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Stromspeicher

„Wir brauchen vor allem eine Entbürokratisierung“

Mit welchem Nachfragewachstum rechnen Sie in den kommenden Monaten – schließlich sind die Themen Klimaschutz und Energiewende stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt?

Mathias Hammer: Wir rechnen damit, dass die Nachfrage und der Markt weiter in einem Maß wachsen, das dem Wachstum der vergangenen Jahre entspricht. Die verstärkte öffentliche Debatte um Klimaschutz und Energiewende sind da sicherlich hilfreich, ebenso wie der fortgesetzte Anstieg der Strompreise. Auch der Vormarsch der Elektromobilität wird zumindest in den kommenden Jahren ein wichtiger Faktor werden,

Senec hat inzwischen 10.000 Speicher installiert. Wie viele davon sind in der Cloud vertreten?

Wir, das heißt eigentlich unsere Fachpartner, haben deutlich mehr als 10.000 Speicher installiert. Diese von uns veröffentlichte Zahl bezog sich nur auf die Baureihe Senec Home V2.1, die wir im Sommer 2018 in den Markt eingeführt haben. Seit wir die Senec Cloud eingeführt haben, werden etwa 60 Prozent der Speichersysteme mit einem Cloudvertrag verkauft.

Sie haben in diesem Jahr ein neues Home-Speichersystem vorgestellt. Das ist immer noch das treibende Marktsegment. Welchen Anteil an Systemen verkaufen Sie an Hauseigentümer und welcher Anteil entfällt auf Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe?

Unser Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Heimspeichermarkt. Wir bieten zwar Lösungen für bis zu 70 Kilowattstunden Speicherkapazität an, dennoch geht der allergrößte Anteil unserer Speicher an private Hausbesitzer.

Mit welchen Geschäftsmodellen jenseits des Eigenverbrauchs können Sie im Vertrieb von Systemen derzeit punkten?

Es ist unser Geschäftsmodell, den Kunden eine Gesamtlösung für den Eigenverbrauch mit selbst erzeugtem Solarstrom zu bieten. Dazu gehört ein Komplettpaket aus Photovoltaikmodulen, Stromspeicher und Wallbox sowie der Cloud als ergänzendes Stromprodukt. Von daher machen wir eigentlich nichts jenseits des Eigenverbrauchs. Im Vertrieb punkten wir neben den Produkteigenschaften und vor allem der einmaligen Garantie auf 100 Prozent der Speicherkapazität in den ersten zehn Jahren mit dem Angebot der Cloud, das für viele Hausbesitzer attraktiv ist.

Welche Rahmenbedingungen braucht die Speicherbranche, um Speicherkapazitäten schneller auszubauen, um wiederum die Energiewende voran zu bringen?

Wir brauchen vor allem eine Entbürokratisierung. Es muss für die Menschen einfacher werden, sich selbst mit Solarstrom zu versorgen. Registrierung, Steuern, Mieterstrom, Smart Meter oder Wallboxen im Mehrfamilienhaus – das ist alles viel zu kompliziert gestaltet und schreckt die Leute ab. Da ist Deregulierung angesagt. Ein ganz wichtiges Thema ist die EEG-Umlage auf den selbst verbrauchten Strom. Die muss ganz gestrichen werden, da mit dem Vormarsch der Elektromobilität auch die Photovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch größer werden. Hausbesitzer dürfen nicht bestraft werden, wenn sie ihren Strom selbst verbrauchen und damit ja auch die Netze entlasten.

Mit welcher Entwicklung der Preise für die Batteriezellen rechnen Sie in den nächsten Monaten?

Die Preise werden weiter zurückgehen, aber nicht drastisch. Mit einem Preisverfall, wie wir ihn aus der Vergangenheit aus der Photovltaikbranche kennen, rechnen wir nicht, da den wachsenden Produktionskapazitäten auch eine steigende Nachfrage aus anderen Bereichen entgegengesteht, allen voran aus der Automobilbranche.

Tesla hat angekündigt, eine Gigafactory vor den Toren Berlins zu bauen. Wie wird sich das auf den europäischen Speichermarkt und auf Ihre Geschäftsmodelle auswirken?

Das ist noch nicht abzusehen, dazu wissen wir noch zu wenig über die konkreten Pläne von Tesla. Der Schwerpunkt wird aber in jedem Fall auf der Elektromobilität liegen. Ob Tesla dann auch sein Engagement im Heimspeichermarkt ausbaut, und in welchem Maß die Gigafactory und andere Projekte wie das CATL-Werk in Erfurt sich auf die Preisentwicklung für Batteriezellen und -module auswirken, bleibt abzuwarten.

Tesla ist nicht das einzige Unternehmen, das sich eine Gigafactory aufbauen will, um Skalierungseffekte zu nutzen und die Preise zu senken. Die Pläne der Bundesregierung gehen dahin, eine Batteriezellenfertigung in Deutschland zu etablieren. Wie sinnvoll ist es, aus Ihrer Sicht, eine solche Fertigung hier aufzubauen?

Neue Produktionskapazitäten an allen möglichen Standorten sind auf jeden Fall notwendig, um die Preise zu senken. Da es sich um eine Schlüsseltechnologie der kommenden Jahre handelt, ist es sicherlich sinnvoll, in Deutschland Batteriezellen zu fertigen und Forschungsergebnisse auch vor Ort in die industrielle Fertigung zu überführen. Es sollte aber ein verlässliches und dauerhaftes Engagement der Politik sein. In der Photovoltaik haben wir ja gesehen, dass die deutsche Politik neue Technologien und Industrien offenbar eher nicht im Lande haben möchte. Die Windindustrie fährt sie ja gerade in ähnlicher Art und Weise vor die Wand.

Welche technologischen Weiterentwicklungen haben Sie derzeit im Blick?

Als Unternehmen arbeiten wir an kontinuierlichen Verbesserungen der bestehenden Technologie, die den Kunden einen unmittelbaren und erkennbaren Nutzen bietet. So haben wir in der neuen Speichergeneration Senec Home V3 hybrid einen Hybrid-Wechselrichter integriert, der die Effizienz des Gesamtsystems steigert und dem Kunden die Anschaffung und Installation eines zusätzlichen Photovoltaikwechselrichters erspart. Wir arbeiten vor allem softwareseitig laufend an Verbesserungen der bestehenden Systeme. Ein wichtiges Thema ist da sicherlich die Integration in Smart Home-Systeme. Da haben wir mit unserem Partner JUNG auch bereits ein erstes Produkt am Markt.

Derzeit ist die Lithiumionen-Batterie die vorherrschende Technologie. Wird sie das auch in den nächsten Jahren bleiben? Wenn Nein: Welche Technologien tauchen da am Horizont auf?

Ja, die Lithium-Ionen-Technologie ist ausgereift und bewährt und wird auf absehbare Zeit den Markt dominieren. Wir sehen uns in dieser Einschätzung von führenden Experten auf dem Feld bestätigt. So sagte M. Stanley Whittingham, der 2019 für seine Verdienste um die Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien den Nobelpreis für Chemie erhielt, im Oktober 2019 gegenüber Reuters: ‚Lithium-Ionen wird mindestens für die nächsten zehn Jahre den Markt beherrschen, weil am Horizont nicht wirklich etwas anderes zu erkennen ist.‘ Wir beobachten die Forschungsarbeiten an Alternativen natürlich, aber es wird noch einige Zeit dauern, bevor diese auch wirklich im großen Stil eingesetzt werden können.

Die Fragen stellte Sven Ullrich