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Echte Energiewende

Waterkant-Stadtwerke wollen andere Netze

Unmittelbar vor dem gestrigen Urnengang der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat die Landesgruppe Nord im Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ein Eckpunktepapier vorgelegt, das der Bundesnetzagentur (BNA) direkt oder indirekt eine ineffiziente Netzregulierung vorwirft. Der Stadtwerke-Verband kritisiert die bisherigen Vorgaben der BNA für das beim Grünstromanteil führende Bundesland als nicht ausreichend für die Umstellung der Stromversorgung auf Photovoltaik (PV) und Windkraft. „Das liegt unter anderem am hohen Zubau fluktuierender Photovoltaikerzeugung und dem Ausbau der Windkraft, die mit dem Ausbau der Stromnetzinfrastruktur besser in Einklang gebracht werden müssen“, zitiert die VKU-Landesgruppe ihren Vorsitzenden, Jürgen Schäffner. „Vor allem die Stromverteilnetzebenen, die „kleineren“ Netze, müssen Stand halten mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien“, sagte Schäffner.

Nach den von der BNA mit erarbeiteten Plänen bauen die Netzbetreiber in dem Land zwischen Nord- und Ostsee vor allem eine West- und eine Ostküstenleitung aus. Sie sollen überschüssigen Wind- und PV-Strom bei starker Einspeisung und geringem regionalen Stromverbrauch schnell nach Hamburg und weiter südlich gelegenen Verbrauchszentren wie dem Ruhrgebiet abtransportieren. Die gestern abgewählte rot-grüne Landesregierung der bisherigen SPD-Grünen-Koalition hatte einen pünktlichen Ausbau beider Trassen bis 2019 und 2021 erwartet. Derzeit allerdings müssen Betreiber ihre Windenergieanlagen bei gutem Wind in der Regel abschalten, weil die von Kohle- und Atomstrom im Süden gefüllten Leitungen nicht mehr Strom aufnehmen können. Experten vermuten allerdings schon länger, dass eine bessere Regulierung der Einspeisung von Kohle- und Atomkraftwerken einerseits und eine bessere regionale Stromverteilung die Situation schneller entlasten könnte. Häufig sind Stadtwerke auch Betreiber dieser Verteilnetze.

Konkret fordern die schleswig-holsteinischen Stadtwerke einen Stopp ihrer Beitragspflicht für die BNA, der sogenannten Organleihe. Während die großen Stromkonzerne und auch große Stadtwerke und Netzbetreiber weiterhin die BNA tragen könnten, sollten die kleineren kommunalen Versorgungsbetriebe eine eigene Landesregulierungsbehörde organisieren dürfen.

Die VKU-Landesgruppe verweist dabei auf das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Dort war erst im vergangenen Jahr eine solche Regulierungsbehörde ebenfalls auf Wunsch auch der Stadtwerke entstanden. Derzeit gebe es nur noch fünf kleinere Bundesländer ohne eigene Landesregulierungsbehörden, kritisiert die VKU-Landesgruppe. „Wir versprechen uns dadurch eine größere Nähe zu den Interessen der Stadtwerke vor Ort“, betont auch die Geschäftsführerin der Landesgruppe in Lübeck, Astrid Stepanek. „Für die Verteilnetze gibt es ja ganz spezifische Anforderungen. Doch kleinere Stadtwerke gingen bisher mit ihren Anliegen in der großen Behörde BNA im fernen Bonn unter.“

Fragt sich allerdings, ob der Wunsch der Stadtwerke auch bei jeder sich nun bildenden Regierunskoalition aktuell bleiben wird. Nachdem die SPD gestern die Wahl verloren hat, erwarten die politischen Beobachter in Kiel entweder eine große Koalition oder ein Bündnis aus SPD, FDP und Grünen oder vielleicht sogar eine sogenannte Jamaika-Koaliton aus CDU, FDP und Grünen. "Es kommt nun auf die Grünen an", ist hinter vorgehaltener Hand aus Kiel in Insiderkreisen bereits zu hören: Komme es zu Jamaica, sehe es für den weiteren Windkraftausbau ohnehin schwarz aus.

(Tilman Weber)