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Kommentar Enercon in Indien

Technologiewettbewerb in Indien wieder möglich

Der ICC hatte zuletzt mit einem Urteil den Türöffner für das ostfriesische Unternehmen betätigt, das Enercon als umfassend und zu eigenen Gunsten ausgefallen wertet. Nun will Enercon in einem ersten Schritt mit drei unabhängigen indischen Wartungsdienstleistern zusammenarbeiten, um indische Windturbinen mit Enercon-Technologie zu reparieren und instand zu halten. Die drei neuen Enercon-Partner Renom, Kintech und Powercon werden demnach im Auftrag von Betreibern von Anlagen mit Enercon-Technologie deren bisher in der Wartung vernachlässigte Turbinen wieder auf bessere Funktionsfähigkeit trimmen.

Kommentar Tilman Weber | Kommentar: Tilman Weber
Kommentar Tilman Weber | Kommentar: Tilman Weber

Hintergrund ist hier der jahrelange Rechtsstreit mit dem ehemaligen Joint-Venture-Partner Enercons in Indien, Yogesh Mehra. Dieser hatte bis 2007 zusammen mit Enercon ein Joint Venture betrieben, das für den deutschen Hersteller getriebeloser Turbinen den Zugang zu dem damals führenden asiatischen Windkraftmarkt ermöglichte. Doch Mehra hatte aus Enercon-Sicht mit nicht abgesegneten Alleingängen nicht zuletzt auch bei der technologischen Ausstattung der Anlagen– offenbar auch mit minderwertigen lokal gefertigten Bauteilen – die Grundlage der Zusammenarbeit verlassen. Nachdem Mehra im Streit mit Enercon die deutschen Partner letztendlich aus dem gemeinsamen Unternehmen gedrängt hatte, hatte er es in die heutige Firma Wind World India (WWIL) umfirmiert. WWIL errichtete auch nach 2007 weiterhin die getriebelosen Anlagen mit dem Enercon-Antriebskonzept – nun unter eigenem Label. Die inzwischen 6.700 bis heute im Land installierten Anlagen aus diesen Tätigkeiten mit Turbinenleistungen von unter einem Megawatt (MW) haben eine Erzeugungskapazität von zusammen 4.800 MW. Laut Enercon stehen Hunderte der Anlagen aber inzwischen still. Offenbar gelingt es dem Service von Wind World India nicht, Ersatzteile oder geeignete Servicekräfte auf die Baustellen zu bringen. Die Betreiber hätten Ihre Hilfegesuche deshalb nach Aurich gerichtet.

Auch wenn hier äußere Entscheidungen und Sachzwänge eine große Rolle für den Wiedereinstieg Enercons in den großen Windmarkt mit einem jährlichen Neu-Aufbau-Potenzial von bis zu drei Gigawatt (GW) spielen: Enercon selbst sieht inzwischen neue Zeiten angebrochen. Das Unternehmen überdenkt nach eigenen Angaben nun sogar, ob es mit der Einführung neuester Großturbinentechnologie wieder mit voller Kraft auf den Subkontinent zurückkehren kann.

Tatsächlich darf allein schon die Tatsache als Beleg für diese neuen Zeiten gelten, dass das Unternehmen gleich drei Serviceunternehmen für seine Zwecke finden konnte und ihnen vertrauen will.  Denn die drei Unternehmen sollen nicht nur die sicherlich teils auch stark modernisierten Ersatzteile geliefert bekommen sondern auch mit Mitarbeiterschulungen auf besseren Enercon-Technologie-Stand gebracht werden.

Offenbar muss das Auricher Unternehmen nun weniger als bisher den unseriösen Umgang des indischen Marktes der Vergangenheit bis hin zu Technologieklau fürchten, als dass es sonst einen wichtigen, inzwischen modernen Windmarkt auslassen würde. Einerseits ist das auch in den USA und in China nicht mehr vertretene Auricher Unternehmen dringend auf eine Ausweitung seines Geschäfts auf neue internationale Märkte angewiesen. Andererseits aber ermöglicht offenbar die Professionalisierung ehemaliger Windkraftentwicklungsländer neuen Wettbewerb. Dabei hilft nebenbei, dass beispielsweise beim Partner Powercon ein ehemaliger Enercon-Ingenieur als Technologie-Chef arbeitet.

Auch in anderen Windenergiemärkten wie China, zeigt sich ja bereits dieses Phänomen. Westliche Turbinenbauer wie Gamesa – oder beispielsweise auch GE, das jüngst einen Auftrag für einen Pilotwindpark für Alstom-Offshore-Anlagen in China meldete – sehen auch China wieder als Markt für Offensiv-Aktionen. Mehr noch als in Indien hatten westliche Unternehmen im heute führenden Weltmarkt immer mit der Sorge leben müssen, dass örtliche Partner und Konkurrenten die Technologie bis hin zur Produktpiraterie stehlen – und dass nationale Investoren trotz der offenbar begehrten Technologie dennoch an den westlichen Herstellern vorbeigehen und chinesische Turbinenbauer bevorzugen.

Die Hoffnung darf gehegt werden, dass hier offenbar neue echte Windmärkte entstehen. Es wäre gerade rechtzeitig, um wegfallende Ausbauvolumen in den Windkraftursprungsländern aufgrund dort wachsender politischer Schwierigkeiten auszugleichen.

(Tilman Weber)