Euro bekommen diese, damit sie längst veraltete und marode Kraftwerke abschalten, deren Lebenszeit ohnehin abgelaufen ist. Müssten die Betreiber die Stilllegung selbst bezahlen, könnte Braunkohlestrom auch nicht so billig sein, wie er derzeit an der Börse angeboten wird. Abgesehen davon, dass Bund und Länder die Förderung der Braunkohle seit Jahren mit Milliarden an Steuergeldern subventioniert.

Unverständnis in den Branchen

In der Branche stößt die Entscheidung Gabriels auf völliges Unverständnis. „Der weitere Erfolg der Energiewende ist auf den Ausbau von Speichern dringend angewiesen“, betont Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW Solar). Zwar will die Branche nicht ewig auf die Förderung angewiesen sein. Doch wie in der Photovoltaik kommt das Ende der Förderung von Stromspeichern zu früh. „Wir haben mit dem Speicherprogramm erste Etappenziele bei der Kostensenkung erreicht, wir brauchen aber noch zeitlich begrenzte Anreize für den zweiten Teil der Wegstrecke zur Wettbewerbsfähigkeit“, erklärt Carsten Körnig. „Ein Auslaufen des Programms zum jetzigen Zeitpunkt kann die Markteinführung von Speichern um entscheidende Jahre zurückwerfen, die Energiewende insgesamt und Deutschlands Systemführerschaft auf einem der größten Zukunftsmärkte gefährden. Die bei der Photovoltaik gemachten Fehler dürfen sich hier nicht wiederholen! Das vom Bundestag vorgegebene Ziel, Solarstromspeicher in den Markt einzuführen, dürfte durch einen vorzeitigen Programmstopp deutlich verfehlt werden.“ Sowohl der BSW Solar als auch der Speicherverband fordern den Bundestag jetzt auf, sich gegen die Politik Gabriels stark zu machen, die Energiewende immer mehr auszubremsen und auf die einmalige Verlängerung der Speicherförderung um drei Jahre zu drängen.

Der BSW Solar kann auch Zahlen nennen. Jährlich 25 Millionen Euro würde die Fortsetzung des Förderprogramms kosten. Im Vergleich zu den Subventionen, die an anderer Stelle an die alte Energiewirtschaft ausgereicht werden, ist das ein minimaler Betrag, um die Energiewende weiter fortzuführen.

Kostensenkungen erreicht

Wie lange die Speicher tatsächlich von einer Förderung abhängig sind, ist dabei nicht wirklich klar. Die Preise sind in den vergangenen beiden Jahren drastisch gesunken. Immerhin um elf Prozent bei den Bleispeichern und sogar um 18 Prozent bei den Lithiumionen-Speichern. Außerdem beobachte das Bundeswirtschaftsministerium eine normale Lernkurve. Bei einer Verdopplung des Produktionsvolumens sinken die Kosten um zehn bis 20 Prozent. Zwar ist dies richtig, doch das Produktionsvolumen hängt letztlich vom Absatzmarkt ab. Wenn dieser durch das Ende der Förderung von Kleinspeichern und schon längst durch die anteilige EEG-Umlage für selbst erzeugten Solarstrom künstlich abgewürgt wird, wird sich auch keine weitere Preisreduktion ergeben.

Hälfte der Speicher mit Förderung gebaut

Doch stehen die Speicher für Eigenheime immerhin kurz vor der Wettbewerbsfähigkeit. Das zeigt die Tatsache, dass nur gut die Hälfte der Speicher im vergangenen Jahr mit der Förderung gebaut wurden. Die andere Hälfte der Kunden hat den bürokratisch aufwändigen Umweg über die Finanzierung durch die KfW-Bank gar nicht erst angetreten. Auf der anderen Seite geht aus diesen Zahlen aber auch ganz klar hervor, dass der Markt für Stromspeicher in Deutschland nur halb so groß wäre, würde die Markteinführung nicht durch eine Förderung unterstützt.

Größere Speicher für Industrie- und gewerbliche Anwendungen bekommen ohnehin keine Förderung. Hier haben die Anbieter aber auch längst Geschäftsmodelle entwickelt. die in absehbarer Zukunft tragen werden. Dazu zählt nicht nur der Eigenverbrauch, sondern auch die unterbrechungsfreie Stromversorgung und das Kappen von Leistungsspitzen, die die Unternehmen teuer bezahlen, aber nur selten nutzen.

Speicher kommen sowieso

Damit wird auch klar, dass die Speicher nur teilweise von der Förderung abhängig sind. „Kommen werden die Speicher so oder so“, sagt Udo Möhrstedt, Vorstandsvorsitzender von IBC Solar. „Sie sind wirtschaftlich und effizient.“ Viel wichtiger sind aber ganz ein ganz anderer Punkte, der über die finanziellen Aspekt hinausgehen, den Gabriel mit seiner Entscheidung als einzigen im Blick hat: die Einbindung der Speicher ins Gesamtsystem. „Mit dem Marktanreizprogramm gibt der Energieminister das einzige Steuerungsinstrument aus der Hand, mit dem der Staat den Standard dieser neuen Technologie mitbestimmen kann“, warnt Udo Möhrstedt. „Die entscheidende Frage ist, welchen Nutzen sie für das Gesamtsystem haben. Speicher können systemdienlich sein, falls sie etwa Erzeugungsspitzen in der Energieproduktion abfedern. Das aber muss weiterhin über eine Förderung angereizt werden. Denn für den einzelnen Speicherbetreiber geht es eher um die Erhöhung seines Eigenverbrauchs als um systemdienlichen Nutzen. Entfällt eine Förderung, gibt es keinen Grund mehr, Speicher systemdienlich zu gestalten.“ Außerdem können über die Förderung Standards bei der Sicherheit von Speichern mitgestaltet werden. So wäre unter anderem denkbar, dass nur Speicher gefördert werden, die entsprechende Sicherheitszertifikate haben. Mit dem Ende der Förderung gibt Berlin auch auf diesem Gebiet alle Möglichkeiten ab. (Sven Ullrich)